SWR3-Chef Thomas Jung: „Roboter-Radio ersetzt keine Emotionen“

In wenigen Tagen blickt die Radiobranche wieder gespannt auf die erste Ausgabe der ma-Hörerzahlen 2024. Diese wird mehr denn je Gradmesser sein für Anpassungen, die zahlreiche Sender als Reaktion auf sich immer rascher drehende Fragestellungen, veränderte Hörgewohnheiten oder Verschiebungen der Konkurrenzsituation innerhalb der Märkte angeschoben haben.

Thomas Jung: „Wir haben SWR3 in gut eineinhalb Jahren komplett runderneuert“

Auch die lange erfolgsverwöhnten Dickschiffe der Branche mussten zuletzt (teils herbe) Verluste hinnehmen. Vermutlich deshalb wurde bei dieser Gattung besonders intensiv an Inhalten und Erscheinungsbild der Programme gearbeitet. Mittendrin die südwestdeutsche Infotainmentwelle SWR3, deren Chef Thomas Jung festhält: „Wir haben SWR3 in gut eineinhalb Jahren komplett runderneuert ohne jedoch die Hörerinnen und Hörer zu überfordern

SWR3-Programmdirektor Thomas Jung (Bild: © SWR / Monique Reinbold)
SWR3-Programmdirektor Thomas Jung (Bild: © SWR / Monique Reinbold)

Im Interview mit RADIOSZENE-Mitarbeiter Michael Schmich spricht Thomas Jung über gewachsene Herausforderungen und die tiefgreifenden Umbauarbeiten an seinem Programm.


RADIOSZENE: Zum Jahreswechsel 2023/2024 hat SWR3 einen großen Einschnitt innerhalb der Morningshow vorgenommen. Die jahrzehntelangen Erfolgsgaranten Michael Wirbitzki und Sascha Zeus sind abgetreten und überlassen das Feld einem neuen Team. Welche Gründe stehen hinter diesem Wechsel und wie sind die ersten Redaktionen beim Publikum?

Sascha Zeus und Michael Wirbitzky (Bild: © SWR / SWR3 / Niko Neithardt)
Sascha Zeus und Michael Wirbitzky (Bild: © SWR / SWR3 / Niko Neithardt)

Thomas Jung: Sascha Zeus hat die Morningshow in dieser Kombination 28 Jahre lang moderiert, Michael Wirbitzky insgesamt 33 Jahre, da er davor noch andere Show-Partner hatte. Ich hatte größtes Verständnis für ihren Wunsch, jetzt mal am Tag zu moderieren und nach so langer Zeit aus der Frühschicht rauszukommen. Ich bin den Beiden sehr dankbar, dass sie so lange und mit diesem ungebrochenen Spaß das SWR3Land durch den Morgen begleitet haben. Die Erfolgsgaranten sind ja nicht weg, sie bleiben SWR3 erhalten.

Jetzt senden sie zum Feierabend und begleiten das SWR3Land auf dem Weg nachhause. Die Hörerinnen und Hörer konnten den Schritt des Duos nach mehr als einem Vierteljahrhundert ebenfalls verstehen. Sie brachten Zeus und Wirby nach der Verkündung tagelang so viel Liebe und Dankbarkeit entgegen, dass selbst sie emotional schon sehr angefasst waren. Sascha Zeus und Michael Wirbitzky zünden jetzt am Nachmittag ihr Feuerwerk, sie sorgen für perfekte Unterhaltung und viel Spaß zum Ende eines harten Arbeitstags vieler Menschen.

