In die nordrhein-westfälische Radiolandschaft kommt Bewegung. Jahrzehntelang war die dortige Hörfunklandschaft überschaubar konstruiert – hier der Westdeutsche Rundfunk mit seiner landesweiten Hörfunkflotte sowie Deutschlandfunk, da die radio NRW-Angebote vor Ort mit Lokalprogrammen in 45 Regionen. Der Markt soll nun absehbar um weitere Player und Angebote erweitert werden.
Nach alarmierenden Ergebnissen aus der Studie „Zukunft des Hörfunks in Nordrhein-Westfalen 2028“ entschloss sich die Landesanstalt für Medien NRW die bislang eher verhaltene Einführung von digitalem Radio nun zügig voranzutreiben und im Idealfall noch im laufenden Jahr mit der Vergabe erster DAB+ Lizenzen an private Radiomacher zu beginnen. Am mangelndem Interesse wird es nicht scheitern. Bei einer eilig durchgeführten Bedarfsabfrage im Herbst 2018 hatten 46 Betreiber Absichtsbekundungen für einen DAB+ Sendebetrieb hinterlegt.
Auch die, wegen rechtlicher Streitigkeiten fast schon in Vergessenheit geratene, Etablierung einer zusätzlichen privaten UKW-Radiokette soll nun absehbar zur erneuten Ausschreibung kommen.
Ob durch diese neuen Alternativen das derzeitige Kräfteverhältnis der Radiowelt in NRW sofort aus den Fugen gerät, bleibt abzuwarten. Allerdings wird schon kurzfristig ein wenig frischer Wind den Hörern gut tun. Manche Formate wie etwa ein Schlagerradio fehlen derzeit komplett auf der nordrhein-westfälischen Radiolandkarte – und haben sicherlich gute Chancen sich dort zu etablieren.
Aber auch ohne den Eintritt neuer Marktteilnehmer müssen sich die heutigen Platzhirsche dringenden Zukunftsfragen stellen. In der vergangenen Woche sprach RADIOSZENE dazu mit radio NRW-Programmdirektor Thomas Rump. Heute kommt Jochen Rausch, Leiter des Bereiches Breitenprogramme beim Westdeutschen Rundfunk (in dem die Wellen 1LIVE, WDR 2 und WDR 4 zusammengefasst sind) zu Wort. Er ist außerdem stellvertretender Hörfunkdirektor des WDR.
RADIOSZENE: Herr Rausch, wie zufrieden sind Sie mit der inhaltlichen Entwicklung und den Reichweiten der von Ihnen verantworteten Programme 1LIVE, WDR 2 und WDR 4?
Jochen Rausch: Wir sind auf einem guten Weg, wir haben uns in den letzten Jahren ja neu aufgestellt, die Zahlen spiegeln das ja auch positiv wieder, insbesondere bei WDR 2. Aber es geht weiter, wir schrauben jeden Tag an unseren Programmen, jetzt gerade haben wir bei WDR 4 die Nachrichten aus der Region verstärkt, bei 1LIVE wurde die gesamte Organisation mitsamt der Frühsendung umgekrempelt. Für mich ist Radiomachen – und das gilt für jedes andere Medium auch – ein Prozess, der nie aufhört. Und viel mehr noch als in der analogen Welt ist jetzt alles in Bewegung, die Medien generell, das Radio natürlich auch, unsere private Kommunikation. Man sollte sich nicht zu lange mit dem Blick in den Rückspiegel aufhalten, das lenkt nur davon ab, nach vorne zu sehen.
„Was die Ausrichtung von Medienangeboten nach Altersgruppen angeht, sollte man nicht vergessen, dass jeder Mensch eine sehr subjektive Vorstellung davon hat, ob er alt oder jung ist“
RADIOSZENE: 1LIVE steht – vor dem Hintergrund der sich rasch wandelnden Nutzungsgewohnheiten junger Menschen und der aktuellen Erfolgsgeschichte von Spotify & Co. – vor großen Herausforderungen. Wo setzen Sie bei der weiteren Entwicklung des Programms die Hebel an?
