Privatradios in DACH fordern Zugang zu 5G Broadcast

Privatfunk DACH5G-Broadcast für Radio: Deutschsprachige Privatrundfunkbranche fordert Sicherung der notwendigen Frequenzen – „Multiplattform-Ansatz für Rundfunk in Europa zukunftsentscheidend“

„Der freie Empfang von Rundfunkprogrammen auf allen relevanten Empfangswegen muss langfristig sichergestellt werden!“, so die Kernaussage des gemeinsamen Positionspapiers der Vertreter des privaten Rundfunks im deutschsprachigen Raum zum Thema „5G Broadcast im Radiobereich“.

Erstmals haben sich die Privatsenderverbände aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammengeschlossen, um sich für eine zukunftssichere Multiplattformstrategie für den Rundfunk stark zu machen, die die Nutzung der 5G-Technologie für die Rundfunkverbreitung beinhaltet: „Neben der Verbreitung über analoge und digitale Terrestrik, IP, Satellit und Kabel ist die Verbreitung via 5G-Broadcast für den Rundfunk zukunftsentscheidend.“, so der Grundtenor.

Corinna Drumm (Bild: ©VÖP)
Corinna Drumm (Bild: ©VÖP)

„In einer Zeit zunehmender Desinformation werden vertrauenswürdige Informationsquellen wie der Rundfunk immer wichtiger.“, so Corinna Drumm, Geschäftsführerin des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP). „Privatsender leisten einen unverzichtbaren Beitrag zu Meinungspluralität und Medienqualität. Gerade die Covid-Krise hat dies sehr deutlich gemacht. Die Stärkung des vielfältigen und qualitätsvollen Rundfunkmarkts muss in der europäischen Medien- und Spektrumpolitik daher höchste Priorität haben.“

Olaf Hopp (Bild: ©ENERGY)
Olaf Hopp (Bild: ©ENERGY)

„Die Sender müssen die Möglichkeit haben, ihre Zielgruppen auf allen relevanten Empfangswegen zu erreichen. Neben klassischen Rundfunkempfängern werden mobile Endgeräte dabei immer wichtiger.“, verdeutlicht Olaf Hopp, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk in Deutschland (APR). „Dass sich die Privatrundfunkverbände des deutschsprachigen Raums erstmals gemeinsam zu einem medienpolitischen Thema äußern, zeigt den hohen Stellenwert dieses Anliegens.“

Jürg Bachmann
Jürg Bachmann

Die 5G-Broadcast Technologie ermöglicht es, die Vorteile von Rundfunk („one-to-many“) mit mobilem Breitband („one-to-one“) zu kombinieren. „Wenn der gleiche Inhalt in einer Funkzelle mehrmals abgerufen wird, ist es technisch und wirtschaftlich effizienter, dies über nur ein Rundfunksignal zu bedienen, anstatt mehrere Übertragungskapazitäten zu belegen.“, erläutert Jürg Bachmann, Präsident des Verbands Schweizer Privatradios. „So kann sowohl die Belastung der Mobilfunknetze reduziert, als auch die Versorgung der Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen auch auf mobilen Endgeräten verbessert werden.“

Marco Maier
Marco Maier

Die notwendigen Frequenzen für die 5G-Rundfunkübertragung im Bereich 470 – 694 MHz müssen langfristig abgesichert werden. Marco Maier Vorsitzender des Fachbereichs Radio und Audiodienste des Verbands Privater Medien in Deutschland (VAUNET) fordert: „Die verantwortlichen Institutionen und Politik in Deutschland, Österreich und der Schweiz müssen sich auf EU-Ebene und insbesondere bei der World Radio Conference 2023 dafür einsetzen, dass das Frequenzspektrum für den Rundfunk und auch für drahtlose PMSE- Geräte erhalten bleibt, um den Sendern 5G-Broadcast zu ermöglichen.“

Darüber hinaus sprechen sich die Verbände geschlossen für eine Must-Carry-Regelung für lizensierte Rundfunkprogramme bei 5G Broadcast, ähnlich wie bei Kabelnetzen aus, wonach eine Übertragungspflicht für diese bestünde. Außerdem fordern sie für die Übertragung von 5G-Broadcast eine Pflicht zur Zusammenschaltung und Interoperabilität der benötigten Rundfunk – und Mobilfunknetze unter Berücksichtigung der notwendigen vielfaltssichernden Bedingungen.