„Aus Sicht der Hörer:innen und Nutzer:innen hat sich verändert, dass sie gerne noch mehr Unterhaltung und Leichtigkeit im Radio hätten“

RADIOSZENE: Die Nachfolger treten in große Fußstapfen. Beim Blick auf die Radiolandlandschaft fällt auf, dass die Zeit der ganz großen Entertainer am Morgen sich dem Ende neigen könnte. Wie sehr hat sich das Anforderungsprofil seitens der HörerInnen gegenüber der Morningshow verändert? Speziell in den jüngeren Formaten scheinen die Herausforderungen für die Sender in den letzten Jahren noch stärker gewachsen zu sein …

Thomas Jung: Aus Sicht der Hörer:innen und Nutzer:innen hat sich verändert, dass sie gerne noch mehr Unterhaltung und Leichtigkeit im Radio hätten. Zerstreuung und Ablenkung in unruhigen Zeiten, innenpolitisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich und natürlich international. Dazu kommt eine gewisse Nachrichtenmüdigkeit, die Menschen sehnen sich nach „good news“. Daher sind nach meiner Auffassung Entertainer am Morgen nach wie vor gefragt. Solche Radio-Personalities mit hoher Unterhaltungskompetenz zu finden wird aber immer schwerer.

Gottschalk und Zöller bei SWR3 (Bild: ©SWR/Markus Vogt)
Gottschalk und Zöller bei SWR3 (Bild: ©SWR/Markus Vogt)

Mit Constantin Zöller haben wir ein solches Talent. Er hatte seine erfolgreiche „Consi-Show“ bei DASDING, ich holte ihn zu SWR3 und wir bauten ihn auf. Eigene Moderationsstrecken, die SWR3 Show mit Thomas Gottschalk, der ARD-Popwellen-Kanzlercheck, sein Engagement beim ESC. Er ist kreativ, schlagfertig, frech ohne verletzend zu sein. Gemeinsam mit seiner Show-Partnerin Rebekka de Buhr feilt er an Unterhaltungskonzepten und überraschenden Ansätzen. Über Rebekka fliegen wir die Info und den Service ein, Consi steht für´s Entertainment. Einfach ein perfektes Match, über das ich sehr glücklich bin.

Rebekka de Buhr und Constantin Zöller (Bild: © SWR/Niko Neithardt)
Rebekka de Buhr und Constantin Zöller (Bild: © SWR/Niko Neithardt)

RADIOSZENE: In welcher Form passen Sie die Programminhalte den neuen Erkenntnissen an? Zuletzt haben Sie SWR3 nicht nur am Morgen verändert…

Thomas Jung: Wir haben das Sendungslayout verändert, im Moderations-Plan umgebaut, Aktualität neu definiert und das Programm 24/7 dafür durchlässiger gemacht. Die letzten Wochen waren davon geprägt, dass wir mit dem Team erneut an der Unterhaltungsschraube gedreht haben. Auch die Musikredaktion ist am Feintuning. Ab 4. März senden wir aufgeschaltete Regio-News für Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, zwei Wochen später kommt ein neues Release für unser Sounddesign. So haben wir SWR3 in gut eineinhalb Jahren komplett runderneuert ohne jedoch die Hörerinnen und Hörer zu überfordern.

RADIOSZENE: Seit längerer Zeit hat der Fachkräftemangel auch die Hörfunkbranche erreicht. Statt beim Radio verwirklichen sich junge Menschen lieber als Influencer. Bestätigen Sie diesen Eindruck?

Thomas Jung: Tatsächlich wird es auch in unserer Branche immer schwerer, engagierte, kreative Menschen zu finden, die für das Radio brennen oder das Thema Audio generell. Die Generation „Irgendwas mit Medien“ lässt uns mitunter ratlos zurück. Wir hatten Vorstellungsrunden, da haben wir von den Bewerberinnen und Bewerbern niemanden nehmen können oder die Kandidatinnen und Kandidaten hatten Vorstellungen, die nicht mit unseren Rahmenbedingungen beim besten Willen nicht vereinbar waren. Der Wunsch nach HomeOffice beispielsweise lässt sich in einem 24/7 Radio-Angebot wie SWR3 kaum verwirklichen. Hier zählt der Spirit „Team statt Teams“. Daher hat sich bei uns auch die Personalakquise und ihre Methoden deutlich verändert. Der Prozess ist aufwändiger geworden.

