Radio-Köpfe: Jürgen Kolb (hr) – Nachrichtensprecher, Redakteur und Moderator

Er war von 1979 bis 2017 beim Hessischen Rundfunk (hr) in Frankfurt tätig und lange Zeit eine im Sendegebiet wohlvertraute Stimme: Jürgen Kolb (65). Über die Zeit bei „seinem“ Sender hat er im Jahr 2022 mit etwas Abstand ein Buch geschrieben, aus dem im nachfolgenden Text mitunter zitiert werden wird. Nun blickt er zurück, wie es scheint mit einem lachenden und einem weinenden Auge- und eher kritisch voraus. Unser Mitarbeiter Hendrik Leuker hat Jürgen Kolb in der Lobby eines Frankfurter Hotels zum Interview getroffen.

Jürgen Kolb (Bild: © hr)
Jürgen Kolb (Bild: © hr)

Der Weg zum Radio

Kolb studierte nach dem Abitur Germanistik, Anglistik und Sprecherziehung an der Johannes-Gutenberg-Universität in seiner Heimatstadt Mainz (im 12. Semester abgebrochen). Im Rahmen seines Studiums belegte Kolb ein Sprecherziehungsseminar bei Dr. Jörg Jesch. Kolb wollte ursprünglich Lehrer werden und während eines gut vierzigjährigen Lehrerdaseins auch von den Schülern in den hinteren Bankreihen verstanden werden. Man ging in diesem Seminar der Sprache auf dem Grund und stellte sich elementare Fragen wie z.B.: Was ist Sprache? Was ist Sprache in den Medien? Was ist ansprechend? Wann ist Sprache interessant? Unbewusst erwarb er sich darin „das Rüstzeug fürs Radio“ (Kolb).

Jürgen Kolb (Bild: Privatarchiv Jürgen Kolb)
Jürgen Kolb (Bild: Privatarchiv Jürgen Kolb)

Im Rahmen dieses Seminars las Kolb seinen Seminarkollegen die Kurzgeschichte „Ein gleichgültiger Mittwoch“ von Günther Weisenborn vor. Die Handlung ist das Einschlagen einer Atombombe in einer Stadt, mithin ein Horrorszenario aus den Zeiten des Kalten Krieges. Ein Zuhörer applaudierte anschließend hinten im Seminarraum, angetan von der Lesetechnik Kolbs, der wiederum leicht errötete. Dieser stellte sich als Friedemann Galm vor, seines Zeichens Sprecher beim hr: „Er kam auf mich zu und sagte, dass ihm mein Vortrag gut gefallen habe. Dann fragte er mich, ob ich nicht Lust hätte, eine Sprechprobe beim hr zu machen.“, erinnert sich Kolb noch lebhaft.

Die Mikrofonprobe fand dann wenige Wochen später im hr-Funkhaus am Dornbusch (Anm.: Dornbusch ist ein Stadtteil Frankfurts, streng genommen liegt das hr-Funkhaus aber noch im Stadtteil Nordend) in der Bertramstraße statt – mit rund 15 Mitbewerbern und Mitbewerberinnen- und mit ihm dann als einzigem Kandidaten noch ein zweites Mal. Schließlich hatte Kolb es geschafft: „Wenige Monate später war mein Platz vor dem Mikrofon. Ich entschied mich mit der Zeit für das Radio und den hr und gegen das Studium. Als Sprecher und Moderator bin ich schließlich ganz zum hr gewechselt.“               

Nachrichten und Unterhaltung

Kolb fing im Oktober 1979 beim hr an und wurde mit 21 Jahren Nachrichtensprecher. Ende 1979 und 1980 befand er sich erst in der Ausbildung bei Chefsprecher Helmut Hansen und lernte das Nachrichtenmetier von der Pike auf kennen. Insgesamt las Kolb Nachrichten von Oktober 1979 bis zu seinem Ruhestand im März 2017 auf allen hr-Wellen in diesem Zeitraum: „Meine große Liebe waren stets die Nachrichten“, lässt Kolb daran keinen Zweifel.

