Heute vor 10 Jahren startete 92.9 RTL in Österreich
Erinnerungen von Veronika Pavlicek
Im Herbst 1997 schickte ich meine Bewerbung an ein Medienunternehmen, das sich damals noch recht kryptisch K 4 (Konsortium 4) nannte. Eine endlose Zeit begann: mit diversen Schreiben, (noch endloseren) Gesprächen im damaligen Büro am Stock im Eisen-Platz in der Wiener City und schließlich mit Studio – Castings. Offiziell wussten wir noch immer nicht, mit wem wir es hier zu tun hatten, obwohl die Gerüchteküche natürlich schon längst brodelte. Zwei Monate vor dem Sendestart war das Team endlich komplett und es gab ein Station Meeting, in dem PD Mario Colantonio Sendernamen, Format und Claim enthüllte. 92,9 RTL – Rock und Pop nonstop. „Immerhin Rock im Slogan“, war mein erster Gedanke. Und das Logo in rot-schwarz war auch recht hübsch, schwarz war auch die vorherrschende Farbe bei der Kleidung meiner zukünftigen Kollegen. Also insgesamt nicht unsympathisch das Ganze. Und wir hatten die coolste Station Voice: Wolfgang Pampel.
Cool sollten auch wir klingen, eine Alternative zum bisher in der Radiolandschaft Vorhandenen bieten und ab 1.4. um Mitternacht Wien mit einem neuen Musikmix beschallen. Vom Studio in der Storchengasse im 15. Bezirk aus.
Wir, das waren: die Morgencrew Barbara „Barbarella“ Karlich und Ciro de Luca mit Sidekick Jörg Klettenheimer (der zehn Tage nach Sendestart ausstieg). Die Moderatoren Ingrid Rehusch für den Vormittag, Harald Huto für die Drivetime, Markus Waibel am Abend, ich am Abend bzw. in der Nacht (live!) sowie Armin Doppelbauer, Christian „Meister Böck“ und Stephan Hanzal. Wenig später kam noch Gustav Götz (frisch vom absolvierten Präsenzdienst) dazu. Geschäftsführer waren Petra Dittrich und Erich Schönberg, Nachrichtenchefin Jasmin Dolati, Musikchef Ralf Perkowski (verließ nach 2 Wochen den Sender), Promotionchef Erich Schoepe.
„Wir werden Bogdan das Fürchten lehren.“ war nur einer der vielen markigen Sprüche seitens des Managements, die ihren selbstbewussten Ursprung in einer heillosen Überbewertung der Marke „RTL“ hatten. Zumindest in Österreich, wie sich bald herausstellen sollte. Aber wieder zurück zum Anfang: Die Zeit bis zum Sendestart wurde knapp. Das Morgenteam wurde zum „Crashkurs“ nach London geschickt, um dort von Dennis Clark sendefit gemacht zu werden. Der Rest des On Air Teams jettete nach Luxemburg zu „RTL – Radio“.
Dann der große Tag, ein 1. April, der alles andere als ein Scherz sein sollte: um Mitternacht ertönte erstmals 92,9 RTL – Rock und Pop nonstop, die allererste Stimme war die von Harald Huto, die allererste Scheibe „Jump“ von Van Halen. So sprangen wir ins Privatradio-Zeitalter. Feiern, Parties, knallende Sektkorken, illustre Gäste und prominente „Taufpaten“ ? Nein, ich habe keine Ahnung, denn ich saß – alleine – in einem winzigen Kämmerchen voller Bildschirme und Kabel und bereitete mich auf meinen ersten On Air-Auftritt vor. Um 2 Uhr früh begann für mich persönlich die „Ära RTL“ mit den Red Hot Chili Peppers und „Under The Bridge“. Fast wären wir dort auch gelandet. Doch da lag noch ein langer Leidensweg dazwischen.
Der Anfang war euphorisch. Ein Sender, der „Rock“ (sprich: R.E.M. statt Robbie Williams) spielt. Viele Kooperationspartner nahmen uns freudig auf. Konzertveranstalter, Live-Bühnen wie das „Rockhaus“ (das damals auch noch so hieß), Lokale. Teile des RTL-Teams präsentierten das Programm auf der Rockhausbühne am Donauinselfest. Wir sprechen allerdings noch nicht von jenem – ja, sagen wir es ruhig: legendären – „Rocksender“, der mit Metallica und Led Zeppelin bis heute durch die Erinnerung mancher Fans geistert. Der entwickelte sich nämlich erst unter PD Scott Lockwood im Jahr 2000 („Der beste Rockmix“). Aber das ist eine andere Geschichte.
Mit dem ersten Radiotest folgte die Ernüchterung bei den Machern – die Realität hatte ihre überzogenen Erwartungen ordentlich zurechtgestutzt. Der „Jump“, mit dem 92,9 RTL gestartet war, entpuppte sich als recht kleiner Hüpfer. Aller Anfang ist schwer, vor allem der eines Privatmediums in Österreich. Nein, man zeigte kein Verständnis für die schwierigen Umstände, nein, man übte sich nicht in „Geduld und Spucke“ – nicht einmal das Format bekam eine weitere Chance. Kein halbes Jahr nach dem Sendestart wurde 92,9 RTL komplett umgekrempelt. Am 14. September 1998, genau an meinem Geburtstag, erblickte auch das mediale Monster „92,9 RTL – Power Music Radio“ das Licht der Welt. Und verschwand nach einem weiteren Radiotest wieder in jenem dunklen Loch, aus dem es gekrochen war.
Nun war der Weg frei für den „echten“ Rocksender, den manche noch heute schmerzlich vermissen. Die Gründe dafür, dass auch er nur eine kurze Halbwertszeit hatte, sind ja hinlänglich bekannt.
Vielleicht war das Datum des Sendestarts ja nicht zufällig gewählt – und alles doch nur ein Aprilscherz ? Wenn ja, möchte ich noch hinzufügen, dass wir auch 10 Jahre später nicht darüber lachen können.
LINK:
LT-UFA startet in Österreich: 92.9 RTL Wien geht auf Sendung