Die Zukunft des Radios liegt im Multiplattform-Ansatz

Rundfunkveranstalter benötigen Zugang zu 5G-Broadcast

Die deutschsprachige Privatrundfunkbranche setzt – im Einklang mit den europäischen Privatradioverbänden – auf eine Multiplattformstrategie für den Rundfunk: Der terrestrische Empfang von frei zugänglichem analogem und digitalem Rundfunk, ergänzt durch die Verbreitung über IP, muss langfristig sichergestellt werden, um einen vielfältigen und qualitätsvollen Rundfunkmarkt in Europa nachhaltig abzusichern. Dazu gehört die Nutzung der 5G-Technologie für die Multicast-Rundfunkverbreitung („5G-Broadcast“).

Rundfunkveranstalter leisten einen unverzichtbaren Beitrag zu Meinungspluralität und Medienqualität. Mit ihren publizistischen Leistungen tragen sie ganz entscheidend zur Absicherung demokratischer Strukturen und Prozesse bei. Im Katastrophenfall ist das Radio das erste – und oft das einzig verbleibende – Medium zur Information der Öffentlichkeit. Die Covid-19 Pandemie macht sehr deutlich, wie wichtig in Katastrophensituationen unabhängige Netze sind um die Bevölkerung zu informieren. Parteiübergreifend fordern deshalb immer mehr Parlamentarier den Erhalt von terrestrischem Rundfunk. Darüber hinaus sind Rundfunkveranstalter ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Sie schaffen und sichern tausende Arbeitsplätze. Zur Absicherung der Zukunft dieser Branche und ihrer Leistungen sind technologische Weichenstellungen erforderlich, die den mit der Digitalisierung einhergehenden, geänderten Medienkonsumgewohnheiten Rechnung tragen.

Die Rundfunkbranche setzt daher auf eine umfassende Multi-Plattform-Strategie:
Rundfunkprogramme müssen auf allen für die Rezipienten relevanten Empfangswegen verfügbar sein. Jeder Anbieter muss in der Lage sein, den für sein Angebot und seine intendierte Zielgruppe passenden Weg zu wählen. Insbesondere mobile Endgeräte (z.B. Smartphones, integrierte Systeme in PKWs, Smart Speaker usw.) sollten analoge bzw. digitale Standards für den Empfang von Rundfunkprogrammen integrieren. Perspektivische Bedeutung kommt dabei der Rundfunkübertragung auch über den neuen technischen Standard „5G-Broadcast“ zu.

Diese Stellungnahme beschäftigt sich ausschließlich mit der Bedeutung von 5G für den Rundfunk. Wenn darin zu anderen Übertragungswegen keine Aussage getroffen wird, darf das nicht als eine Relativierung von beispielsweise DAB+ oder UKW beim Radio verstanden werden.

5G-Broadcast: Wirtschaftliche und technische Effizienz aus der Kombination von „one-to-one“ und „one-to-many“. Rundfunk (Broadcast) bedeutet die Übertragung derselben Information von einem Sender an viele Empfänger (one-to-many). Mobile Breitband Verbindungen ermöglichen in der Regel bidirektionale Kontakte zwischen einem Endgerät und einem Server und die Übermittlung individueller Informationen an den Empfänger (one-to-one). 5G-Broadcast kombiniert beides und ermöglicht dadurch einen hohen Grad an Effizienz: Wenn innerhalb einer Funkzelle mehrere Anfragen für den selben Inhalt erfolgen, reicht in der Regel ein Rundfunksignal aus, um diese Anfragen zu bedienen. Innerhalb dieses Gebiets müssen somit nicht parallel mehrere Übertragungskapazitäten – womöglich sogar in mehreren Netzen – belegt werden. Diese Übertragung von Rundfunk mit 5G-Broadcast benötigt weniger Serverkapazitäten und trägt durch einen niedrigeren Strombedarf dazu bei, die CO2-Belastung der Umwelt zu verringern. 5G-Broadcast bedeutet somit technische und wirtschaftliche Effizienz, sowie eine besonders ökonomische Spektrumnutzung. Darüber hinaus wären Rundfunkprogramme über alle 5G- fähigen Endgeräte jederzeit und überall empfangbar. Besonders in Katastrophenfällen oder Notstandssituationen (in denen die Bevölkerung derzeit hauptsächlich über klassische Radioempfangsgeräte erreicht werden kann) ist dies hochrelevant. Wie bei der terrestrischen Verbreitung des Radios über UKW oder DAB+ müssen auch bei 5G-Broadcast die vielfaltssichernden Rahmenbedingungen gewahrt bleiben (z.B. „Free to Air“ Übertragung, auch ohne SIM-Karte, keine Zugangskontrolle durch Dritte / Gatekeeper, Interaktivität / Adressierbarkeit).

