M94.5, afk max, DAB+: Fatale Signale aus Bayern

M94.5 BIG

Ein Kommentar von Jörn Krieger



Ausbildung ohne Auffindung: Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) will dem Münchner Aus- und Fortbildungskanal (afk) M94.5 die UKW-Frequenz und damit seinen größten Trumpf nehmen: Wahrnehmbarkeit, Auffindbarkeit und Relevanz. Wenn sie nur noch via DAB+ und im Internet senden, verpufft für die jungen Radiotalente der Ausbildungseffekt, den man nur mit UKW spürt: Das Kribbeln im Bauch, echtes Radio zu machen, das jedermann hören kann. M94.5 als Aus- und Fortbildungsstation zu nutzen, dürfte dadurch weniger attraktiv werden.

Bislang war nur bekannt, dass die Münchner Einrichtung betroffen sein soll. Auf der Tagesordnung der Einladung zur nächsten Sitzung des BLM-Medienrats am 16. Februar 2017 taucht unter dem Punkt „Umwidmung UKW-Hörfunkfrequenzen“ jedoch auch die Frequenz 106,2 MHz in Erlangen auf, die das Nürnberger M94.5-Gegenstück afk max neben der Nürnberger Frequenz 106,5 MHz nutzt. Der Privatsender ego FM habe Interesse bekundet, heißt es von der BLM.

afk m945 ukw

M94.5 und afk max hatten einst UKW-Frequenzen erhalten, um Radiomachen unter realen Bedingungen zu ermöglichen. Die tatsächliche Empfangbarkeit scheint damit nicht mehr gemeint zu sein. „Um die Ausbildungsziele zu erreichen, ist aus unserer Sicht eine Verbreitung über UKW nicht notwendig“, argumentiert ein BLM-Sprecher gegenüber Radioszene.de. „Wichtig ist vor allem, dass live gesendet wird. Der afk wird sein Publikum auch über das Netz und DAB+ finden.“ Man könne nämlich davon ausgehen, dass die Nutzer von M94,5 und afk max im Vergleich zur Gesamtbevölkerung besonders digital- und technikaffin seien.

Natürlich geht es aber vor allem ums Geld. Eine UKW-Frequenz in München, so das Kalkül, macht das Bayern-Funkpaket attraktiver, in dem die Werbezeiten der Rock Antenne mitvermarktet werden. Die besseren Vermarktungschancen würden allen lokalen Anbietern in Bayern zu Gute kommen, betonte der BLM-Sprecher.

Das Aus- und Fortbildungsradio hätte davon allerdings nichts, weil sich die Programme nicht über Werbung finanzieren. Antenne Bayern, Muttergesellschaft der Rock Antenne, will daher 62.500 Euro pro Jahr zusätzlich in den afk investieren: Ein Feigenblatt, denn die Größenordnung der Werbeeinnahmen, die man sich von der Münchner UKW-Frequenz verspricht, dürfte deutlich höher liegen. Laut „Süddeutscher Zeitung“ könnte ein sechsstelliger Betrag pro Jahr zusammenkommen.

Neue Einnahmen statt neuer Talente: Finanziell könnte es für die Privatsender zwar lukrativ sein, die afk-Frequenzen in München und Erlangen zu übernehmen. Allerdings würde die BLM damit zwei fatale Signale in der bayerischen Medienpolitik setzen: Junge Radiotalente haben weniger Aufmerksamkeit verdient als eine kommerzielle Musikwelle – und privates Radio auf DAB+ geht nicht ohne UKW.

Update vom 09.02.2017:

Die Vorentscheidung ist gefallen: Der Hörfunkausschuss der BLM hat sich dafür ausgesprochen, die M94.5-Frequenz ab September 2017 an die Rock Antenne zu vergeben, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet. Im Gegenzug habe der Privatsender zahlreiche Zusagen gemacht: Der Aus- und Fortbildungskanal (afk) erhalte ein bayernweites Programmfenster bei der Rock Antenne, außerdem sollen afk-Mitarbeiter an Sendungen der Rock Antenne mitwirken. Der Sender werde sich zudem mit weiteren 62.500 Euro pro Jahr am afk-Etat beteiligen und eine kleinere lokale Frequenz in Erding abgeben.

