Radio 2019 – Was bewegt die Radiobranche im neuen Jahr?

radio2019 123rf alexwhite 73714858 s bigWas bringt das Jahr 2019 für die Radiobranche? Meine Arbeit besteht darin, Trends im Radiokonsum zu beobachten. Das macht mich – trotz des Namens dieser Kolumne – noch nicht zum Zukunftsforscher, aber einiges kann ich schon dazu sagen:

Der Smart Speaker-Boom wird weitergehen.

Das Google-Ökosystem ist wesentlich größer als das von Amazon, obwohl, wenn man nur die Verkaufszahlen der von Google- und Amazon gebrandeten Produkte betrachtet, hat Amazon immer noch die Nase vorn hat. Das sind gute Nachrichten für Radiosender mit gut etablierten Marken, und auch für das Live-Radio im Allgemeinen. Allerdings: Die Verbreitungskosten dürften damit steigen, denn jetzt zahlt man für Bandbreite, und in manchen Teilen der Welt sind auch die Urheberrechtsgebühren für die Musik höher. (Andererseits: Für Podcasts werden Smart Speaker nur wenig genutzt.)

Radio wird weiterhin zu einem Multiplattform-Medium.

Im Jahr 2018 hat der Anteil der Hörer des terrestrischen Analogrundfunks (UKW/Mittelwelle) in Großbritannien die 50%-Marke unterschritten. DAB (und in geringerem Maße Internetradio und Radiokanäle im Digitalfernsehen) ist in den meisten Ländern im Aufwind. Mehrere Länder arbeiten auf eine Gesamtabschaltung des UKW-Rundfunks wie in Norwegen hin (dort wurden bereits 2017 die landesweiten Sender und viele Lokalstationen abgeschaltet). Radio ist keine Plattform, sondern ein Gegenstand, eine Art der Audio-Darbietung. 

 

Podcasts werden weiter wachsen.

Ich bin der Herausgeber von Podnews, einem täglich erscheinenden Podcast-Newsletter bei podnews.net und habe einen beträchtlichen Zuwachs bei Konsum, Branchenaktivität und Konkurrenz feststellen können. Bislang haben Podcasts am gesamten Medienkonsum nur einen kleinen Anteil, der aber allmählich wächst. Spotify hat seit Anfang des Jahres Podcasts im Angebot und liegt inzwischen als Content-Provider auf Rang 2. In den USA dürfte das Marktdebüt von Pandora den Podcast-Konsum zusätzlich ankurbeln.

Neue Technologien bringen uns neue Formate.

In Großbritannien gibt es jetzt einen Sender speziell für Handwerker und Bauarbeiter. Australien hat einen kommerziell betriebenen Sender für Kinder im Alter von 0 bis 7 Jahren. Solche Sender mit neuen und interessanten Formaten wird es immer häufiger geben. Die neuen Übertragungsmöglichkeiten machen es möglich.

Live-Radio und lineares Radio über das Smartphone sind ein Auslaufmodell.

In einigen Statistiken, die ich beobachte, ist dies bereits feststellbar. Das klassische Musikradio ist den interaktiven Freuden von Spotify oder YouTube Music klar unterlegen. Denn wer wartet schon auf ein werbeüberfrachtetes Programm, auf das man keinen Einfluss hat? Und Talkradio gerät in mancherlei Hinsicht wiederum den Podcasts gegenüber ins Hintertreffen. Wir werden wohl mehr Angebote von der Art sehen, wie Sender wie KRONEHIT in Österreich sie bieten: Liveradio mit der Möglichkeit, Songs oder sonstige ungeliebte Elemente zu überspringen (vgl. hier). 

Das Armaturenbrett im Auto wird mehr Auswahl bieten.

Egal ob Podcasting, Spotify oder die anderen Konkurrenten des traditionellen Radios – Radio muss auffindbar sein, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Vernetzte Hybrid-Radios mit einer besseren Benutzererfahrung sind essentiell für den Erfolg.

Dies ist meine letzte Kolumne für 2018. Podnews, der tägliche Podnews-Newsletter wird natürlich bis zum Jahresende weiter erscheinen. Denn gepodcastet wird schließlich immer.

Besonders erwähnen möchte ich meine Freunde von AllAccess, die diese Kolumne in den USA veröffentlichen. Deren Zentrale in Malibu/Kalifornien war durch die Waldbrände ernsthaft bedroht, und das Haus von Chefredakteur Joel Denver ist sogar völlig abgebrannt. Hoffen wir mal, dass das neue Jahr friedlicher für sie verlaufen wird. Und für uns alle. 


James Cridland
James Cridland

Der Radio-Futurologe James Cridland spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Er betreibt den Medieninformationsdienst media.info und hilft bei der Organisation der jährlichen Next Radio conference in Großbritannien. Er veröffentlicht auch podnews.net mit Kurznews aus der Podcast-Welt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.crid.land.

 

(Teaserbild Startseite: ©alexwhite/123RF)

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