Radio-Köpfe: Fritz Egner – Der Musikjournalist

Fritz Egner und Casey Kasem
Fritz Egner und Casey Kasem

Als Fritz Egner (73) im Jahr 1979 von AFN zu Bayern 3 wechselte, bestand seine Aufgabe darin, in seiner Moderation den populären lockeren AFN-Style beim Radiomachen auf deutsche Verhältnisse zu übertragen und Begeisterung für die von ihm gespielte Musik beim Hörerpublikum zu entfachen. Als eines seiner Vorbilder darf dabei Casey Kasem gelten, der Host der „American Top 40“-Hitparade. Diese wurde von bis zu 425 Radiostationen in den USA und auch von VoA Europe und AFN übernommen. Kasem wandte seine spezielle „Teaser-Bio“ Methode an, vorweggenommene Appetithappen auf noch zu spielende Hits, garniert mit Ereignissen aus den Lebensläufen der Musiker, um die Hörer seiner vierstündigen Hitparade ans Gerät zu fesseln.

Mit seinen bei AFN erworbenen und anschließend in der Plattenbranche vertieften Kenntnissen der amerikanischen Musikszene bekam Egner bei Bayern 3 die Superstars vor das Mikrofon. Was sich oft locker anhörte waren Interviews auf Augenhöhe. Von Stars wird man indes nur respektiert, wenn man entsprechende Kenntnisse vorweisen kann. Wer oft Legenden der Musikszene getroffen hat, mag sich selbst nicht als Legende sehen. Unser Mitarbeiter Hendrik Leuker sieht in Egner jedoch einen bedeutenden Moderator und hat ihn daher in der Musikredaktion von Bayern 1 besucht.     

Sein Weg zum Radio

Wie kommt man zum Radio? Diese Frage hatte sich Egner schon in jungen Jahren gestellt. Zunächst machte er Abitur und eine Lehre als Elektrotechniker, dann studierte er in seiner Heimatstadt München an der Technischen Universität (TU) Starkstromtechnik (abgebrochen). Anschließend begann für ihn eine Phase von Gelegenheitsjobs: „In mir war der Wunsch, irgendetwas mit Radio oder Musik zu machen. Ich war musikbegeistert.“, schildert Egner seine Suche nach einem Beruf mit einem Mikrofon. Bei einer der Gelegenheitsarbeiten wirkte er beim Aufbau des Musicland-Studios des Südtiroler Musikproduzenten Giorgio Moroder im Keller des Arabella-Hauses im Stadtteil Bogenhausen mit. Egner landete schließlich bei einem Labor für Herzschallmikrofone in München.

Jim Sampson im Studio B bei AFN Munich 1973 (Bild: ©C.Sampson/AFN)
Jim Sampson bei AFN Munich 1973
(Bild: ©C.Sampson/AFN)

Zu dieser Zeit hörte Egner nur einen Sender: AFN Munich (München) auf Mittelwelle 1106 KHz, beheimatet in der Kaulbachvilla im Stadtteil Maxvorstadt beim Englischen Garten. Eines Morgens im Jahr 1974 machte DJ Jim Sampson, später Kollege von Egner auch bei Bayern 3, einen Aufruf in eigener Sache, nämlich, dass AFN dringend einen Studiotechniker suche. Egner dachte bei sich, ich fahre dahin, dann habe ich endlich einmal ein Rundfunkstudio von innen gesehen: „Dann haben sie mir tatsächlich einen Job angeboten!“, lässt Egner das einschneidende Erlebnis in seinem Leben Revue passieren. Aus drei Monaten Probezeit wurden dann fünf Jahre. Aus dieser Zeit leitet Egner auch ein Motto für sein späteres Leben ab: „Man muss sich einfach etwas trauen!“  