Da sich der BLM-Medienrat in der Regel an die Empfehlungen des Hörfunkausschusses hält, gilt die Zustimmung des Gremiums am 16. Februar 2017 nur noch als Formsache.

afk M94.5-Mikro (Bild: ©M94.5)
afk M94.5-Mikro (Bild: ©M94.5)

Update vom 10.02.2017

Kommerz gewinnt gegen Vielfalt

Mit der Schlagzeile „Kommerz gewinnt gegen Vielfalt“ reagierte M94.5 am 10.02.2017 auf die Abstimmung der BLM:

Der Hörfunkausschuss der BLM hat abgestimmt: Zum 1. September 2017 wird die UKW-Frequenz von M94.5 an die Rock Antenne gehen. Wir sind schockiert und betrübt über diese Entscheidung.

Liebe Medienvertreter, liebe Kollegen, liebe Freunde,

gestern, am 9. Februar 2017, hat der Hörfunkausschuss der BLM über die Zukunft der 94,5-Frequenz abgestimmt. Die Entscheidung, die uns, den Förderverein „Freunde von afk M94.5 e.V.“, am Abend über die SZ erreichte, lautet: M94.5 soll zum 1. September 2017 seine UKW-Frequenz verlieren. Stattdessen soll dann die Antenne Bayern Tochter Rock Antenne hierüber senden. Laut dem SZ-Artikel, soll M94.5 dafür einige Sendefenster bei Rock Antenne bekommen. Der Medienrat der BLM wird dies zwar erst am kommenden Donnertag, dem 16. Februar 2017, beschließen. Doch erfahrungsgemäß wird der Medienrat höchstwahrscheinlich der Empfehlung des Hörfunkausschusses folgen.

Wir alle sind schockiert und betrübt über diese Entscheidung. In den vergangenen zwei Monaten haben wir unser Möglichstes versucht, um die Bedeutung der UKW-Frequenz für M94.5 deutlich zu machen. Wir sind nach wie vor der festen Überzeugung, dass der Verlust erhebliche Auswirkungen auf die Ausbildung von M94.5 haben wird. Dementsprechend können wir diesen Beschluss nicht nachvollziehen und gutheißen. Wir sind enttäuscht, dass das an entscheidender Stelle immer noch anders gesehen wird und wir, die Redaktion, zum Thema überhaupt nicht gehört wurden.

Wir möchten uns bei allen Partnern und Unterstützern für den Rückhalt und ihr Engagement bedanken. Wir waren zutiefst erfreut und gerührt, wie viel Rückenwind wir von den verschiedensten Stellen erhalten haben. Dass sich sowohl Bands, als auch Hörer, Alumni, Münchner Kulturstätten und viele mehr für den Erhalt von M94.5 auf UKW eingesetzt haben, zeigt deutlich: Auch wenn es, nach Aussage des Hörfunkausschusses, nicht Ziel des Senders ist, die städtische Radioszene zu bereichern, ist es nicht von der Hand zu weisen, dass M94.5 genau das in den vergangenen 20 Jahren zusätzlich zur großartigen Ausbildung gemacht hat. M94.5 ist heute weit mehr als nur ein Ausbildungssender und dies als Lappalie abzutun, ist nicht nur ein Schlag gegen die Redakteure, die sich für den Sender eingesetzt haben, sondern auch ein Schlag und ein deutliches Zeichen gegen die gesamte Kultur- und Radiolandschaft in München und ganz Bayern.

Was die gestrige Entscheidung für die Zukunft von M94.5 genau bedeutet, muss sich in den nächsten Wochen erst noch zeigen. Wir sind nach wie vor der festen Überzeugung, dass es einen entscheidenden Unterschied für die Ausbildung macht, ob man von 20 oder 2000 Personen gehört wird. Sicher ist, dass wir bei M94.5 auch nach dem 1. September 2017 zumindest auf DAB+ und über Internet weitersenden werden. Im Namen der afk M94.5-Redaktion werden wir dafür Sorge tragen, dass sich M94.5 auch weiterhin treu bleibt: Eine fundierte und hochqualitative journalistische Ausbildung mit Musik und Kultur abseits des Mainstreams zu kombinieren.

Mit enttäuschten und niedergeschlagenen Grüßen im Namen der gesamten M94.5-Redaktion

Der Vorstand von „Freunde von afk M94.5 e.V.“
Klaus Muth, Julia Röhl, Marcel Stuht und Johannes Vogl

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Joern-Krieger-200

Jörn Krieger arbeitet seit 25 Jahren als freier Journalist für Medienfachdienste im In- und Ausland.

2004 gründete der Dipl.-Germanist den Medienboten, einen exklusiven Nachrichtendienst für Führungskräfte  der Medienbranche, und war bis 2010 dessen Chefredakteur und Herausgeber.

Zu seinem Portfolio gehören zudem die Moderation von Diskussionsrunden auf Medienkongressen, Hochschulseminare, Buchveröffentlichungen und Fachübersetzungen.