5G-Broadcast – Frequenzbedarf: Um die Rundfunkübertragung via 5G-Broadcast zu gewährleisten, ist die Absicherung eines (möglichst niedrigen) Frequenzbereichs notwendig, so dass große und wirtschaftlich effiziente Rundfunkzellen ermöglicht werden. Deshalb ist es wichtig, auf der Weltfunkkonferenz 2023 (WRC23) der internationalen Fernmeldeunion ITU die Frequenzkapazitäten des Rundfunks – für TV und Radio insbesondere im Bereich 470-694 MHz – auch über das Jahr 2030 hinaus mindestens bis 2050 zu sichern. Die Zuteilung dieser Frequenzen soll zur Erhaltung der Programmvielfalt nach den bewährten Grundsätzen der Rundfunkfrequenzvergabe erfolgen. Ein Auktionsverfahren ist dafür nicht geeignet, weil damit nicht zwangsläufig jener Anbieter zum Zug kommt, der Rundfunkvielfalt absichert. Ein oder mehrere Betreiber sollten die Versorgung der Fläche eines Landes mit 5G-Rundfunkdiensten übernehmen. Begleitend wäre sicherzustellen, dass alle 5G-fähigen- Endgeräte diesen Frequenzbereich mitabdecken und dass die für den Rundfunk wichtigen Rahmenbedingungen (z.B. „Free to Air“ Übertragung, auch ohne SIM-Karte, keine Zugangskontrolle durch Dritte / Gatekeeper, Interaktivität / Adressierbarkeit) für diese Netzbetreiber gelten. Auf diese Weise kann die Bevölkerung auch in Zukunft mit Information, Kultur und Unterhaltung sowie im Katastrophenfall, wie bspw. während der Covid-19 Pandemie mit Notfallinformationen zuverlässig versorgt werden und der unabhängige und demokratische Diskurs langfristig gewährleistet werden.

Vor diesem Hintergrund fordern wir als Vertreter der deutschsprachigen Rundfunkbranche:

  1. die Sicherung der Frequenzkapazitäten des Bereichs 470-694 MHz für den Rundfunk auch über das Jahr 2030 hinaus (mindestens bis 2050) und die Vergabe dieser Frequenzen im Rahmen eines auf Rundfunkvielfalt abzielenden Auswahlverfahrens (keine wettbewerbliche Auktion). Dies gilt nicht nur für die Verbreitung von Rundfunk, sondern ebenso für die Anwendung von PMSE- Funkanlagen (wie z.B. drahtlose Mikrofone oder Kameras) in diesem Frequenzbereich.
  2. die Kombination aus one-to-one und one-to-many: Dies ermöglicht optimale Effizienz und ist damit ein wichtiger Faktor für eine nachhaltige Medienpolitik. Mit der Vergabe dieses Spektrums sollten die notwendigen, vielfaltssichernden Vorgaben verknüpft sein (z.B. Free to Air, auch ohne SIM-
    Karte, keine Zugangsbeschränkung / Gatekeeping durch Dritte, obligatorische Interaktivität/Adressierbarkeit)
  3. eine Must-Carry-Regelung für lizensierte Rundfunkinhalte gegenüber dem 5G- Rundfunknetzbetreiber (ähnlich der Regelung, die bereits für Kabelnetzbetreiber gilt und die sich als effektive Vorgabe zur Sicherung der Programmvielfalt erwiesen hat).
  4. eine Pflicht zur Zusammenschaltung und gegenseitigen Interoperabilität zwischen dem 5G- Rundfunk-Universaldienstnetz und den Mobilfunknetzen, wobei bestimmte Bedingungen sichergestellt werden müssen, z.B. ex-ante-Preiskontrolle, Zugangsregulierung, keine Risiken der Netzneutralität, Integrität, gesicherte Netzbedingungen und eine sehr hohe Ausfallsicherheit (Quality of Service).
  5. eine Pflicht für Hersteller und Mobilfunknetzbetreiber das jedes in den Markt gebrachte Endgerät Funktionalitäten bieten muss (z.B. Modem/Chipset) bzw. diese freigeschaltet sein müssen, um niedrigschwelligen Zugang zu Rundfunkinhalten zu gewährleisten. Eine Deaktivierung darf nicht zulässig sein.
  6. Verankerung einer Gewährleistungspflicht im TKG für einen gleichberechtigten Zugang des Endnutzers zu Rundfunk- und Mobilfunkdiensten. Diese könnte in etwa wie folgt lauten:
    Betreibern von öffentlichen Telekommunikationsdiensten ist eine gänzliche oder teilweise Unterbindung der Nutzung von in Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen integrierten, vertragsunabhängigen Rundfunkempfangs-Funktionalitäten untersagt.

Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung des VAUNET, APR, VSP und VÖP