Techniker und Moderator bei AFN Munich

Egner legte als frischgebackener Techniker bei AFN Munich gleich los: Am Tag der Einstellung kaufte er in der Universitätsbuchhandlung alle Technikbücher auf Englisch, die er bekommen konnte. Schließlich war er jetzt an einem Arbeitsplatz voller Mikrofone, wie er ihn schon immer haben wollte. Egner beschreibt sein damaliges Gefühl wie folgt: „Ich befand mich nun in einem Kosmos, der für mich die Welt bedeutete. Für mich war ein Traum in Erfüllung gegangen.“

Fritz Egner AFN

Schließlich hörte er AFN schon seit seiner Kindheit und Jugend regelmäßig und war ein großer Fan. Es blieb aber nicht bei der Erledigung technischer Aufgaben im AFN-Studio: „Für die richtige Aussprache von z.B. der ,Donnersberger Brücke´ (Anm.: Bestandteil der Westtangente des Mittleren Rings) in den Verkehrsmeldungen wurde ich herangezogen. Auch durfte ich schon mal das Wetter sprechen. Das erwies sich gewissermaßen als Türöffner.“, erinnert sich Egner. Auch sagte der Stationsleiter Niel Fontaine einmal zu Egner, dass, wenn der Moderator eines Morgens verschlafen sollte, er das Mikrofon übernehmen könne, da sein Englisch schon sehr passabel sei. Am Ostermontag 1977 trat dieses tatsächlich ein: Morning Host Ron Todd verschlief seinen Einsatz und im Studio war nur der Techniker anwesend: Fritz Egner. Kurzerhand übernahm er um 6 Uhr früh morgens spontan und natürlich unvorbereitet die Moderation, und war schon anderthalb Stunden auf Sendung gewesen als Todd endlich eintraf. Sein Chef Fontaine stellte ihn zur Rede: „Bist Du etwa auf Sendung gegangen?“ Egner entgegnete, dass dieser das doch selbst vorgeschlagen habe. Fontaine meinte daraufhin nur vorwurfsvoll: „Das war ein Witz!“

Fritz Egner im AFN-Studio
Fritz Egner im AFN-Studio

Egner befand sich in diesem Moment in einem Dilemma. Herausmanövriert aus dieser Situation wurde er durch einen Anruf der Ehefrau des Standortkommandanten der US-Army in München: Sie zeigte sich amüsiert. Der Mann mit dem deutschen Akzent, so schlug sie vor, solle doch öfters Sendungen machen dürfen. „Ich war gerettet!“, blickt Egner erleichtert zurück. Tatsächlich bekam er mit „Discosoul“ jeden Donnerstag um 21 Uhr eine eigene Sendung im europäischen AFN-Programm.

Musiker und Künstler waren in der Kaulbachvilla bei AFN öfters zu Gast. Teilweise wurden deren Konzerte von der US-Armee subventioniert. Da traf es sich gut, dass Egner zur Kontaktperson von AFN zu den deutschen Plattenfirmen bestimmt wurde: „Ich bekam damals viele Platten umsonst (Anm.: Zur Bemusterung)“, erinnert sich Egner. Bei einer Party einer Musikzeitschrift, zu der er eingeladen war, traf Egner die damalige Frau von Thomas Gottschalk, Thea Gottschalk. Von dieser Begegnung erzählte Thea Thomas Gottschalk, der Egner wiederum von seinen Sidekick-Moderationen bei AFN („Fritz, the tap-dancing engineer“, der stepptanzende Techniker) in den Sendungen des DJ Rick Demarest her kannte und ihn am Telefon fragte, ob er nicht Lust habe, zum BR zu kommen.

Jürgen Herrmann, Fritz Egner und Thomas Gottschalk
Jürgen Herrmann, Fritz Egner und Thomas Gottschalk

Am 14.02.1992 wurde AFN Munich nach über 46 Jahren Programmbetrieb, erst auf 1106 KHz, dann nach der Angleichung im Genfer Wellenplan am 23.11.1978 auf 1107 KHz („Eleven-O-Seven“), eingestellt (Anm.: AFN Nuremberg übernahm zunächst). Fritz Egner, sein Vorname gilt in Amerika ohnehin als Inbegriff eines Deutschen, plauderte im Interview ein letztes Mal mit Wehmut in der Stimme aus dem Nähkästchen seiner AFN-Zeit in nahezu perfektem Englisch.       