Jochen Rausch: Die jungen Radios in Deutschland konkurrieren gar nicht so sehr mit anderen jungen Radios, sie konkurrieren – viel stärker als erwachsene Medien – mit Sozialen Netzwerken, Streamingdiensten, Gaming oder Whatsapp, also mit allem, was ein junges Publikum davon abhält, Radio zu hören. Bei 1LIVE haben wir schon sehr früh umgedacht, eigentlich schon seit der Jahrtausendwende und haben gesagt, wir sind nicht nur Radio, wir sind jetzt eine Medienmarke. Das heißt, wir gehen inhaltlich und technologisch jede für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gangbare Entwicklung mit, unsere Inhalte zu verbreiten. Dem WDR ist vor allem daran gelegen, auch weiterhin einen starken Draht zum jüngeren Publikum zu erhalten, egal ob man das Radio, Podcast, Video, Sprachnachricht oder Fernsehen nennt. Und auf diesem Weg gehen wir weiter.
RADIOSZENE: Zuletzt kam Kritik auf, dass junge Wellen wie 1LIVE die eigentliche Zielgruppe nicht mehr anspreche. In der Tat hat das Programm ein Hörerdurchschnittsalter von über 36 Jahren. Muss 1LIVE also folgerichtig verjüngt werden?
Jochen Rausch: Ich weiß nicht, wo diese Kritik aufkam. Beim WDR jedenfalls nicht. Und es trifft auch nicht zu, wenn man nicht nur auf die klassische Radioquote guckt, sondern alle Kontakte mit einbezieht, die 1LIVE im Netz realisiert. Selbstverständlich versuchen wir auch weiterhin, den Jüngeren interessante Inhalte und Musik anzubieten, die neu und maßgeblich ist. 1LIVE erreicht jeden Tag in NRW ungefähr jeden zweiten Menschen zwischen 14 und 29 Jahren. Das ist ein toller Wert. Was die Ausrichtung von Medienangeboten nach Altersgruppen angeht, sollte man nicht vergessen, dass jeder Mensch eine sehr subjektive Vorstellung davon hat, ob er alt oder jung ist. Radio ist Emotion, bei den 1LIVE-Hardcore-Hörern kann man auch von Liebe sprechen. Darauf sind wir stolz, das haben wir uns über die Jahre sehr hart erarbeitet.
RADIOSZENE: Die junge – über DAB+ ausgestrahlte – Alternative 1LIVE DIGGI wird im Tagesverlauf nur teilweise moderiert. Ist hier ein Ausbau geplant?
Jochen Rausch: Wir sind mit 1LIVE-DIGGI recht zufrieden, allerdings schöpfen wir hier längst noch nicht alle Möglichkeiten aus. Das soll sich ändern, wir denken gerade intensiv über neue Angebote nach und dabei ist 1LIVE DIGGI eine wichtige Option.
RADIOSZENE: Ihr Flaggschiff WDR 2 hat sich zuletzt prächtig entwickelt. Wie viel zusätzliches Hörerpotential trauen Sie der Welle noch zu?
Jochen Rausch: Ich traue WDR 2 vor allem zu, im Massenradiomarkt eine publizistisch bedeutsame Radiowelle zu sein. An der positiven Entwicklung von Wortprogrammen wie WDR 5 oder dem Deutschlandradio ist ja erkennbar, dass gerade in Zeiten wie diesen, die politisch und gesellschaftlich durch starke Veränderungen und Verwerfungen geprägt sind, ein verstärktes Interesse an seriöser Information und Hintergrund besteht. Es geht auch darum, wie ein Seismograph Veränderungen in unserer Gesellschaft aufzunehmen und in Programme einfließen zu lassen. Das ist eines der Optimierungsziele für WDR 2, wir wollen, dass unser Publikum ungeschminkt erfährt, was sich in der Welt, in Deutschland, in NRW bewegt.
RADIOSZENE: Inhaltlich hat sich WDR 2 in den letzten Jahren bei Musik und Inhalten zu einer modernen Welle entwickelt. Über welche besonderen Charakteristika unterscheiden sich Musik und Programminhalte vom wichtigsten Mitbewerber Radio NRW?
