Nur wenige Stunden nach einer entsprechenden Regierungsmitteilung stellte Dienstagabend gegen 21 Uhr die Griechische Rundfunkanstalt ERT vorläufig fast sämtliche terristrisch ausgestrahlten TV- und UKW-Dienste ein.
Nach 75 Jahren schweigen drei landesweite TV- und sieben Radioprogramme sowie zahlreiche der 19 regionalen Radiostationen. Einzig auf der Kurzwelle sind (noch) Informationssendungen zu verzeichnen. Rund 2500 Mitarbeiter verlieren gegen eine Abfindungszahlung ihren Arbeitsplatz. Die Planungen sehen aus Kostengründen die Verkleinerung der Sendeanstalt mit halbierter Personalstärke vor. Noch ist nicht klar, wann und ob alle Regionalstationen wiedereröffnet werden. Die Immobilien sollen bis zu einem Neustart abgesichert und überwacht werden.
Vor der Zentrale im Athener Vorort Aghia Paraskevi protestierten Tausende gegen die Schließung. Auch Opposition, Gewerkschaften und Vertreter der kleinen Koalitionsparteien sprachen sich gegen die Entscheidung der Regierung aus. Befürworter des einschneidenden Schrittes verwiesen auf mangelnde Transparenz und Effizienz der Hellenic Broadcasting Corporation: der Personalaufwand sei sieben Mal höher als bei vergleichbaren Institutionen; die Betriebskosten in Höhe von 300 Millionen Euro jährlich seien Folge von Korruption und Verschwendung.
Verfechtern öffentlich-rechtlichen Rundfunks galt ERT allerdings als Qualitäts-Bollwerk gegen die Übermacht der griechischen Privatradios.
Update: Griechischer Nachrichtenkanal sendet über Netz und Satellit weiter
Wie der Evangelische Pressedienst epd mitteilt, sendet der staatliche griechische Nachrichtenkanal Net weiter. Empfang sei laut einer Mitteilung der EBU über Internet und Satellit möglich. Die EBU verbreitet überdies den Livestream über ihre Webseite; via Satellit ist die Rückübertragung des Signals zu hören.
Am Donnerstag hatten 50 Führungskräfte öffentlich-rechtlicher Sender aus 39 Ländern einen Appell an die griechische Regierung gerichtet. ERT müsse unverzüglich wieder auf Sendung gehen, heißt es darin. Zu den Unterzeichnern gehören ZDF-Intendant Thomas Bellut und BR-Intendant Ulrich Wilhelm.
Zwischenzeitlich will die EBU einen technischen Minimalstandard für die griechischen Zuschauer aufrechterhalten. Der Sender ist über den Eutelsat-Satelliten Hotbird in Europa zu empfangen, außerdem über Satelliten in Asien und im Raum Ozeanien. Die Nachrichtensendungen von Net würden weiterhin in den ERT-Studios in Thessaloniki produziert, teilte die EBU mit. Die EU-Kommission hatte am Mittwoch erklärt, sie habe die Schließungs-Entscheidung in Griechenland nicht gefordert.
Improvisierte Sendungen sind auf Mittelwelle und Kurzwelle zu hören. Inzwischen ist offiziell die Bildung einer Kommission unter Beteiligung von ERT-Mitarbeitern im Gespräch. Sie soll für eine beschleunigte Wiederaufnahme regulärer Sendungen sorgen.
Update: Griechisches Gericht hebt Schließungs-Beschluss auf
Am Montagabend hat ein griechisches Gericht den Beschluss, ERT vorläufig zu schließen, aufgehoben. Eine einstweilige Verfügung ordnet an, dass auch bis zu einer Umstrukturierung des Staatsrundfunks ein weiterer Betrieb unter gewohntem Namen gewährleistet sein muss. Dieser Beschluss trägt vermutlich auch zum Erhalt der Koalition bei. Zuvor hatten die meisten Stationen eine Rede des Oppositionsführers übertragen.