„Tatsächlich wird es auch in unserer Branche immer schwerer, engagierte, kreative Menschen zu finden, die für das Radio brennen“

RADIOSZENE: Zeus und Wirbitzki sind Ihnen ja nicht gänzlich von der Fahne gegangen, das kongeniale Duo wechselte hausintern lediglich die Sendezeit. Welches Format präsentieren die beiden heute den HörerInnen?

Thomas Jung: Ich habe es eingangs schon erwähnt, Sascha und Michael moderieren jetzt „SWR3 Move Die Feierabendshow“. Mit allen Freiheiten, die dieses Team auch in der Morningshow hatte. Diese Strecke ist für alle, die Feierabend machen nicht nur informativ, mit News, Regio-Ticker und Topthema des Tages. Sie ist vor allem auch in einem hohen Maße unterhaltsam. Wer nach einem anstrengenden Arbeitstag k.o. den Heimweg antritt, wird von guter Laune und viel Spaß begleitet. Und natürlich tauchen die bekannten Comedyfiguren auf wie der Nervtöter Peter Gedöns oder Dandy van Dünkel aus der Welt der Schönen, der Reichen und der ganz schön Reichen. Zeus / Wirby moderieren diese Strecke abwechselnd mit Volker Janitz.

Das Team von SWR3 Move (Bild: SWR3)
Das Team von SWR3 Move (Bild: SWR3)

RADIOSZENE: Die Moderation scheint im Radio gerade etwas aus der Mode zu kommen. „Nonstop-Hitstrecken“ haben bei vielen Sendern in Randzeiten und am Wochenende deutlich zugenommen. Zu Wort kommen die ModeratorInnen meist nur für knappe Banalitäten wie Stations- oder Titelansagen, BR PULS hat die moderierten Sendestrecken mit Jahresbeginn radikal gekürzt. Verkommt Radio so nicht zum seelenlosen und austauschbaren Abspiel-Tool von Musik?

Thomas Jung: Eine solche Entwicklung wird bei uns nie Einzug finden. Radio ohne Moderation, ohne Interaktion mit den Hörerinnen und Hörern und ohne schnelle Reaktion auf aktuelle Ereignisse ist kein Radio mehr. Lange, inhaltslose Musikstrecken, nur noch unterbrochen von Soundelementen, sind der Tod des Mediums. Damit sind wir dicht dran an den Playlists der Streaminganbieter. Menschen wollen aber unterhalten werden, sie suchen gerade in diesen Zeiten Zerstreuung, gute Laune. Und dieses Paket kann ihnen ein gut gemachtes Radio mit guten Moderator:innen bieten. Die einzige zulässige Ausnahme ist für mich als Macher, wenn Sender aus wirtschaftlichen Gründen streckenweise zur Automation übergehen müssen. Deshalb kommt für mich KI in der Moderation auch nicht in Frage. Roboter-Radio ersetzt keine Emotionen, keine Aktionen, Hörer:innen-Interaktionen. Radio ist eben viel mehr als Musik mit Soundelementen und Titelansagen. Es ist und bleibt ein besonderes Audio-Erlebnis, von Menschen für Menschen gemacht. Im Audio-Portfolio wird es noch lange erfolgreich sein und Reichweiten erzielen. Old Fashioned ist leider der Name: Radio.

RADIOSZENE: Wirkliche neue Musiktrends sind seit geraumer Zeit nicht in Sicht. Stattdessen beherrschen Dance-Pop, die allseits bekannten Singer Songwriter sowie die Hits der 80er-/90erJahre weiter die Playlisten. Kommt bei den Hörerbefragungen noch keine Langeweile oder der Wunsch nach Abwechslung auf?