Wie sehen optimale Nachrichten eigentlich aus? „Voraussetzung für eine optimale Nachrichtensendung ist selbstverständlich auch der gelungene Vortrag am Live-Mikrofon. In diesem Moment ist der Sprecher mit all seinem Wissen um Leselehre und andere Präsentationsregeln einzig und allein der Diener des Textes. Bei einer guten Nachrichtensendung ergeben Textform- unter anderem Auswahl, Reihung, Stil- und perfekte Präsentation ein gelungenes Ganzes.“ (Jürgen Kolb in: Bei Rotlicht bitte kein Wasser zapfen!, S. 153).

Besonders in Erinnerung sei ihm noch der Nachrichtendienst in der Frühschicht am 3. Oktober 1990, dem Tag der deutschen Wiedervereinigung: „Leider habe ich das Manuskript nicht aufgehoben.“ Viele Versprecher seien es im Laufe der Jahre nicht gewesen. Einmal habe er in den Nachrichten verlautbart: „Die Verletzten konnten mit der Rettungsschere geboren werden“, ein anderes Mal habe er in einer Moderation statt „Küchentisch“ falsch „Küschentich“ gesagt.

Am Anfang, in den 1980er Jahren, waren die Programme hr 1, hr 2 und hr 3 noch zu den Nachrichten aus Frankfurt zur vollen Stunde zusammengeschaltet. Die Einleitung geschah mit einem Gong, der Ton war seriös, die Nachrichten hatten gewissermaßen einen offiziellen Charakter. Ab den Jahren 1988/89 gab es eine neue Entwicklung: Nachrichten wurden nunmehr mit O-Tönen im „hr-Telegramm“ auf hr 1 und hr2 gesendet. Insofern hatte SR1-Europawelle Saar die Vorreiterrolle für andere öffentlich- rechtliche  Anstalten übernommen.

Jürgen Kolb im hr-Nachrichten-Studio (Bild: Privatarchiv Jürgen Kolb)
Jürgen Kolb im hr-Nachrichten-Studio (Bild: Privatarchiv Jürgen Kolb)

Ab den 1990er Jahren waren stärkere Diversifizierungen zu beobachten: So wurden jetzt eigene hr3-Nachrichten mit jungen Stimmen gesendet, um mit den locker moderierten Nachrichten der Privaten mithalten zu können. So gab es mit der Zeit sechs verschiedene Nachrichtenformate im hr, unterteilt in hr1, hr2, hr3 und hr4, YOU FM und hr Info. 1999 wurde Kolb stellvertretender Chefsprecher und war zeitweise, gemeinsam mit Ingo Lücke, kommissarischer Chefsprecher. Da im Jahr 2000 das Sprecherteam aufgelöst wurden, erfüllte sich sein Berufsziel („Mein Traum“, Kolb), Chefsprecher zu werden, indes nicht mehr.

Kolb las nicht nur Nachrichten, als Redakteur schrieb er sie oft und von 1981 bis 1996 war er auch in verschiedenen Unterhaltungssendungen des hr zu hören: Bereits im Jahr 1981, also kurz nach seinem Einstand als Nachrichtensprecher, wurde Kolb von Hanns Verres , dem damaligen hr-Unterhaltungschef und einem der Gründungsväter von hr3, angesprochen: „Deine Mini-Moderationen (Anm.: in kleinen, vom Sprecher präsentierten Musiksendungen ) machst Du so locker. Warum nicht auch größere Shows?“, erinnert sich Kolb.