Probesendung beim BR und Angebot von Warner Bros. Germany

1979 war wiederum ein einschneidendes Jahr für Egner. Sollte er AFN wirklich verlassen? Diese für ihn lange Zeit undenkbare Option wurde nun doch immer realistischer. Viele seiner Freunde bei AFN beendeten ihren Militärdienst und mit ihnen verschwand auch ein wenig der freundschaftliche Umgang untereinander, an deren Stelle traten oft desillusionierte ehemalige Vietnam-Kämpfer. Zudem taten sich neue Möglichkeiten auf: Im Januar 1979 erhielt Egner die Einladung zu einer Probesendung bei Bayern 3. Mit ihm im Studio befand sich noch ein Techniker. Vor der Regiescheibe verfolgten die Moderatoren Thomas Gottschalk und Jürgen Herrmann das Geschehen, bei ihnen stand der damalige Programmleiter von Bayern 3, Werner Götze. Die im Eingangssatz dieses Artikels erwähnte Idee, den AFN-Style auf Deutsch in den BR zu übertragen, der seinerzeit eine Rundfunkanstalt im wahrsten Sinne des Wortes war, stammte übrigens von Jürgen Herrmann, einem Berliner und bereits dort passionierter Hörer von AFN. Götze, dessen Musikleidenschaft eher Jazz als Rhythm & Blues war, zeigte sich dennoch angetan und sagte zu Egner nach der Probe-Sendung: „Hätten Sie Lust, bei uns Sendungen zu machen?“

Wolfgang Niedecken, Jim Sampson und Fritz Egner bei Bayern 3 (Bild: BR/Sampson)
Wolfgang Niedecken, Jim Sampson und Fritz Egner bei Bayern 3 (Bild: BR/Sampson)

Im gleichen Jahr bekam Egner eine weitere Anfrage: Sein AFN-Kollege Ed Heine fragte ihn, ob er nicht beim Musikverlag des Konzerns Warner Bros. Germany mitarbeiten möchte. Egner, der natürlich wollte, wurde dort zum stellvertretenden Verkaufsleiter ernannt: „Ich habe damals das Musikgeschäft von einer ganz anderen Seite kennengelernt, hatte Kontakt zu den Managern der Künstler und zu Anwälten.“, schildert Egner. Deutschland sei ein wichtiger Musikmarkt für die Plattenindustrie, nach den USA, Großbritannien und Japan der viertgrößte der Welt: „Deutschland war wichtig für den amerikanischen Musikmarkt“, erklärt Egner seine vielen Reisen als stellvertretender Verkaufsleiter in die USA. In Nashville (Tennessee) habe er einmal kurzfristig einen Vortrag halten müssen, weshalb Country & Western-Musik in Deutschland nur mäßigen Erfolg habe: Es liege an den vielen Anspielungen in der Country-Musik, die für deutsche Ohren oft unverständlich seien. Den Donnerstagnachmittag bekam Egner frei, um dort Radio bei Bayern 3 machen zu können.1984 beendete Egner sein Engagement bei Warner Bros. Germany, um regelmäßig bei Bayern 3 auf Sendung gehen zu können.                    