Jochen Rausch: In NRW hat die Medien-Politik zwischen dem Privatradio und dem öffentlich-rechtlichen WDR eine klare Aufgabenverteilung vorgegeben: Die Privaten machen Lokalfunk, der WDR macht landesweite Programme. Darin liegt der wesentliche Unterschied: So tief, wie ein Lokalsender in die lokale Berichterstattung einsteigen kann, können wir nicht gehen. Dafür liegen unsere Stärken im Regionalen, im Nationalen und Internationalen, aber auch in der Fachkompetenz bei Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft und der Unterhaltung, gepaart mit einer journalistischen Qualität, die das Publikum von einem beitragsfinanzierten Rundfunk erwarten darf.
„Ich bin davon überzeugt, dass gerade in Zeiten anonymer Musikstreams Sendungen eine Chance haben, die von Menschen präsentiert werden, die wirklich etwas von Musik verstehen“
RADIOSZENE: WDR 4 hat mit seinem Oldieformat zumindest bei der Tagesreichweite zuletzt wieder Hörer verloren. Leidet das Programm unter dem Erfolg von WDR 2?
Jochen Rausch: In jedem Radiomarkt gibt es Wanderungsbewegungen zwischen den Programmen. Diese nehmen seit einiger Zeit zu, aber nicht nur in NRW. Das hat auch mit veränderten Hörgewohnheiten zu tun, zum Beispiel hören Menschen verstärkt über Smartphones. Ich habe nichts dagegen, wenn sich Hörer morgens bei WDR 5 in einem reinen Wortprogramm intensiv über das Weltgeschehen informieren und dann zur Entspannung zu einer leichteren, regional geprägten und musikalisch harmonischen Welle wie WDR 4 wechseln. Das ist doch für den WDR eine positive Entwicklung, wenn unser Publikum die gesamte Bandbreite unserer Angebote wahrnimmt und nicht nur einen einzigen Sender kennt.
RADIOSZENE: Mit welchem Erfolg entwickelt sich auf WDR 4 die in 2017 überarbeitete Abendschiene mit seinen neuen Musikshows, in deren Rahmen unter anderem Wolfgang Niedecken und Purple Schulz als Moderatoren verpflichtet wurden?
Jochen Rausch: Ich bin davon überzeugt, dass gerade in Zeiten anonymer Musikstreams Sendungen eine Chance haben, die von Menschen präsentiert werden, die wirklich etwas von Musik verstehen. Da sind Wolfgang Niedecken und Purple Schulz natürlich zwei Aushängeschilder. Wir wollen das gerne weiter ausbauen, das Radio der Zukunft lebt vor allem von Persönlichkeiten und Authentizität, aber natürlich auch von der inhaltlichen Kompetenz.
RADIOSZENE: Wie sehr vermissen Sie eine Schlagerwelle? Diese wurde dem WDR als digitales Angebot per Gesetz verwehrt. Ihre ARD-Kollegen in Bayern, Nord- und Mitteldeutschland haben hier ja inzwischen durchaus erfolgreich DAB+ Schlagerwellen auf den Weg gebracht…
Jochen Rausch: Wir bedauern sehr, dass wir als WDR in NRW den Schlagerfans kein durchgängiges Programmangebot machen können. Ob sich dies in der Zukunft ändert, kann ich derzeit nicht abschätzen. Fest steht, dass Schlagermusik eine besondere Funktion hat: Die Fans wissen sehr wohl, dass Schlager eine oft heile Welt suggerieren, dass Schlager übertreiben und überspitzen und ironisieren, aber gerade deshalb auch Spaß und Freude machen. Es ist wirklich schade, dass der WDR hier momentan kein zufriedenstellendes Angebot machen kann, zumal wir im WDR dafür eine hohe Sachkompetenz haben.
RADIOSZENE: Spätestens seit Einbeziehung der Online-Nutzung in die ma Audio ist die Web-Verbreitung der Programme von immenser Bedeutung. Wie zufrieden sind Sie mit den Zugriffszahlen Ihrer Programmangebote im Netz beziehungsweise via App?