So kam es dazu, dass Kolb sieben Jahre, von 1981 bis zur Einstellung der Sendung im Jahr 1988, zum Moderatorenteam von „Guten Morgen allerseits“ in hr1 (montags bis samstags von 6-8 Uhr) vor allem am Samstag gehörte. Dabei handelte es sich um eine lockere Unterhaltungssendung garniert mit Glossen, Service wie Wetter und Verkehr und Interviews mit Sternchen und Stars. Aufbereitet mit melodiösen Schlagern und Instrumentaltiteln. Ein Einsatz als Nachrichtensprecher und Moderator von Unterhaltungssendungen ist im ARD-Hörfunk eher nicht die Regel. Unterhaltendes und seriös informierendes Fach werden üblicherweise strikt getrennt.

Seine Sendungen beim hr

Jürgen Kolb moderierte des Weiteren, neben seinem geschilderten Einstand bei „Guten Morgen allerseits“ auf hr1, die „Stereobox auf Wunsch“ auf hr 3 (So, 14-16 Uhr) – senderintern wurde übrigens eher von Sendungen „in hr1“ und „in hr3“ gesprochen – und empfing in dieser Sendung in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre Studiogäste, die die Musik auswählen durften.

Ein weiteres Format mit Hörerbeteiligung war „Postkarte genügt!“ , das Kolb u.a. mit Hanna Pfeil bzw. mit Gaby Reichardt oder Hedy Ballier in der Doppelmoderation präsentierte – zunächst auf hr1, später in dem damals neuen Programm hr4 ab dem Jahr 1986. Dazu kamen auf hr1 „Und dazu braucht der Mensch Musik“ (werktags, dienstags und donnerstags 15-16.40 Uhr, sonst 15-17 Uhr). Des Weiteren auf der gleichen Welle „Wie Sie wünschen“ (Wunschkonzert am Samstagabend ab 19.30 Uhr).

Spät abends gehörte Kolb zum Moderatorenaufgebot des hr im bundesweit ausgestrahlten „ARD- Nachtexpress“. Bei hr 3 kam er in der Morgenshow „Pop und Weck“, am Vormittag im Infotainmentmagazin „Von 8 bis 12“, in der „Mittagsdiskotheke“ (12-14 Uhr) und bei „Apropop“ von 17.05 Uhr bis 19 Uhr zum Einsatz. Besonders gern erinnert er sich an die erste Ausgabe des bundesweiten „ARD-Nachtrocks“ im Jahr 1985 mit ihm und Desirée Bethge zurück.

Bei einer Ausgabe von „Stereobox auf Wunsch“ kurz nach dem Mauerfall habe man im November 1989 die eigentlich vorgesehenen Studiogäste auf ein anderes Mal vertröstet und eine Reisegruppe aus der DDR, genauer aus Gotha, die neugierig draußen das Funkhaus inspizierte, hoch ins Studio gebeten. Gewissermaßen Westradio zum Anfassen.

Jürgen Kolb (Bild: Privatarchiv Jürgen Kolb)
Jürgen Kolb (Bild: Privatarchiv Jürgen Kolb)

Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre präsentierte Kolb die Sendung „TonArt“, samstagabends von 20-22 Uhr auf hr1. Seine Studiogäste waren darin unter anderem die Liedermacher Hannes Wader und Franz Josef Degenhardt, die Sängerin Olivia Molina, der Schlagersänger Andy Borg, der Schweizer Chansonnier Stephan Eicher („Grauzone“) und die Schauspielerin und Sängerin Lotti Huber.

Besonders erinnerlich ist Kolb ein Interview auf hr1 in „Und dazu braucht der Mensch Musik“ mit dem früh verstorbenen Schlagersänger Roy Black, der im Herzen stets der Rock´n´ Roll- Musiker, der er ursprünglich gewesen ist, geblieben war: „Er war bei mir, um seine neue CD zu bewerben und meinte abseits des Mikrofons zu mir: ´Ich kann diese Musik nicht mehr hören!´“ Auch Interviews mit der österreichischen Schauspielerin und Sängerin Erika Pluhar und den Weltstars Helen Schneider und Réné Kollo seien ihm noch gut in Erinnerung.