Seine Sendungen bei Bayern 3 

Nach der erfolgreich absolvierten Probesendung bekam Egner am Donnerstagnachmittag eine eigene Sendung, den „Popclub“ von 15-16 Uhr, und übernahm auch die Stellvertretung für Thomas Gottschalk in „Pop nach acht“ (20.05 Uhr-21 Uhr, am Wochenende manchmal als „Pop nach acht bis  Mitternacht“ auf vier Stunden ausgedehnt). In dieser Zeit, 1979-1984, war Egners Hauptberuf der bei der Plattenfirma Warner Bros. Er entwickelte indes beim BR von Anfang an seinen eigenen Stil durch den vermehrten Einsatz von Jingles und dem Moderieren über die Instrumentaleinleitungen von Popsongs hinweg, den sog. Ramps. Diese Methode hatte den Vorteil, dass mehr Titel in einer Stunde gespielt werden konnten und die Überleitungen flüssiger beim Hörer ankamen.

Fritz Egner mit den Bee-Gees im Studio
Fritz Egner mit den Bee-Gees im Studio

Im Jahr 1984 konzentrierte sich Egner, wie schon erwähnt, auf das Radiomachen und ging ganz zum BR. Er bekam nun seine eigene Sendung, deren Titel Jürgen Herrmann erfand: „Fritz und Hits“, die zunächst werktags abends ab 20 Uhr lief mit dem musikalischen Opener „Turn up the Music“ von Mass Production. Kennzeichnend für „Fritz und Hits“ sind die vielen Interviews mit Künstlern. Nach den Interviews wurde oft zum Beweis ein Audio-Autogramm eingesprochen (etwa: „When I´m in Munich I listen to Fritz, ´cause Fritz has the hits!“). Es waren alles in allem bis zu 500 Interviews, davon 100 live geführt.

Fritz Egner (Bild: ©BR/privat)
Fritz Egner (Bild: ©BR/privat)

Das spricht auch für Egners akribische Vorbereitung und sein echtes Interesse an den Stars, während Herrmann und Gottschalk diese Vorbereitung oft scheuten. Ab dem Jahr 1984 musste Bayern 3 zudem gegen Konkurrenz antreten, die erst nur im Münchener Kabel zu empfangen war und dann ab Herbst 1988 landesweit in „Antenne Bayern“ erwuchs. 1984 bis 1989 war Egner zudem im Bedarfsfall der Stellvertreter von Thomas Gottschalk in der vielbeachteten „B 3-Radioshow“. Als diese vom BR-Werbefunk produzierte Sendung 1989 eingestellt wurde, übernahm Fritz Egner mit „Fritz und Hits“ ab 15 Uhr den Nachmittag.

Die Radiolegenden Fred Kogel, Fritz Egner, Jim Sampson und Jürgen Herrmann beim Bayern 3-Kultabend (Bild: ©BR/Julia Mueller)
Die Radiolegenden Fred Kogel, Fritz Egner, Jim Sampson und Jürgen Herrmann beim Bayern 3-Kultabend (Bild: ©BR/Julia Mueller)

Ab Ende der 90er Jahre lud Bayern 3 zum „Kultabend“ ein, montags bis donnerstags ab 19 Uhr mit wechselnden Moderatoren, Egner war einer von vieren: Die übrigen Moderatoren hießen Jürgen Herrmann, Fred Kogel und Jim Sampson, der ebenfalls von AFN kam. Von 2013 bis Ende 2015 präsentierten verschiedene Moderatoren den Hörern den „Soundtrack Deines Lebens“ am Sonntag ab 20 Uhr; moderierte Egner, hieß die Sendung „Fritz und Hits – Der Soundtrack Deines Lebens“. Zeitweise lief „Fritz und Hits“ am letzten Sonntag eines Monats am Vormittag von 9 bis 12 Uhr abwechselnd mit „Stars und Hits“ mit Thorsten Otto. Diese Sendung lief bis Ende 2015 auf Bayern 3. Im Januar 2016 verließ Egner Bayern 3 und ist fortan bis heute auf Bayern 1 zu hören. Seine treue Hörergemeinde folgte ihm.

