„SWR3 Land ist offen und lässt uns machen. Das ist geil“

Bemerkenswerter Personalwechsel innerhalb der Morningshow bei SWR3: Anfang 2024 übergaben Michael Wirbitzky und Sascha Zeus den Wecker an ihre jungen Nachfolger Rebekka de Buhr und Constantin Zöller. Die kongenialen Moderatoren galten für die südwestdeutsche Infotainmentwelle am Morgen über rund 25 Jahre als absolute Erfolgsgaranten. 2011 erhielten Zeus und Wirbitzky für die Gestaltung der Sendung mit ihrem ganz eigenen Humor den „Deutschen Radiopreis“ in der Rubrik „Beste Morgensendung“. Nach langen Jahren des frühen Aufstehens sind die beiden seit Jahresbeginn im SWR3-Programm nun ab 16 Uhr in der Feierabendsendung „Move“ zu hören.

Michael Wirbitzky und Sascha Zeus (Bild: ©Anne Bauer/SWR3)
Michael Wirbitzky und Sascha Zeus (Bild: ©Anne Bauer/SWR3)

Die „SWR3 Morningshow“ wird von de Buhr und Zöller im 14-tägigen Wechsel mit Kemal Goga und Anneta Politi moderiert. 

Im Interview mit RADIOSZENE-Mitarbeiter Michael Schmich bilanzieren Rebekka de Buhr und Constantin Zöller ihre ersten 100 Tage im Team der SWR3-Morningshow.


RADIOSZENE: Über welche Wege sind Sie zum Radio gekommen?

Rebekka de Buhr: Während meiner Semesterferien habe ich im SWR Studio in Tübingen für ein paar Wochen im „Aktuellen Hörfunk“ als Reporterin hospitiert, das war mein erster „eigener“ Radio-Eindruck. Etwa ein Jahr später konnte ich dort als freie Mitarbeiterin weitermachen. So hat alles angefangen.

Constantin Zöller: Durch eine Fast-Food-Kette. Eine findige Agentur hatte sich das Konzept überlegt: zwei Stunden „All you can eat and drink“ und dazu eine Live-Radiosendung aus dem Burgerladen – nachts! Fast nicht absurd also (lacht). Mein alter Chef hatte mir nach meinem Radio-Praktikum die Moderation angeboten – so ging’s los. Ich war grottenschlecht.

Rebekka de Buhr und Constantin Zöller (Bild: © SWR/Niko Neithardt)
Rebekka de Buhr und Constantin Zöller (Bild: © SWR/Niko Neithardt)

RADIOSZENE: Im Januar 2024 haben Sie die SWR3 Morningshow übernommen. Wie fällt das erste Fazit aus? Wo liegen – abgesehen von der gewöhnungsbedürftigen Arbeitszeit – die größten Unterschiede zu den Moderationsstrecken im Tagesprogramm?

Constantin Zöller: Die Taktung: Schalte hier, Leitung dort, Anruf jetzt. Das finden wir super so – wir brauchen die Action! Außerdem bleiben wir so besser wach und die fünf Stunden fühlen sich nur an wie vier Stunden und 57 Minuten (lacht).

 

„Schalte hier, Leitung dort, Anruf jetzt – das finden wir super so“
(Constantin Zöller)

 

RADIOSZENE: Wie sehr wurden Sie von den Hörern willkommen geheißen?

Rebekka de Buhr: Nach unserem Eindruck sehr warm und wohlwollend. In den ersten Wochen haben uns viele Nachrichten auf den verschiedensten Wegen erreicht, die uns angefeuert haben. Teilweise haben Leute geschrieben, dass sie sehr gespannt sind, was passieren wird – noch mehr ein „Ihr macht das schon“ und die meisten haben uns einfach nur Glück und gutes Gelingen gewünscht. Das hat uns riesig gefreut.

Constantin Zöller: SWR3 Land ist offen und lässt uns machen. Das ist geil.

RADIOSZENE: Mit fünf Stunden hochkonzentrierter Programmarbeit ist die Morningshow eine schon sehr ambitionierte Aufgabe. Entdecken Sie nach der Arbeit im Spiegel zu Hause gelegentliche Ringe um die Augenränder?

Constantin Zöller: Klar! Wir kennen jetzt alle verschiedenen blässlichen Töne unserer Haut (lacht). Wir hatten auch nicht geahnt, dass man erst so richtig müde aussieht, wenn man nach der Sendewoche mal 12 Stunden durchgeschlafen hat.

Rebekka de Buhr: 5 Uhr ist tatsächlich wider Erwarten gar nicht die größte Herausforderung – da strahlen wir uns morgens gegenseitig regelrecht an. 15 Uhr zu Hause wirds kritisch … (lacht). Da kickt der Rhythmus richtig.

RADIOSZENE: Michael Wirbitzky und Sascha Zeus haben den SWR3-Morgen jahrzehntelang geprägt. Sie treten somit in große Fußstapfen. Ihre Vorgänger hatten innerhalb der Show ihre Rollen und Aufgaben. Wie sieht die Rollenverteilung bei Ihnen aus?

Constantin Zöller: Rebekka macht alles und ich mache gelegentlich Quatsch.