Im Jahr 1996 beendete Kolb auf eigenen Entschluss hin den Ausflug in das Unterhaltungsfach: „Ich zog damals einen Schlussstrich, da ich an Nachrichtensendungen mehr Freude hatte.“ , bekräftigt Kolb. Er konzentrierte sich fortan wieder auf die Nachrichten und Anmoderationen bei hr2plus, später hr Klassik genannt (von 1998 bis 2004).

Im Fernsehen übernahm Kolb daneben Synchrontätigkeiten für „Terra X“ und „Auslandsjournal“ im ZDF und in den 1980er Jahren für die „Wetterkarte aus Frankfurt“ innerhalb der 20 Uhr-Hauptausgabe der Tagesschau (ARD). Kolb erinnert sich daran in seinem Buch: „Nach der Sprachaufnahme am Nachmittag, in der ich mich durch Thermometer-Animationen mit optischen Fiebermessern und Stopptrick-Windrichtungen aus allen Ecken des Kompasses manövriert hatte, raste ich nach Hause. Fernseher an. Sprecher der Tagesschau an diesem Sonntagabend war Werner Veigel. Den mochte ich. Der würde nicht böse gucken wegen meiner ersten Wetterkarte. Bei Karlheinz Köpcke hätte ich mehr Angst gehabt. Meine Vorhersage wurde angekündigt, abgespielt, die Nation erfuhr aus meinem Munde die Wetterlage. Dann der Moment, als der Tagesschausprecher wieder im Bild erschien. Und Werner Veigel lächelte.“ (Jürgen Kolb in: Bei Rotlicht bitte kein Wasser zapfen!, S. 62).        

Programmentwicklungen beim hr

Im Herbst 1979 kam Kolb, wie geschildert, zum hr. Er lernte somit noch das ursprüngliche hr3 kennen: „Es hatte eine ganz andere Anmutung als heute. Bevor hr3 1981 zum Pop- Vollprogramm wurde, wurde darin auch Schlager, viel Instrumentalmusik und Volksmusik gesendet. Es war ein Autofahrer- Begleitprogramm mit Fahrstuhlmusik und wenigen Inseln wie der ,hr3- Mittagsdiskotheke´, ,Hits nach der Schule´ und der Abendsendung ,Top Time´. Es sollte dem Autofahrer nicht wehtun, hieß es senderintern.

Jürgen Kolb (Bild: © Hendrik Leuker-12/23)
Jürgen Kolb (Bild: © Hendrik Leuker-12/23)

Neben den genannten Pop-Inseln war es eher ein Dudel-Didel-Programm.“ Erst 1981 sei hr3 zum Pop-Vollprogramm geworden, auch die legendäre ,Internationale Hitparade´ mit Werner Reinke sei erst dann von hr1 zu hr3 gekommen und um eine Stunde verlängert worden. Kolb weiter: „Das Ganze geschah aber halbherzig.

Die Qualität eines SWF3 wurde dabei nie erreicht“, befindet Kolb, der in seinem Buch dazu schreibt: „Als hr3 versuchte, sich journalistisch und musikalisch aufzupeppen, führte man die Sendung ,Von 8 bis 12´ ein. Raten Sie mal, was das erste Thema der neuen Radioshow war, die SWF 3 die Stirn bieten sollte. Pfiffiges Polit-Gespräch? Berühmter Popstar? Grandiose Komik? Nein, der Moderator sprach mit der Schifffahrtsdirektion Mainz über die Frage, wie Wasserstandsmeldungen zustande kommen. Und in Baden-Baden powerte SWF 3…“ (Jürgen Kolb in: Bei Rotlicht bitte kein Wasser zapfen!, S. 132).