Thomas Jung: Um ehrlich zu sein, täten ein paar neue Singer/Songwriter ganz gut. Toll wären auch mal wieder Bands. Die Realität ist: DJ x arbeitet mit Sängerin oder Sänger y zusammen. Sängerin oder Sänger y arbeiten aber mit allen DJs zusammen. Das bedeutet für die Musikredaktion, dass es schwer wird, abwechslungsreich zu programmieren, weil entweder die DJs dieselben sind oder die Stimmen. Dazu kommt die Veröffentlichungs-Policy der Labels: alle vier Wochen eine neue Single rauszuhauen, was jeglicher Logik und Rhythmik widerspricht, nach der Radio funktioniert. Und: die 80er funktionieren nicht nur als Originale in Umfragen gut, sondern sie werden auch immer wieder als Samples oder Remakes in neuem Soundgewand verbraten. Das bedeutet: dieselben DJs machen mit denselben Sänger:innen Musik aus 80er Hits, die ansonsten in AC-Wellen im Programm laufen. Das macht das Leben unserer – und aller – Musikredaktionen nicht eben leichter. In den Call-Outs stellen wir fest, dass die Hörer:innen zwar eher konservativ bewerten aber eben auch Qualität erkennen können. Klar testen Singles, die neu im Call-Out sind, in der Regel erstmal nicht so gut. Das kennen wir ja. Aber auch hier gibt es eben Bewegung, wenn ein Titel mal im Mainstream angekommen ist. 

RADIOSZENE: Wie geht Ihre Musikredaktion mit dieser Herausforderung um?

Thomas Jung: Unsere Musikredaktion sitzt tatsächlich zweimal in der Woche zusammen, bespricht Titel, Rotationen, versucht die verschiedenen Parameter zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen, so dass es uns gleichwohl gelingt, eine größtmögliche Abwechslung im Programm abzubilden. Und natürlich können wir ganz gut damit arbeiten, dass wir eben auch musikalisch nicht so spitz aufgestellt sind wie andere – junge oder private – Programme, das heißt: wir können eine große Abwechslung auch durch die große Vielfalt der Titel in unserer Rotation abbilden. Aber ja: die Herausforderung ist nicht kleiner geworden. Das sieht man eben auch daran, dass jetzt  z w e i  feste Termine in der Woche im Kalender unserer Musikredaktion stehen. Was da helfen könnte, habe ich ja eingangs schon gesagt: ein paar neue frische Singer/Songwriter und ein paar Bands mehr. Wir alle wissen aber auch aus der Erfahrung, dass es immer Wellenbewegungen gibt und irgendwann wird diese Welle von einer neuen abgelöst. Aber darauf warten wir jetzt schon recht lange.

„In den Call-Outs (… zur Musik …) stellen wir fest, dass die Hörer:innen zwar eher konservativ bewerten aber eben auch Qualität erkennen können“

RADIOSZENE: Comedy im Radio blickt im Südwesten auf eine lange, erfolgreiche Tradition zurück. SWF3 war das erste Programm in Deutschland, das den Humor in zahlreichen Angebotsformen entwickelt und gesendet hat. Heute gehen viele Sender zurückhaltender mit dem Genre um. Immer mehr kommen zugekaufte Serien von der Stange zum Einsatz. Hat sich das Verhältnis der Hörer gegenüber dem Humor über die Jahre verändert?

Thomas Jung: Grundsätzlich hat Comedy und Unterhaltung nach wie vor ihre Berechtigung und ihren Wert, wenn sie gut gemacht ist. Das bedeutet bei uns vor allem, dass sie nicht von der Stange sein darf, denn wir sind der Ansicht, dass man das schnell heraushört und sich daran vielleicht auch schnell satthört. Comedy ist ein regelmäßiges begleitendes Angebot und unseren Stammhörerinnen und -hörern vertraut. Wir gehen davon aus, dass es in Art und Dosierung unsere potentiellen Neukunden ebenso unterhält und im besten Falle überzeugt.

RADIOSZENE: Wie schwer ist es geworden, hier neue Konzepte zu erfinden und beim Publikum durchzusetzen?