Rebekka de Buhr: Er ist pure Anarchie. Aber dafür mag ich ihn (lacht). Aber ja: Da ich aus dem aktuellen Bereich und Nachrichten komme, übernehme ich eher diesen Part. Und wundervollerweise ergänzen wir uns auch in unseren Interessen ganz gut: ich mag Sport-Themen oder Filme und Serien, Consi ist dafür mein Musik-Lexikon.

Constantin Zöller: Nur Tipps zur Geldanlage können wir beide nicht geben.

Constantin Zöller (Bild: SWR3)
Constantin Zöller (Bild: SWR3)

RADIOSZENE: Wie groß ist das Team hinter der SWR3 Morningshow?

Rebekka de Buhr: Irgendwie sind bei uns ja alle Teil von allem. Wir sind einfach ein tolles SWR3-Team, das spürt man überall und das ist – mit den Hörern – das, was diesen Rückhalt gibt. Und diesen Team-Spirit spüren wir auch morgens …

Constantin Zöller: Da sind wir zu sechst für die Show: unsere Wetterfrau, unser Verkehrs-Anchor, ein Kollege aus dem Sounddesign, ein wechselnder Morningshow-Producer und wir. Dazu natürlich die Kollegen aus den Nachrichten und der Technik. Tagsüber haben außerdem zwei Kollegen den Blick auf die nächsten Shows.

RADIOSZENE: Bringen Sie auch eigene, neue Facetten in die Sendung ein?

Constantin Zöller: Nein (lacht). Zuletzt haben wir den ein oder anderen kantigen Interviewpartner in die Show geholt. Claus Weselsky, einen ehemaligen Klimakleber oder Heidi Klum.

Rebekka de Buhr: Worin wir uns beide wirklich ähnlich und einig sind: Wir sind neugierig und interessieren uns sehr für Menschen. Das heißt, wir wollen verstehen, was Menschen bewegt und versuchen immer auch hinter die Fassade zu blicken. Neue Blickwinkel, Perspektivwechsel, das ist so unser Ding …

Constantin Zöller: Dafür nehmen wir uns gerne Zeit in der Show und da fällt die Stoppuhr beim Senden auch gerne mal aus.

RADIOSZENE: Wie viele Freiheiten überlässt Ihnen der Sender bei der Gestaltung der Inhalte? Wie stark sind Sie beispielsweise durch die Programmuhr beeinflusst?

Constantin Zöller: Bisher gab es kaum Beschwerden (lacht). Wenn ein Inhalt Zeit braucht, nehmen wir uns die Zeit. Trotzdem halten wir am SWR3-Geist fest und stehlen den Hörern keine Zeit.

Rebekka de Buhr: Dazu muss man auch sagen: Wir lieben das Unerwartbare, das Lebendige und lassen uns ungern in Muster zwängen. Da trifft es sich gut, dass man uns „mal machen lässt“.

 

„Wir sind absolut keine Fans von Jammern“
(Constantin Zöller)

 

RADIOSZENE: Gerade über die Ausrichtung der Nachrichten und um redaktionelle Themen im Radio wurde zuletzt allgemein viel diskutiert. Die Menschen seien beispielsweise überdrüssig der Bad News oder junge Menschen nutzen eher die sozialen Medien zur Deckung ihres Newsbedarfs als das Radio. Wie halten Sie hier bei Sendeinhalten und Moderation dagegen?

Rebekka de Buhr: In erster Linie bilden wir weiter ab, was Relevantes in der Welt und vor allem in SWR3 Land passiert – nach journalistischen Standards. Worauf wir dabei aber immer schon geachtet haben, ist, dass wir dabei „nach vorne“ blicken. Dass wir nicht lamentieren, sondern gemeinsam, auch mit Hörern, überlegen: Was können wir jetzt tun und was bringt uns wirklich weiter.

Rebekka de Buhr (Bild: © SWR)
Rebekka de Buhr (Bild: © SWR)

Constantin Zöller: Wir sind absolut keine Fans von Jammern. Themen, über die man sich einfach nur aufregt, langweilen uns. Eine gewisse Leichtigkeit gehört dazu.

RADIOSZENE: Comedy war eine Kernkompetenz Ihrer Vorgänger. Eine Gabe, die sich Zeus und Wirbitzky über lange Jahre erarbeitet haben. Wie viel Platz und welche Formate räumen Sie dem Humor während Ihrer Sendezeit ein?

Constantin Zöller: Ich glaube, dass Humor von vielen leichter verstanden wird, in dem Moment, in dem er in ein Format gebettet ist. Ich persönlich finde es cooler, wenn jederzeit alles passieren kann. Freiheit ist mein Ding.

Rebekka de Buhr: In der Show, glaube ich, hilft uns auch, dass wir sehr positive Menschen sind – wir lachen viel und schmunzeln über so einiges, was uns begegnet. Wir sind also von Natur aus Anti-Miesmacher.

RADIOSZENE: Ihre Glücksmomente und Horrorvorstellungen während einer Livesendung … ?

Constantin Zöller: Die Horrorvorstellungen anderer sind meine Glücksmomente, glaube ich (lacht). Da passiert doch mal was.

Rebekka de Buhr: Ich liebe Live-Momente mit Hörern oder auch Reportern! Als wir zum Beispiel im Schneechaos mit Hörern geredet haben, die schon Stunden im Stau standen oder live zu einem Helfer „in den Schneepflug“ geschaltet haben. Wenn alles passieren kann und es einfach lebt – das ist Radio.