Jochen Rausch: In der Zukunft wird man die Akzeptanz eh über alle Medien messen. Damit meine ich nicht nur die reine Radionutzung, sondern auch Inhalte, die über das klassische Radio hinausgehen. Wir haben jetzt schon mit 1LIVE im Netz so viele Kontakte, die andere Radiosender nicht mal per UKW erzielen. Wir wollen deshalb vor allem für 1LIVE künftig auch die Nutzung im Netz kommunizieren, also eine Art Gesamt-Medienquote. Es ist in der digitalen Welt nicht mehr zeitgemäß, einen 1LIVE-Nutzer danach zu unterscheiden, ob er analoges Radio hört, sich im Netz ein Video von 1LIVE anschaut oder einen Podcast hört.
„Es geht ja bei dem Erhalt einer Marke nicht um den Verbreitungsweg, sondern darum, sich generell als Medienmarke zu behaupten, ganz gleich, über welchen Verbreitungsweg wir das Publikum erreichen“
RADIOSZENE: Der Wettbewerb im Radio in Nordrhein-Westfalen wird sich absehbar verschärfen. Im Raum steht der Start einer weiteren UKW-Kette und möglicherweise werden auch bald die ersten privaten DAB+ Programme mit neuen Angebotsvarianten auf Sendung gehen. Zudem bauen einzelne Lokalradios ihre Webaktivitäten wie deinFM in Ostwestfalen sehr intensiv aus. Szenarien, auf die der WDR vorbereitet ist?
Jochen Rausch: Wenn es dazu kommen sollte, werden wir uns damit befassen. Allerdings muss man sehen, dass bei den Jungen das Interesse an klassischem Radio rückläufig ist – alle jungen Sender in ganz Europa verlieren an der Zeit, die die Hörer dem Radio geben. Deshalb investieren wir in neue digitale Angebote, Podcast, Video und was sonst noch möglich ist. Es geht ja bei dem Erhalt einer Marke nicht um den Verbreitungsweg, sondern darum, sich generell als Medienmarke zu behaupten, ganz gleich, über welchen Verbreitungsweg wir das Publikum erreichen.
RADIOSZENE: Nahezu alle privaten Mitbewerber rüsten konsequent auf bei der Zahl ihrer Musiksparten-Kanäle im Netz, RTL Radio experimentiert mit personalisierten Musikangeboten. Dem haben Sie – der gesetzlichen Beschränkungen wegen – derzeit wenig entgegen zu setzen. Reichen Ihre Mittel aus, die Nachteile auszugleichen?
Jochen Rausch: Ja, da müssten wir alle nachlegen. Ob sehr spitz aufgestellte Spartensender ein lukratives Betätigungsfeld für das Radio sein können oder eben nur Nischenprodukte sein werden, lässt sich schwer einschätzen. Ich bin da eher skeptisch: Wenn man sich auch in der Nische vom Streaming unterscheiden will, muss man Menschen ans Mikrofon lassen, muss man Hörer informieren, überraschen, unterhalten, authentisch sein. Sehr aufwändig und in der Nische eigentlich kaum zu finanzieren.
RADIOSZENE: Durch die gewachsene zeitsouveräne Nutzung des linearen Hörfunks kommen den Mediatheken und Podcasts eine immer wichtigere Bedeutung zu. Ist diese Entwicklung bereits nachhaltig spürbar und was setzt der WDR dem entgegen?
Jochen Rausch: Wir haben gerade bei 1LIVE auch ein Podcast-Festival veranstaltet, mit vollen Sälen und einem begeisterten, oft sehr jungen Publikum. Es hat großen Spaß gemacht, zu sehen, dass junge Menschen sich sehr für das gesprochene Wort interessieren. Sonst gäbe es ja auch nicht so viele erfolgreiche Youtuber, die ja häufig Talking-Heads sind. Aber es ist eine andere Form von Wort, es wird improvisiert, da dürfen auch mal Fehler gemacht werden, da wird gelacht und dazwischen gerufen, das ist kein klassisches Radiowortprogramm, wo ausgefeilte Manuskripte geschrieben und redigiert und komponiert und gesendet werden. Wir müssen dieser Entwicklung gar nichts entgegensetzen, sondern wir treiben diese Entwicklung voran: was man derzeit unter Podcast subsumiert, ist ja nur eine neue Form von Wortradio, von Talk, Comedy, Diskussion, Dialog, all das, was wir schon seit Jahrzehnten bei 1LIVE machen. Das stachelt unseren Ehrgeiz an, hier mit erfolgreichen Formaten mitzumischen.