Abstecher zum Fernsehen

1985 suchte das Bayerische Fernsehen (heute: BR-Fernsehen) neue Gesichter für sein Programm. Eine Hospitantin, die zuvor beim Radio war, machte die Fernsehleute auf Fritz Egner aufmerksam. Zunächst wollte man ihm eine Samstagabendsendung namens „4 gegen Willi“ anbieten, die im ARD-Gemeinschaftsprogramm ausgestrahlt werden sollte. Wurde sie dann auch, aber mit Mike Krüger als Gastgeber:„ Ich wollte damals keine Samstagabendsendung machen“, bekräftigt Egner.

Harald Juhnke, Ursela Monn, Claus Theo Gärtner, Christa Kinshofer Güthlein
Harald Juhnke, Ursela Monn, Claus Theo Gärtner, Christa Kinshofer Güthlein

So wurde er im Dritten stattdessen Moderator von „Dingsda“, ein Engagement, das er sich eher zutraute. Diese Sendung lief ab 1985 erst im Bayerischen Fernsehen und anschließend von 1988 bis 1994 wegen des großen Zuschauerzuspruchs im ARD-Gemeinschaftsprogramm. Darin erraten Prominente Begriffe, die von Kindern umschrieben werden, das Original dazu heißt „Child´s Play“, ausgestrahlt von der BBC.

Fritz Egner auf der Gong-Titelseite

In dieser Zeit, Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre, moderierte Egner zudem die Musiksendungen „Ohne Filter“ (ARD/SWF), einmalig „Rockpop in concert“ aus der Dortmunder Westfalenhalle (ZDF), war 1990 der deutsche Kommentator beim „Eurovision Songcontest (ESC)“ aus Zagreb (ARD), Gastgeber in der ARD-Serie „Fritz meets…“, und schließlich bei den Jahresrückblicken mit Hanns-Joachim Friederichs vertreten (ARD).

Es schloss sich eine Zusammenarbeit mit Fred Kogel an, einem Radiokollegen, der zunächst ZDF-Unterhaltungschef und anschließend Sat 1-Programmgeschäftsführer wurde.  Beim ZDF produzierte Kogel mit Egner als Moderator die „Versteckte Kamera“, die sich zuerst aus rechtlichen Gründen „Voll erwischt!“ nannte (Anfang 1990er Jahre).

Fritz Egner moderierte Vorsicht Kamera! bei Sat 1, hier mit Janet Jackson
Fritz Egner moderierte Vorsicht Kamera! bei Sat 1, hier mit Janet Jackson

Dann holte Kogel Egner in einer Programmoffensive im Jahr 1995 neben Thomas Gottschalk, Kai Pflaume und Harald Schmidt zu Sat 1. Dort machte er die Sendungen „WWW-Witzigste Werbespots der Welt“, „Die witzige Welt der Comedy“ (Sendung, in der Comedy erklärt wurde), wiederum „Vorsicht Kamera“ und die Quizsendung mit den vorgefertigten Antworten von Promis, die falsch oder richtig sein konnten: „XXO-Fritz & Co.“. Im Jahr 2019 lobte Kogel Egner, eines seiner einstigen Aushängeschilder bei Sat 1, in einem Rundfunkinterview auf Bayern 1 mit den Worten: „Fritz Egner stellte sich nie über das Format!“.

Thomas Gottschalk und Fritz Egner moderieren Silvester 2017 auf Bayern1 (Bild: ©BR/Markus Konvalin)
Thomas Gottschalk und Fritz Egner moderieren Silvester 2017 auf Bayern1
(Bild: ©BR/Markus Konvalin)

Was macht Egner lieber, Radio oder Fernsehen? Dem geneigten Leser sei zunächst „Fritz und Hits“ auf Bayern 1 ans Herz gelegt, dann erhält er die Antwort. Radio bleibe seine Leidenschaft, obwohl er beim Fernsehen mehr verdient habe. Fernsehen habe einen entscheidenden Nachteil: „Ich habe nicht so das Promi-Gen. Mein Leben war dadurch nicht mehr anonym. Ich musste mich erst einmal daran gewöhnen, überall erkannt zu werden, gefragt zu werden, warum ich noch selbst einkaufe. Das war für mich ein Schock. Darauf war ich nicht vorbereitet“, sieht Egner auch Nachteile darin, im Licht der Öffentlichkeit zu stehen.    