Thomas Jung: Wir setzen schon immer auf eigengeschöpfte Formate, die einen USP bei SWR3 bilden, den es sonst in der deutschen Radiolandschaft mit wenigen Ausnahmen eigentlich nicht gibt. Natürlich haben wir dabei auch das Glück, Kolleginnen und Kollegen zu haben, die dieses spezielle Feld – Sketche schreiben, schauspielern und produzieren – mit großer Fertigkeit und Leidenschaft beackern. Comedy ist bei SWR3 ein festverankerter Bestandteil im Programm und dabei haben wir eine große Vielfalt entwickelt, die unsere Regionen von SWR3Land gut abbildet plus der sogenannten Hits, also Serien, die dann in größerer Anzahl laufen. Ein aktuelles Ereignis mit einem Sketch oder einer Glosse durch den Kakao zu ziehen, ist etwas, das nach wie vor so nur das Radio kann.

SWR3-Studio (Bild: © SWR)
SWR3-Studio (Bild: © SWR)

Dabei stellen wir fest, dass klassische Serien mit wiederkehrenden Elementen eine Renaissance zu erleben scheinen. Über unsere „SWR3 Tierdocs“ lachen aktuell glücklicherweise alle Generationen. Offenbar ist daran vieles gerade passend – sie sind unpolitisch, frech, albern und auch noch lehrreich. Die „Tierdocs“ haben das Zeug dazu, Kult zu werden.

Wir bemerken natürlich, dass bestimmte Sketche, die zum Beispiel Extremisten oder auch Ampelpolitiker aufs Korn nehmen, Reaktionen aus bestimmten Lagern evozieren. Aber es hält sich sehr in Grenzen. Unsere Satire und Comedy-Angebote sind von der Meinungsfreiheit gedeckt und in Unterhaltung steckt der Begriff Haltung ja bereits drin. Zudem sollte Satire vieles dürfen, vor allem darf sie auch kritisiert werden.

RADIOSZENE: Sind junge Hörer überhaupt noch für Comedy empfänglich?

Thomas Jung: Wir glauben, dass auch die Jungen lachen wollen – Dass sie selbst auch Humor haben und selbst posten und offenbar darüber lachen können, sieht man ja jeden Tag in den sozialen Netzwerken. Und auch das inspiriert, was man bestimmt nicht über alle Social-Media-Inhalte sagen kann.

SWR3 Comedy Festival 2019 (©Bjoern Pados)
SWR3 Comedy Festival 2019 (©Bjoern Pados)

RADIOSZENE: In einigen Wochen geht das „SWR3 Comedyfestival“ letztmals über die Bühne. Warum stellen Sie diese Veranstaltung ein?

Thomas Jung: SWR3 trennt sich nach acht Jahren von seinem Comedy-Festival. Vom 26. bis 28. April können die Besucherinnen und Besucher im Kurhaus und auf der Open-Air-Bühne im Kurpark Ost in Bad Dürkheim noch einmal viele Comedians live erleben, die sie aus dem Radio kennen. Wir wollen zum Abschied ein tolles Festival mit den beliebtesten SWR3-Comedians feiern. Der Run auf die Tickets war groß, es gibt nur noch Rest-Tickets. Es ist in den nächsten Jahren davon auszugehen, dass unter anderem durch Inflation und Kostensteigerungen dem Südwestrundfunk erheblich weniger Kaufkraft und finanzielle Möglichkeiten zur Verfügung stehen werden. Daher wurden im SWR Entscheidungen getroffen, auch um trotz allem die Transformation ins Digitale weiter vorantreiben zu können. Diese Maßnahmen haben auch konkrete Auswirkungen auf SWR3 und das Comedy Festival. Bevor ich am Programm kürze, streiche ich ein Event – auch wenn mich dies  persönlich besonders schmerzt, weil es mein Baby war.

„Radio ohne Moderation, ohne Interaktion mit den Hörerinnen und Hörern und ohne schnelle Reaktion auf aktuelle Ereignisse ist kein Radio mehr“

RADIOSZENE: Ist es schwerer geworden, die HörerInnen für Radioevents zu begeistern? Im vergangenen Jahr klagten manche Sender über rückläufiges Interesse. Ist der Markt in der Nach-Coronazeit durch ein allgemeines Überangebot an Veranstaltungen überhitzt?