RADIOSZENE: Lange sah es danach aus, dass dem Radio sein Privileg als „Musikentdecker“ für die Hörer abhanden gekommen sei. Zumindest behauptete dies die Musikwirtschaft. Mit der heute offensichtlichen Bedeutungslosigkeit des Musikfernsehens, des vermehrten Ablebens der Musikfachpresse sowie einer in diesem Bereich eher unübersichtlichen Online-Landschaft, müsste sich doch (zumindest das öffentlich-rechtliche) Radio wieder auf die hier möglichen Stärken besinnen. Eine sicher einmalige Chance. Was tut der WDR um seine Musik-redaktionellen Inhalte zu schärfen oder gar auszubauen?
Jochen Rausch: Speziell 1LIVE war nie dem Vorwurf ausgesetzt, wir seien keine Musikentdecker. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass wir mit der 1LIVE-Krone inzwischen den einzigen noch relevanten Preis für die deutsche Popszene veranstalten. Vom ersten Sendetag an bis heute mischen wir konsequent unter die erfolgreiche kommerzielle Musik, die natürlich auch bei anderen Sendern läuft, neue, frische, innovative Musik. Hier mit einem besonderen Akzent auf deutsche Künstler. Bei aller Bescheidenheit haben wir mit dem WDR und 1LIVE mehr für die deutsche Popkultur getan als das etwa eine Deutsch-Quote jemals vermocht hätte, die ja auch mal im Raum stand. Als wir mit diesem Konzept, massiv deutsche Künstler zu fördern, Mitte der 90er Jahre angefangen haben, wurden wir von vielen belächelt und danach von genauso vielen kopiert.
„Bei aller Bescheidenheit haben wir mit dem WDR und 1LIVE mehr für die deutsche Popkultur getan als das etwa eine Deutsch-Quote jemals vermocht hätte, die ja auch mal im Raum stand“
RADIOSZENE: Radioberater haben zuletzt eine Rückentdeckung des Wortes angemahnt. So habe Radio vor dem Hintergrund von Streaming und intelligenter Servicedienste bei den Hörern inzwischen seine alternativlose Bedeutung für die Hörer bei Musik oder Service verloren. Gepunktet werden können nur noch beim gesprochenen Wort wie „dem Erzählen von Geschichten, die die Fantasie der Hörer anrege“. Das hieße im Umkehrschluss für Sie: Heruntergewichten von Musik, Verkehrsfunk und ähnlichen Diensten – vielleicht sogar der Nachrichten. Und – die verstärkte Bündelung aller Ressourcen auf das „Geschichtenerzählen“. Was halten Sie von diesem Vorschlag, ist dies die Rettung des Radios?
Jochen Rausch: Da wir bei 1LIVE und WDR 2 immer schon das Wort mindestens genauso wichtig genommen haben wie die Musik, vermute ich, dass solche Ratschläge an andere Programme adressiert sind als an die des WDR. Ich stelle mir Radio immer schon als eine ideale Symbiose aus Wort und Musik vor. Radio lebt von den Menschen, die es präsentieren, die es produzieren, die es hören. Das Konzept der großen Popradios, Musik mit kurzen, aber möglichst aktuellen, interessanten und unterhaltenden Wortelementen zu verbinden, ist von Millionen Menschen gelernt wie fernsehen und hat sicher auch in der Zukunft eine gute Überlebenschance, selbst wenn der digitale Wandel die Welt schneller verändert, als wir uns das derzeit vorstellen können und wollen. Sollte das jüngere Publikum von audiophonen Angeboten etwas anderes erwarten als den Mix aus Wort und Musik, beispielsweise ein reines 1LIVE-Wortprogramm, dann liegt die Zukunft des Radios eben darin. Sollte es je dazu kommen, haben wir jetzt schon das Know-how, dabei ganz vorne mitzuspielen. Ich empfehle einen Blick in die Audiothek der ARD – es ist wunderbar, welch breites Spektrum die öffentlich-rechtlichen Radios dort anbieten.