Lustige und sentimentale Erlebnisse mit Künstlern

Mit der Zeit sammeln sich in einer langen Radio- und Fernsehkarriere natürlich Erlebnisse mit Künstlern an. Hiervon seien einige geschildert: Noch zu AFN- Zeiten im Jahr 1976 begleitete er als Tontechniker im Studio die Show „Every Day live with Muhammad Ali“ vor dem Fight Muhammad Alis gegen Richard Dunn im Mai 1976 in München. Für Muhammad Alis Mutter Odessa, die mit ihrem Sohn in die Stadt gekommen war, sorgte er auf deren Wunsch, eine Diskothek mit schwarzer Musik vor Ort kennenlernen zu wollen, für Unterhaltung am Abend und begleitete sie in die Disco „Tiffany“. Den Besitzer hatte er schon vorbereitet und der Mutter geraten, Muhammad Ali Bescheid zu sagen, wo sie hingehe. Zu dem Besitzer sagte er, dass Muhammad Ali später auch vorbeischauen werde. Für diesen Fall versprach er Egner ein Jahr Freigetränke. Sein Plan ging auf: Es entstand ein Tumult an der Eingangstür als Muhammad Ali höchstpersönlich an der Eingangstür stand…

In guter Erinnerung ist Egner sein Besuch eines Konzerts von Herbie Hancock in Zürich am 30. Mai 1995 zusammen mit Stevie Wonder und dessen Begleiter. Nach dem anschließenden Restaurantbesuch schlief Wonder, dem es als Blinder am Tag-Nacht-Gefühl fehlt, in den Armen seines Bruders ein. Anschließend half er mit, den schlafenden Stevie Wonder an der Hotellobby vorbeizutragen und in sein Hotelbett zu bringen. Für Umstehende muss es ausgesehen haben wie eine Szene aus „Voll erwischt!“, seiner damaligen Versteckte-Kamera-Sendung im ZDF…

Im Dezember 1986 testete Little Richard, Piano spielend mit dem Rücken zu Egner, in einem Kölner Luxushotel dessen Musikwissen, und fragte ihn über von ihm geschriebene Musikstücke ab, quasi als Bedingung für das Interview fürs Radio…

Im Jahr 1988 traf Egner vor einem Interview James Brown in London in seinem Hotelzimmer mit Lockenwicklern im Haar an; da es diesmal für das Bayerische Fernsehen war, musste er nochmals in der Lobby warten…

In den 90er Jahren, jedenfalls an einem 09. Mai, ging er mit Billy Joel in München shoppen. Dieser gönnte sich in der bayerischen Landeshauptstadt einen freien Tag. Zuvor unterlief Egner im Interview eine seltene Wissenslücke, als er fragte, warum er denn einen freien Tag einlege und zur Antwort bekam: „It´s my Birthday!“ Als Ausgleich begleitete er ihn beim anschließenden Shoppen…

Johnny Clegg, der britische Frontmann der südafrikanischen Band „Savuka“ brach am 11. Februar 1990 beim Radio-Interview in Tränen aus als er von der Freilassung des südafrikanischen Anti-Apartheid-Kämpfers Nelson Mandela erfuhr…

Eine Zeitlang, 1995-2004, lebte Egner auch an seinem Zweitwohnsitz in Miami (Florida) und ging mit den Stars vor Ort auf Tuchfühlung.  Die Arbeit bei Bayern 3 und dem BR bringt es mit sich, dass eher konservative Pförtner den wartenden Moderator fragen, ob sie exzentrische Gestalten wie Rockstar Alice Cooper oder Boy George wirklich in den Sender hereinlassen sollen…

