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Das große Abschalten

James Cridland's Radio Futrure

Nächste Woche wird in Norwegen mit dem Umschalten von UKW-Sendern begonnen: Wenn Sie weiterhin hören möchten, sind die meisten Kanäle nur noch auf DAB+ (und online und auf dem Fernsehen) zu finden. Aber: das ist nicht das einzige Senderabschalten im Radio. Radio auf Mittelwelle wird langsam aber sicher auf der ganzen Welt abgeschaltet.

Die nationalen Sender in Frankreich und Deutschland haben ihre Sender schon vor zwölf Monaten ausgeknipst. AM-Sender in den Niederlanden und Teilen von Kanada wurden auch vor kurzem zum Schweigen gebracht. Auch Nordkorea beendete gerade seine Mittelwellensendungen des Inforadios „Echo of Unification“.

Die Mittelwellen erleben aber in den USA gerade eine „Revitalisierung“ – die, ähem, aber auch zusätzliche Übertragungen auf UKW mit sich bringt. In Australien wird einigen Mittelwellen-Stationen die Möglichkeit angeboten, Lizenzen vollständig auf UKW umzustellen.

Skala eines alten italienischen Radios (Foto © James Cridland)
Wunderschöne Skala eines alten italienischen Radios (Foto © James Cridland)

Was wird aus der Mittelwelle?

Für US-Dienste mit ihrem 10kHz-Abstand gibts HD-Radio, das ich vor einigen Jahren unerwartet in einem Mietwagen in Los Angeles erlebte. Es hört sich toll an, erfüllt aber nicht immer seinen Zweck: Fahren Sie mal unter eine Brücke und Sie werden für ein paar Sekunden zurückversetzt in analoge Zeiten. Das ist dann wirklich ein Gegensatz zu UKW.

Den globalen Standard DRM30 gibts auch noch – oder Digital Radio Mondiale. Die erste kommerzielle Ausstrahlung mittels DRM30 im Vereinigten Königreich erfolgte im Jahr 2003: Asian Sound Radio und Virgin Radio, wo ich zu der Zeit arbeitete, haben es für eine Weile getestet. BBC Radio Devon war es im Jahr 2008 einen Versuch wert – mit gemischten Ergebnissen. Es kann eine große technische Lösung sein, aber es scheint sich in eiszeitlichen Geschwindigkeit vorwärts zu bewegen: Empfänger und Vollzeit -Übertragungen sind nach wie vor rar. Es ist wirklich eine Schande.

Mittlerweile richten sich immer mehr Dinge gegen die Mittelwelle als je zuvor. Weitere Gebäude werden mit Stahlbetonwänden gebaut, die wie faradaysche Käfige wirken und Signale blockieren. Hat man Breitband installiert, kann dies Teile des Mittelwellenbandes oder die gesamte Mittelwelle auslöschen. Elektrische Geräte schlechter Qualität speien Störungen aus – es gibt sogar störende Straßenbahnen, Hochspannungsleitungen und andere Dinge. Kein Wunder, dass, als der Strom für 3.000 Menschen in Fred Lundgrens US-Heimatstadt Katy, TX, ausfiel, er von der Qualität der Mittelwelle umgehauen wurde. „AM-Radio ohne Lärm oder Störungen. Es war ein Fest für die Sinne. Es war wunderschön“, sagte er in einer Stellungnahme.

In vielen Städten gibts die Mittelwelle nur auf geborgte Zeit. Und während Sie immer noch in einigen Ländern Marktführern vor Ort hören können, steigt das Alter der Zuhörer – und es gibt weniger junge Nachfolger, die die traurige Tatsache bekämpfen könnten, dass nämlich Mittelwellenhörer buchstäblich aussterben.

Es ist nicht möglich, ein Mobiltelefon mit Mittelwellenradio zu finden. Es ist fast unmöglich, ein DAB + Radio mit Mittelwellenempfang zu finden. Tatsächlich findet sich mein einziger Mittelwellenempfänger in meinem Auto. Wenn ich etwas mit Sicherheit über Radio der Zukunft vorhersagen könnte: Unsere Vertriebskosten werden steigen und insbesondere Mittelwellenstationen werden eine neue Strategie brauchen. (Und das kann nicht nur das Internet sein).

Ergibt das nicht einen tollen Vorsatz für 2017?

 

james-cridlandDer „Radio-Futurologe“ James Cridland beschäftigt sich mit neuen Plattformen und Technologien und ihre Wirkung auf die weltweite Radiobranche. Er spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.cridland.net.

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