Im Oktober 1986 sei dann mit hr 4 für die älteren Hörer ein gefälliges Programm mit regionaler Information, deutschen Schlagern, Oldies, Instrumentalmusik und anfangs Operettenmusik geschaffen worden. Die Sendungen hießen beispielsweise „Postkarte genügt!“, „Musik liegt in der Luft“, „Wünsch Dir was!“ (mit Call-Ins), „Bunt gemischt“ und „Tante Emmas Musikladen“. Kolb wirkte an den Pilotsendungen mit und moderierte unter anderem im Doppel „Postkarte genügt!“. Ingo Lücke, Atze Schmidt, Hanna Pfeil, Hedy Ballier und Gaby Reichardt moderierten mit Kolb auf hr4.

1989 gab es dann eine große Programmreform: Der hr hatte mit dem Privatfunk der Zeitungsverleger in Form von Hitradio FFH Konkurrenz im heimischen Äther erhalten. „Damals hat der hr so ziemlich alles falsch gemacht. Vor allem sind auf einmal alle hr-Programme umgekrempelt worden, was die Hörer ungemein verunsichert hat. Viele Sendungen hatte man vorher schon an der Einführungsmelodie erkannt. Die sind alle weggefallen. Die Folge war, dass die Hörer plötzlich ihre gewohnten Programme nicht mehr gefunden haben“, kritisiert Kolb.

Kolb weiter: „Am Anfang haben wir Hitradio FFH nicht ernstgenommen und eine öffentlich-rechtliche Arroganz an den Tag gelegt. Es dauerte, bis wir merkten, dass da ein Mitbewerber aufgetaucht ist, der das Potential hatte, uns die Hörer wegzunehmen. Aus hr3 wurde damals in der Folge ein Formatprogramm, ein Programm unter vielen. Kultstatus als Programm hatten wir nie. Allenfalls einzelne Moderatoren wie Werner Reinke, Atze Schmidt oder Thomas Koschwitz“, fügt Kolb kritisch hinzu.

ARD-Aussprachedatenbank

Jürgen Kolb (Bild: Privatarchiv Jürgen Kolb)
Jürgen Kolb (Bild: Privatarchiv Jürgen Kolb)

Kolb gilt als geistiger Vater der ARD-Aussprachedatenbank. Er hatte die Idee dazu, eine solche Datenbank angelegt nach den Regeln der internationalen Lautschrift computergeneriert jedem ARD-Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen. Auf diese Idee brachte ihn sein Kollege Siegfried Weyers, der für sich Ende der 1980er Jahre eine kleine Aufstellung schwer auszusprechender Namen in seinem Taschenrechner angelegt hatte. Nachdem Kolb mit dem Vorschlag allein zunächst beim hr-Sendeleiter abblitzte, konzipierte er mit seinem Kollegen Roland Heinemann ein Exposé.

Eingeschaltet hatten beide den „Aussprachepapst“ (Kolb) der Duden- Redaktion Max Mangold. Da Heinemann mehr von Computerprogrammen verstand und auch von der Durchführung andere Vorstellungen hatte, überließ Kolb schließlich Heinemann die weitere Entwicklung. Die ARD- Aussprachedatenbank existiert ARD-weit seit 1997 unter Federführung des hr und steht allen Mitarbeitern der ARD (Hörfunk und Fernsehen), des ZDF, des Deutschlandfunks und von 3Sat und ARTE sowie des ORF, des SRF und des italienischen RAI Südtirol zur Verfügung.    