Thomas Jung: Es stimmt, dass es gerade zwischen Juni und August ein großes Angebot von Events gibt. Wir können allerdings nicht beobachten, dass dies zu Lasten unserer eigenen Veranstaltungen geht. SWR3 hat bei großen und kleinen Events einen extrem hohen Zulauf, Veranstaltungen wie New Pop oder das SWR3 Rheinland-Pfalz Open Air sind zum Schluß immer ausverkauft. Die Marke hat an ihrer Strahlkraft nichts eingebüßt, die Menschen möchten sie erleben. Sie haben hohes Vertrauen in die Produktversprechen. Egal ob das SWR3 Parties sind, exklusive Konzerte oder Großevents.

RADIOSZENE: Auch die Radiobranche hat in letzten Jahren ein beachtliches Portfolio an Podcasts entwickelt und in den Markt gebracht. Studien berichtet über ein weiter vorhandenes, zuletzt aber etwas geringer wachsendes Interesse seitens der Nutzer. Wie sehr ist SWR3 hier engagiert?

Thomas Jung: SWR3 hat als dynamische Radiomarke mit langjähriger Erfahrung in der Entwicklung von Audio-Content und der gezielten Ansprache verschiedener Zielgruppen eine besondere Stellung. Durch die enge Zusammenarbeit von Radio und Digital-Unit kann SWR3 Podcasts produzieren, die nicht nur eine große Reichweite erzielen, sondern auch optimal für unsere linearen Ausspielwege genutzt werden können.

RADIOSZENE: Gibt es Formate, besonders stark abgerufen werden?

"Dark Matters": ARD Podcast über die Geheimnisse der GeheimdiensteThomas Jung: Unsere erfolgreichen Podcasts wie „Der Gangster, der Junkie und die Hure“, „1 plus 1 – Freundschaft auf Zeit“, „Dark Matters“ in Kooperation mit dem RBB und „Talk mit Thees“ sind herausragende Beispiele für unser vielfältiges Angebot. Insbesondere “Dark Matters” zeigt, wie SWR3 gemeinsam mit dem RBB Inforadio einen hochwertigen und informationsreichen Inhalt in ein spannendes Storytelling-Format umwandelt, was zu einer herausragenden Retentionsrate von über 80% führt.

RADIOSZENE: Welches Potential sehen Sie langfristig in diesen Mediendiensten?

Thomas Jung: Ein wichtiger Fokus liegt darauf, unsere Podcasts auf allen Ausspielwegen mit hoher Qualität zu verbreiten und damit eine enge Bindung zu unserer Zielgruppe zu schaffen. Projekte wie „1 Plus1“ sind dabei besonders erfolgreich, da sie als Podcast für die breite Masse konzipiert sind und das Potenzial haben, neue Zielgruppen zu erreichen. Durch die Nutzung der großen Reichweite von SWR3 können wir unsere Präsenz im digitalen Bereich weiter ausbauen.

“Dark Matters” ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie die ARD ihre Stärken bündelt, um gemeinsam innovative Produkte zu entwickeln und eine breite Zielgruppe anzusprechen. Die enge Zusammenarbeit und das gemeinsame Distributionskonzept ermöglichen es uns, eine vielfältige und große Zuhörerschaft zu erreichen und damit den Erfolg unserer Podcasts nachhaltig zu steigern.

RADIOSZENE: Ende vergangenen Jahres verkündete die ARD den Aufbau einer gemeinsamen Abendschiene ab 2025 unter Federführung von SWR3. Wie weit sind hier die Planungen vorangeschritten?

Thomas Jung: Nachdem die Intendanten uns den Umsetzungsauftrag erteilt haben, sind wir jetzt mitten in den Vorbereitungen. Zum 1. Januar nächsten Jahres sollen die gemeinsamen Sendestrecken starten, am Abend, in der Nacht, denkbar auch an Feiertagen. SWR3 produziert das White Label-Angebot am Audio-Standort Baden-Baden, das dann mit dem jeweiligen Sounddesign der beteiligten Wellen, gegebenenfalls sendereigenen News und zugelieferten Inhalten live ausgespielt wird. Dies gilt dann ab Januar 2025 auch für die Popnacht.

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