Fritz Egner mit Boy George
Fritz Egner mit Boy George

In der „B 3-Radioshow“ rief Mitte der 80er Jahre der damalige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU) höchstpersönlich an, der wissen wollte, wie sich seine Tochter, Monika Hohlmeier, als Studiogast so schlage. Die Musik Hohlmeiers hatte in Vereinbarung mit der Staatskanzlei Egner selbst ausgewählt…

Wer noch mehr Anekdoten lesen möchte, dem sei Egners Autobiografie „Mein Leben zwischen Rhythm & Blues“ (Langen Müller, München 2013) empfohlen (Bezahlter Link). Das inzwischen vergriffene Buch kann gebraucht im Internet oder mit Glück stationär antiquarisch erworben werden.  

Fritz Egner und seine Plattensammlung

Auch privat umgibt sich Egner mit Musik und Tonträgern. Das geht so weit, dass zu seinen Umzügen deshalb jedes Mal ein Statiker zu Rate gezogen werden musste. Vollständig erhalten wären es rund 25 000 LPs, 10 000 CDs und 1000 Alben. „Die wichtigsten LPs wurden inzwischen digitalisiert, andere gab es dann später als CDs“, erklärt Egner eine gewisse Reduktion. Die ein oder andere Platte wurde von ihm verschenkt. Insgesamt eine imposante Sammlung bestehend aus Black Music, Soul, Rock, Rhythm & Blues und Country.

Fritz Egner an seinem Arbeitsplatz (Bild: Hendrik Leuker)
Fritz Egner
(Bild: Hendrik Leuker)

Mit Platten kam Egner erstmals an Ostern 1956 in Berührung. Seine zehn Jahre ältere Schwester, die eine Lehre in einem Elektro-Kaufhaus machte, brachte mit Erlaubnis der Geschäftsführung einen Philips-Plattenspieler und einen beliebigen Stapel an LPs und Singles mit nach Hause. Eine Single von Little Richard daraus schlug Egner, der zum damaligen Zeitpunkt noch ein Grundschulkind war, sofort in seinen Bann: „Tutti Frutti“ war auf der A-Seite und „Long Tall Sally“ auf der B-Seite. Little Richard sang, nein brüllte sich zum Schlagzeugbeat von Earl Palmer in sein kleines Herz. Egner heute dazu: „Damals habe ich irgendetwas gespürt: Das war Leidenschaft, das war echte Entschlossenheit!“ Diese Single gab er nicht wieder her…

In diesem Zusammenhang gäbe es noch ein paar Jugendsünden zu beichten: Egner, dem in seiner Jugend Klavierunterricht erteilt wurde, wurde das Einüben von klassischen Stücken allmählich leid. Ein Jahr lang nahm er weiter das Geld für den Klavierunterricht an, machte sich scheinbar auf dem Weg, investierte das Geld aber dann in Singles. Es flog auf, als seine Mutter zufällig die Klavierlehrerin traf, die sich an ihren ehemaligen Klavierschüler Fritz kaum noch erinnern konnte… Es gab zu Hause eine Standpauke! „Meine Mutter hat es dann leider nicht mehr erlebt, dass dieses der Grundstock für meine Karriere war“. Sie starb bereits mit Anfang Fünfzig. Auch ließ Egner, wenn er gerade nicht genügend Taschengeld hatte, manchmal Singles in einem Plattenladen in der Münchener Sonnenstraße in Stachus-Nähe mitgehen, ohne an der Kasse zu bezahlen, damit sie in seiner Vorstellung nicht in falsche Hände gerieten. Via Aufruf im Fernsehen in der „Johannes B. Kerner-Show“ (ZDF) und mithilfe der Münchener Boulevardzeitung „tz“ machte er im Jahr 2001 die betroffene Verkäuferin namens Christa Müller aus, die ihn schon damals zur Rede stellte, aber immer beide Augen zudrückte, die ihm letztlich verzieh.                  

