Welche Zukunft hat der Privatfunk? Die Frage hat viele Facetten und geht der gesellschaftlichen Funktion des privaten Rundfunks nach, seiner ökonomischen und technologischen Grundlage sowie den Chancen im Wettbewerb zu den Rundfunkanstalten, anderer Mediengattungen sowie insbesondere Online-Angeboten. Die Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR) und ihre Mitglieder beschäftigen sich intensiv mit diesen Themen. Daher hat der Verband, der rund 260 Unternehmen der privaten elektronischen Medien vertritt, eine Website www.zukunft-privatfunk.de gelauncht. Hier sollen in loser Folge Experten ihre Sicht darlegen.
Tabea Rößner MdB, Sprecherin für Netzpolitik und Verbraucherschutz Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erinnert an den Umbruch der Digitalisierung. Die tradierte Ausdifferenzierung der Regulierung für einzelne Mediengattungen verliere zunehmend an Bedeutung. Auch der private Rundfunk spüre den Druck, wenn sich Werbung ins Internet verlagert. Angesichts des erreichten Standes der Konvergenz der Medien stellt Rößner die Differenzierung der Regulierung linearer und nicht-lineare Dienste infrage, die Suggestivkraft audiovisueller Beiträge hänge nicht hiervon ab. Ökonomisch betrachtet führe die stärkere Regulierung linearer Dienste zu einer Belastung der Anbieter, die ohnehin stark unter Druck stehen. Die Politikerin verweist auf die Verantwortung der Plattformen im Meinungsbildungsprozess. Auch die algorithmische Aufbereitung von Medieninhalten wirke sich erheblich aus. Rößner fordert einen tragfä- higen Regulierungsrahmen für alle Medienanbieter, um das für eine freie Meinungsbildung wesentliche verfassungsrechtliche Vielfaltsziel zu erreichen. Die Bedingungen für einen faktenbasierten und die Persönlichkeitsrechte wahrenden Diskus seien zu sichern.
Dr. Florian Drücke, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI) analysiert die Zahlen zu Musikkonsum und geht dabei der Frage nach, wo „das Radio“ stehe. Trotz hoher Wachstumsraten für das Audio-Streaming bleibe die Reichweite des Radios stabil. International habe der Radiokonsum in Deutschland eine Spitzenstellung. Musik werde in erster Linie über terrestrische oder gestreamte Radioprogramme gehört (45 Prozent), danach und mit deutlichem Abstand kommen gekaufte Tonträger (17 Prozent), gefolgt von YouTube (12,1 Prozent), bezahlten Abos von Audio-Streaming-Diensten (11,9 Prozent) und abgeschlagen werbefinanzierte Streamings-Angebote (4,6 Prozent). Trotzdem dürfe nicht vergessen werden, dass lineares Audio gerade bei Jüngeren an Bedeutung verliere. Eine Überlegung für Radiomacher könnte Drücke zufolge sein, sich gerade bei dieser Zielgruppe stärker als Quelle und Partner für lokale und regionale Inhalte und Themen zu profilieren. Er meint damit auch Musikangebote. Die Berücksichtigung auch deutschsprachigen Repertoires sei sinnvoller, als mit Streaming-Diensten zu wetteifern, die internationales Repertoire in einem globalen Wettbewerb bieten.
Die APR will auf der neuen Website in loser Folge vor allem externe Stellungnahmen einholen. „Der Blick von außen auf unsere Branche ist uns wichtig, denn Konzepte für die Zukunft brauchen Anregungen von außen“, so APR-Vorsitzender Felix Kovac.
Quelle: APR-Pressemeldung