Digitalisierung des Broadcast-Verbreitungssignals, IP-Radio, Nutzungsforschung und kommerzielle Entwicklung waren Themen, welche am französischen Radioday in Paris zu Sprache kamen.
Ein Bericht von Markus Ruoss
Im altehrwürdigen Tapis Rouge in Paris fand vom 5. bis 7. Februar 2012 die dreitägige „French Radio Only“ Veranstaltung „Le Radio“ statt. Das Veranstaltungsprinzip „Radio-Mitarbeiter können gratis rein – Aussteller und Branchen-Vortragende bezahlen – alles schlicht und einfach“ scheint ein echter Erfolg von Hauptorganisator Philip Chapot zu sein. Dank Gratiseintritt bestand das Publikum zum grossen Teil aus Mitarbeitern von Radios.
Das breit angelegte Programm von Vorträgen, Workshops, Ateliers und Ausbildung vor Ort war sehr gut besucht. Der Interaktivitäts-anteil durch Fragen und Bemerkungen aus dem Publikum war extrem hoch. Das detaillierte Programm und die Downloads der Präsentationen befinden sich auf www.le-radio.com.
Bei mehreren wichtigen Themen, welche auch den Verband Schweizer Privatradios (VSP) beschäftigen, ergaben sich interessante, zum Teil auch abweichende Standpunkte. Zum Beispiel: Bei der Verbreitungsdigitalisierung hatte man bisher keinen grossen Druck des „Public Broadcasters“ und konnte so sehr auf Verzögerungstaktik (wir wollen DVB-T für Radio, dann DVB-H, danach HD-Radio, kurz darauf DMB, und nun DAB+) machen. Diese Zeit scheint nun abzulaufen, der CSA (Conseil Superieur du Audiovisuel ) macht nun mächtig Druck für eine Umsetzung bis Ende 2012. Vorab die kleinen, unabhängigen Radios und die „Radio Associatives“ drücken nun auf die Tränendrüsen und schreien nach Alternativen bis Subventionen, nachdem sie sich noch vor einigen Jahren via SIRTI (Radio Verband der kleinen Radios) von den grossen haben „einlullen“ lassen und glaubten, DMB sei auch für sie die richtige Technologie, obwohl Alternativen wie z.B. HD-Radio möglich gewesen wären und auch z.B. in Paris erfolgreich getestet worden sind.
Bei der Nutzungsforschung (Firma Mediametrie) stellen sich, obwohl befragt statt gemessen wird, in etwa die gleichen Kritiken ein wie in der Schweiz. Vorab die kleineren und Minderheitenradios kritisieren von der Anlage der Studie über die Messung der neuen Radioformen bis zu den Kosten so ziemlich alles.
Bei der Frage Verhältnis Werbung national zu lokal, ergab sich eine heftige Auseinandersetzung in Bezug auf den Preiszerfall. Die Grossen würden die Kleinen zerdrücken, wurde moniert. Das Vorhandensein eines zu großen „Werbe-Inventars“ führe zwangsläufig bei erschwertem wirtschaftlichem und wettbewerbsbedingten Umfeld zu Preiszerfall, stellten manche Radiovertreter fest. Als einziges Rezept wurde „Disziplin in der Branche“ genannt, wobei man nicht den Eindruck hatte, dass da viele wirklich an deren Machbarkeit glauben.
Die Diskussion erinnerte jedenfalls sehr an unsere aktuellen Schweizer Verhältnisse. Beim Thema IP-Radios sind nach meiner Auffassung die Französischen Radios mehrheitlich noch wenig weit entwickelt. Bei den wenigen vorhandenen konkreten Informationen zeichnet sich aber ein ähnliches Bild ab, wie anderswo auch: die „gestrige Reichweite“ nähert sich 5% (je nach Quelle auch 8%), der Grossteil der Nutzung bezieht sich auf Simulcast bestehender Brands und die geeignete, korrekte Abbildung des Konsums in der Nutzungsforschung ist eine der Hauptfragen.