Seine aktuelle Sendung

Für nicht wenige Bayern 1- Stammhörer und für seine treue Hörergemeinde ohnehin ist seine Sendung „Fritz und Hits“ der Beginn des Wochenendes (FR, 20.05 Uhr-22.58 Uhr). Der Untertitel ist bewusst ausgewählt: „Ihr Trip durch die Musikgeschichte“. Egner nimmt seine Hörerinnen und Hörer gleichsam an die Hand, weist unterhaltsam auf Jubiläen von Musikstücken oder Nummer 1- Hits hin, auf runde Geburtstage von Künstlern oder aktuelle Todesfälle. Daran wird eine musikalische Bandbreite von Jazz bis Country geknüpft mit Schwerpunkt Rhythm & Blues, Funk, Rock und Soul, von den späten 50ern bis zu den 2000er Jahren.

Fritz Egner am Bayern 1-Mikro
Fritz Egner am Bayern 1-Mikro

„Meine Sendung ist eine der wenigen bei Bayern 1, die nicht formatiert ist“, fügt Egner hinzu. Um es genau zu schreiben: Sie ist eine von deren zwei, neben „Classic Rock“ mit Tom Glas (Dienstag, 20.05-22.58 Uhr). Am Tag des Interviews (24.03.2023) nahm Egner in „Fritz und Hits“ Bezug auf den 70. Geburtstag der Sängerin Chaka Khan und startete mit deren Prince-Cover „I feel for you“ und spielte im Laufe der drei Sendestunden deren größte Erfolge. Er erinnerte gleichfalls an den genialen und später wahnsinnig gewordenen Schlagzeuger Jim Gordon, der damals vor einer Woche mit 77 Jahren starb, und spielte Werke des Singer-Songwriters Don Covay. Als Egner Anfang 2016 mit „Fritz und Hits“ zu Bayern 1 wechselte, dauerte seine Show noch vier Stunden, also bis Mitternacht: „Das war nur kurze Zeit so. Sie wurde wegen der veränderten Programmstruktur um eine Stunde gekürzt“, erklärt Egner. Ab 23 Uhr werden Bayern 1 und Bayern 3, was Nachrichten und Verkehrsmeldungen betrifft, zusammengeschaltet.   

Hobbys und Hör- und Sehgewohnheiten

Neben seiner Musikleidenschaft, insofern verschmelzen bei ihm Beruf und Hobby, spielt Egner ausdauernd Tennis. Tatsächlich hört er privat viel Radio, hauptsächlich Bayern 1, wie könnte es anders sein, und Bayern 2, einem Radio-Feuilleton mit hohem Wortanteil. „Ich finde die Beiträge in Bayern 2 wirklich hörenswert!“, so Egner anerkennend über seine Kollegen. An Bayern 1 schätze er, dass nicht nur die 80er Jahre gespielt würden, sondern auch die 60er und 70er Jahre.

Manchmal sei es ihm etwas zu viel Format in der Musikauswahl. Im Fernsehen sehe er Nachrichtensendungen wie Tagesthemen (ARD) und Heute-Journal (ZDF), Talkshows wie Markus Lanz (ZDF) und Maischberger (ARD/Anm.: Eine ehemalige Bayern 3-Kollegin), Unterhaltungssendungen wie Wer wird Millionär? (RTL/mit dem ehemaligen Bayern 3-Kollegen Günther Jauch), Heute-Show (ZDF) , Gipfeltreffen (BR-Fernsehen) und Lebenslinien (BR-Fernsehen) und jede Menge Musik-Dokus, auch bei Netflix.

Fritz Egner wurde 1989 mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet. Er lebt in der Nähe von München mit seiner Ehefrau Katrin. Er hat eine erwachsene Tochter und einen minderjährigen Sohn.