Zukunft des Radios

Wie sieht ein ehemaliger Mann aus dem Radio die Zukunft des Mediums? Entwickelt es sich nun zu seinem Vor- oder Nachteil? Kolb hat dazu eine klare Ansicht: „Ich bin ein eher konservativer Radiomensch. Für mich entwickelt sich Radio eher zum Nachteil. Heute regt Radio die Leute nicht mehr zum Nachdenken an, sondern zum Mitwippen. hr 2 ist immer noch ein geschätztes, hochwertiges Programm. Ein solches Angebot muss eine öffentlich-rechtliche Anstalt auch haben! Aber ich beobachte die Gleichförmigkeit aller Mainstreamwellen. Wichtig scheinen nicht Inhalte zu sein, sondern die Verpackungselemente vor den Musikstücken. Jegliche Überraschung ist getilgt worden. Das, was ich kulinarisches Radio nenne, Stellen, an denen man das Radio einmal lauter drehen müsste, fehlen einfach oft ganz. Ich sehe leider keine positive Entwicklung. Qualität und Anspruch werden immer weniger.“ Für Kolb entwickelt sich Radio zu einem Begleitmedium bzw. wird zu einem solchen gemacht.       

Jürgen Kolb: Buch über vierzig Jahre Radio  

Juergen Kolb Rotlicht 250Im Jahr 2022 hat Kolb ein Buch geschrieben über seine knapp 40 Jahre beim Radio: „Bei Rotlicht bitte kein Wasser zapfen!“, so der launige Titel. Aus welchem Grund sollte man es gelesen haben? „Um einen Einblick zu haben, was das Radio war, als es noch nicht formatiert gewesen ist. Um einen Einblick zu haben, wie Radio funktioniert, wenn man sich für Rundfunksprecher und Leute interessiert, die darin arbeiten. Auch, wenn man mal lachen möchte. Es ist ein Blick hinter die Kulissen eines großen Rundfunksenders.“, betont Kolb.  

Hobbys, Hör- und Sehgewohnheiten

Was sind die Hobbys eines (gewesenen) Sprechers und Rentners? „Tatsächlich hat mir das Einsprechen meines Buches als Hörbuch Spaß gemacht. Auf einem YouTube-Kanal trage ich Texte und Gedichte vor. Ich koche gerne und lese querbeet alles, am liebsten Zeitgeschichte, Berliner Geschichte, Biografien und Politikgeschichte. “, gibt Kolb einen Einblick in seine Freizeitgestaltung. Dazu hat er nun mehr Zeit als früher.

Zudem nahm Kolb mit Begeisterung an den Eifeler Radiotagen im Oktober 2023 teil, bei denen man wie immer live und in mono aus dem Studio im ehemaligen Ausweichsitz der NRW-Landesregierung, einem Bunker in der Eifel, handgemachtes Radio machte, übertragen (lokal) auf UKW und KW und weltweit gestreamt im Netz: „Wir konnten uns dabei richtig austoben. Christian Milling, der Organisator, ließ uns einfach machen. Der WDR, der Deutschlandfunk und Zeitungen haben darüber berichtet. Es gab Feedbacks zur Technik und zum Programm von Hörern aus aller Welt“, schildert Kolb mit hörbarer Begeisterung.

Jürgen Kolb während der Eifeler Radiotage 2023 (Bild: Privatarchiv)
Jürgen Kolb während der Eifeler Radiotage 2023 (Bild: Privatarchiv)

Wann hört Kolb Radio? „Ich höre fast kein Radio mehr und keinen hr. Im Deutschlandfunk höre ich Nachrichten und die ,Informationen am Morgen´ (5-9 Uhr), die ,Informationen am Mittag´ (12.10-13.35 Uhr) und auch mal die ,Informationen am Abend´ (18.10-18.40 Uhr). Auf DLF Kultur mitunter kulturelle Beiträge am frühen Abend im ,Studio 9´ (17.05-18.30 Uhr).

Im Fernsehen verfolge ich interessiert vor dem Bildschirm die Sonntags-Talkshow nach dem Krimi (ARD), Maybrit Illner (ZDF), Markus Lanz (ZDF) und Maischberger (ARD). Auch schaue ich ,Wer wird Millionär?´ (RTL) mit Günther Jauch. Und bin als Krimi-Fan Zuschauer vom ,Tatort´ (ARD/Dritte) und von ,Polizeiruf 110´ (ARD/Dritte).“ Jürgen Kolb lebt in Berlin.

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