„Objektbasierte Medien“ hört sich sehr technisch an. Aber vor kurzem bin ich auf eine Forschung- und Entwicklungs-Website der BBC gestoßen, die erklärt, was es damit auf sich hat. Dabei habe ich festgestellt, wie viel Potenzial in dieser Idee steckt (und wie viel dies für die Zukunft des Radios bedeuten könnte).
Aber was sind objektbasierte Medien eigentlich?
Wenn man eine Radiosendung aufzeichnet, nimmt man in der Regel nur das auf, was letztendlich aus dem Mischpult herauskommt: eben eine Stereoaufnahme von dem, was man da zusammengestellt hat. So weit, so gut. Diese Aufnahme wird dann später im Radio abgespielt und alle sind zufrieden.
Aber könnte man nicht außer dem Mischpult-Output noch etwas mehr aufzeichnen?
Wie wäre es, wenn man jede Audioquelle von jedem einzelnen Kanal auf dem Mischpult aufnimmt, und dazu auch noch die Position jedes einzelnen Schieberegler auf dem Mischpult in Echtzeit erfasst?
Und das alles mit dem richtigen Equipment, mit dem man später die gesamte Sendung komplett neu erfinden könnte, wenn man wollte. Weil die Aufnahme wirklich alles enthält, also jedes „Objekt“, hat man wesentlich mehr Möglichkeiten.
Man kann beispielsweise Anpassungen je nach Bedarf des Zielpublikums vornehmen. Zum Beispiel die Musikbetten entfernen, um die Beiträge besser hören zu können, oder sämtliche aktuellen Hits herausschmeißen und durch 80er ersetzen (wobei der Moderator immer noch einen fließenden Ramptalk hinlegt, einschließlich des Auf- und Abbewegens der Regler).
Man kann ein gutes Interview extrahieren und dabei die Musikbetten links liegen lassen, damit man es z. B. als O-Ton in den Nachrichten oder in Podcasts verwenden kann.
Man kann auch das ein oder andere perfektionieren: ein übersteuerter Regler hier, dort vielleicht ein Korrespondent, dem man zu früh das Wort abgeschnitten hat, oder eine bessere Regelung der Lautstärke eines begeisterten Anrufers.
Es geht auch auf die radikale Tour: durch objektbasierte Medien könnte man leicht eine dreistündige Sendung zu einer zweistündigen Wiederholung zusammenstauchen.
Mit den richtigen Zusatzinformationen eines Produzenten (in Form von Metadaten) könnte man solche unterschiedlichen Längen sogar automatisch schaffen. Vielleicht eine Version, die von der Länge her genau richtig ist, dass der Hörer sie auf dem Weg zur Arbeit hören kann. Man könnte zum Beispiel die Musik weglassen.
Objektbasierte Medien sind eine brillante Idee, die von Ingenieuren stammt, die sich mit den Produktionsverfahren beim Radio auseinandergesetzt haben. Übrigens: Im Fernsehen funktioniert das genauso gut.
Die BBC hat auf dieser Website erklärt, was man in dieser Hinsicht vorhat. Anschauen lohnt sich.
Der Radio-Futurologe James Cridland spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Er betreibt den Medieninformationsdienst media.info und hilft bei der Organisation der jährlichen Next Radio conference in Großbritannien. Er veröffentlicht auch podnews.net mit Kurznews aus der Podcast-Welt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.crid.land.