NRW: DAB+ Testsendungen in der Eifel

Milling Broadcast Services plant DAB+ Testausstrahlungen im nordrheinwestfälischem Teil der Eifel

Drohnenfoto vom Senderstandort Kall-Krekel
Drohnenfoto vom Senderstandort Kall-Krekel

Die Eifel besticht durch schöne Landschaften und dem Nationalpark einerseits, andererseits durch langsames Internet und viele Funklöcher – sowohl beim Handyempfang als auch bei der Rundfunkversorgung. Dabei buhlen sowohl auf rheinlandpfälzischer, belgischer und nordrheinwestfälischer Seite der Eifel regionale und lokale Radios um die Gunst der Hörer – und versinken oft im analogen Äther-Rauschen – geschuldet durch die Topografie. Neue UKW- Frequenzen im Grenzgebiet zu koordinieren ist fast aussichtlos, Radioempfang über das Smartphone scheidet oft aus: „Wenn im Display statt ‚LTE‘ wieder ‚E‘ steht, weiß man, jetzt wird’s wieder schleppend langsam mit dem mobilen Internetzugang. Offenbar steht das ‚E‘ nicht nur für ‚Edge’, sondern auch für ‚Eifel‘“, so Christian Milling von Milling Broadcast Services. Darum haben er und seine Kollegen sich dazu entschieden, einen Sender im modernen Digitalradiostandard DAB+ in der Eifel zu errichten. DAB+ verspricht klaren Klang dort, wo UKW zischelt und kracht, was insbesondere in Tallagen durch viele Reflektionen hervorgerufen wird.

Sendeantenne fuer Kanal 10D
Sendeantenne fuer Kanal 10D

Allerdings standen bisher den Vorteilen von DAB+ auch massive Nachteile für die Programmanbieter im Wege: Gerade in strukturschwachen Regionen gibt im Vergleich zu Großstädten und Ballungsräumern wenig potentielle Hörer bei hohen Errichtungskosten einer DAB+ Sendeanlage – zusätzlich zu den Betriebskosten, die die laufenden UKW-Frequenzen verursachen, eine Refinanzierung ist oft schwierig.

Christian Milling vor dem DAB+ Sender
Christian Milling vor dem DAB+ Sender

„Bereits im UKW-Bereich haben wir zahlreiche Lokalradios im Saarland, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz auf alternative UKW-Senderstandorte, wie Hochhäuser umgezogen und den Kostendruck auf die Programmanbieter durch Standort- und Antennenmiete so erheblich reduziert“, so Milling weiter. „Jetzt wollen wir auch im Bereich DAB+ zu den teuren, klassischen Verbreitungskonzepten Alternativen erproben, die das Thema Digitalradio auch für kleinere Lokal- oder Regionalsender attraktiv macht. Denn spätestens mit Einführung der Digitalradiopflicht in Neuwagen Ende 2020 wird das Thema DAB+ nochmals Schub bekommen und auch kleinere Sender müssen dabei sein, um im Wettbewerb nicht unterzugehen“.

Abhilfe verspricht hier eine Open-Source Softwarelösung namens „Open Digital Radio“, die bereits seit einigen Jahren unter anderem in der Schweiz eingesetzt wird. Diese ersetzt Hardwarekomponenten kommerzieller Hersteller und läuft auf handelsüblichen PCs. Damit habe man dann alle Werkzeuge in der Hand, um ein DAB+ Signal zu erzeugen. „Wir arbeiten mit dieser Software bereits seit zwei Jahren in Bad Kreuznach beim dortigen lokalen Multiplex und auch in den Niederlanden. Allerdings ist die „Open Digital Radio“-Software wie eine Art Lose-Blatt-Sammlung. Man muss sie umständlich zusammenfügen, um damit eine funktionsfähige Lösung hinzubekommen. An unseren bisherigen Standorten war es zwar kein Problem, alles zum Laufen zu bekommen, wir möchten allerdings jetzt uns ein halbes Jahr Zeit nehmen, um die Software generischer einsetzen zu können, inkl. Monitoring, Skalierbarkeit und Wartbarkeit, damit auch Menschen ohne tiefgreifende Linux-Kenntnisse die Systeme pflegen können.“

Neben eigenen Entwicklungen wie einem Hardware-Audioencoder sollen während der sechsmonatigen Testphase auch Schnittstellen zu Radioautomationssystemen wie DABiS800 oder Zenon erprobt werden, um programmbegleitende Daten über ein möglichst standardisiertes Verfahren in den DAB-Multiplex eintasten zu können. „Insbesondere wollen wir großflächig die Kompatibilität unserer Lösung zu bestehenden DAB+ Empfängern testen, daher bietet sich eine Ausstrahlung außerhalb des Labors an“.

Neue Hörfunkprogramme wird es allerdings zunächst nicht auf der neuen Frequenz geben, es ist ein rein technischer Versuchsbetrieb, so Christian Milling: „Hier geht es erstmal darum die technischen Grundlagen zu schaffen, damit auch lokale und regionale Radiosender, insbesondere in ländlichen Gebieten mit vertretbarem finanziellem Aufwand in das Thema DAB+ starten können.

Die Tests auf Kanal 10D beginnen nach Abschluss der In- und Auslandskoordination des Kanals durch die Bundesnetzagentur. Der DAB+ Sender steht in Kall-Krekel, auf der ehemaligen Polizeihauptfunkstelle des Landes NRW, abgestrahlt wird aus einer Höhe von gut 635m über Normal Null mit einer Leistung von 1,5kW ERP. Die Versuchsreihe wird auch im Internet dokumentiert unter www.digitalradio-eifel.de sowie bei Facebook.