Wedel Software

Was macht eine Radio-Konferenz aus?

James Cridland's Radio Futrure

Diese Zeilen schreibe ich, nachdem ich in den vergangenen Tagen die Radiodays Europe besucht habe. Es ist eine große Radio-Konferenz – mit 1.500 Besuchern tatsächlich die größte der Welt.

Die Konferenz findet in verschiedenen Ländern Europas statt: Dieses Jahr war sie in Amsterdam in den Niederlanden, im nächsten Jahr wird sie in Wien, Österreich stattfinden. Vier Bereiche gut produzierter Inhalte führen immer zu einigen interessanten Gedanken und zur schwierigen Entscheidung, wohin man gehen und was man sehen sollte.

Haupteingang zu den Radiodays Europe 2017 (Bild: @RADIOSZENE/Ulrich Köring)
Haupteingang zu den Radiodays Europe 2017 (Bild: @RADIOSZENE/Ulrich Köring)

Natürlich ist das Teilnehmerfeld zum größten Teil europäisch. In diesem Jahr stolperte ich in eine überraschend große Menge von Australiern und Amerikanern, die dort waren, um von der europäischen Radioindustrie zu lernen.

In vielen Fällen gibt es jede Menge zu lernen. Die britische kommerzielle Radioindustrie hat gerade Rekordumsätze gefeiert, wie die finnische. Die Industrie scheint positiver Stimmung zu sein, getragen durch gemeinschaftliche Arbeit an einem gemeinsamen Ziel. Das überwältigende Gefühl, das in diesem Jahr von der Konferenz ausging, war die – Erfolgsgeschichte des „einen Radios“, für das die Radioindustrie zusammenarbeitet.

Eine solche Geschichte kam aus Norwegen, wo der Prozess der UKW-Abschaltung für die Mehrheit der Stationen begonnen hat. Ich veranstaltete das Panel dafür und hörte eine Präsentation (Co-Präsentation von norwegischem Privat- und öffentlichem Radio), die erklärte, warum und wie UKW abgeschaltet wurde und – erstmals – was der Effekt davon war.

Marius Lillelien (NRK, Norwegen), Kenneth Andresen (P4/MTG, Norwegen) and Jacqueline Bierhorst (Digital Radio, Niederland), James Cridland (Bild: ©Ulrich Köring/RADIOSZENE)
Marius Lillelien (NRK, Norwegen), Kenneth Andresen (P4/MTG, Norwegen) and Jacqueline Bierhorst (Digital Radio, Niederland), James Cridland (Bild: ©Ulrich Köring/RADIOSZENE)

Es stellt sich heraus, dass der gesamte Radiokonsum in den Gegenden, in denen UKW jetzt verschwunden ist, abgenommen hat – kaum überraschend. Allerdings ist er um nur 10 Prozentpunkte zurückgegangen, also geringer als befürchtet. Interessanterweise hat weder die Nutzung von Musik-Streaming zugenommen, noch hört man verstärkt über das Internet. Der Grund für die schlechten Zahlen wird teilweise bei den Automobilherstellern gesucht, die zu langsam DAB+ in neue Autos integriert haben.

 

Eine weitere großartige Session behandelte Innovationen, vorgestellt durch Simon Gooch von Sveriges Radio. Er beschrieb seinen Versuch, Innovation zu einer Funktion innerhalb aller Abteilungen zu machen anstatt zu versuchen, ein eigenes Innovationsteam aufzubauen. Und ja, wir haben viel über Podcasting gehört – Manoush Zomorodi von WNYC mit einer typisch polierten Präsentation, die Radiomacher auffordert, „normal zu sprechen“ und Hörer-Feedback in ihre Sendungen zu integrieren.

Sie denken wahrscheinlich, „Das ist ja alles ganz schön, James, aber ich habe doch schon von all diesen Dingen gehört“. Und in einem gewissen Ausmaß gebe ich Ihnen recht. Dank des Web und insbesondere meines wöchentlichen Newsletters ist es gelungen, diese Ideen und Informationen zu teilen. Ich kenne ein paar Firmen, die stolz darauf sind, keine Leute mehr auf Konferenzen zu schicken.

James Cridland vor Videowand (Bild: @Ulrich Köring/RADIOSZENE)
James Cridland interviewt Marius Lillelien (NRK) (Bild: @Ulrich Köring/RADIOSZENE)

Der Besuch einer solchen Konferenz unterstreicht aber nicht nur die Dinge, die wir bereits kennen – dennoch für viele von uns nützlich – er erlaubt uns auch, mit anderen zu sprechen, um Radio-Geschichten aus erster Hand zu erfahren und um das Gefühl zu überprüfen, dass andere haben, wenn und wie wir Radio machen. Eine internationale Konferenz wie Radiodays Europe erlaubt uns auch, Ideen aus anderen Ländern zu klauen und sie als unsere eigenen zu verkaufen.

Klar könnte man denken, dass uns das Internet Zugang zu all der Inspiration verschafft, die wir brauchen. Aber Inspiration kommt nicht aus Blog-Posts oder Zeitungsartikeln. Sie kommt von Menschen. Gerade deshalb ist es eine gute Sache, vielleicht nur einmal oder zweimal im Jahr eine Radiokonferenz mitzumachen.

 

James CridlandDer “Radio-Futurologe” James Cridland beschäftigt sich mit neuen Plattformen und Technologien und ihre Wirkung auf die weltweite Radiobranche. Er spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.cridland.net.