Ich hatte vor einiger Zeit ein Gespräch über UKW-RDS. Ihr wisst schon, diese Anzeige im Autoradio, die darüber aufklärt, welchen Sender man gerade hört, damit man es bloß nicht vergisst. In Amerika hat das längst nicht jeder Sender, und die Radiofirma, mit der ich gerade im Gespräch war, hatte es aus welchem Grund auch immer auch nicht. Als ich meinen Gesprächspartner darauf ansprach, meinte der nur: „Ist ja alles schön und gut, aber wie kann ich damit Geld verdienen?”
Vor kurzem erschien in den USA ein interessanter Artikel mit der Überschrift ”Können Podcasts die Quoten verbessern?” und ein weiterer von Dick Taylor, der sich fragt: ”Was ist Radio und warum?”. Auf den Punkt gebracht: Radio – wozu überhaupt?
Aus irgendeinem Grund habe ich durch diese beiden Artikel einige Zusammenhänge erkannt. Sie brachten mich auf die Frage, was Leute eigentlich antreibt.
Manche Leute, die dies lesen, sind wahrscheinlich deswegen im Radiogeschäft, weil sie Quoten und Profit machen möchten. Das ist durchaus legitim, denn Quote oder Profit (vorzugsweise beides natürlich) wollen wir ja irgendwie alle machen.
Es gibt aber auch noch Leute, die Radio aus einem anderen Grund machen, und der ist etwas einfacher gestrickt als „Quote oder Kohle machen”: Wir machen Radio (oder einen Podcast, eine Website, einen Newsletter, eine Konferenz oder welche Tätigkeit auch immer) aus nur einem Grund: um jemanden zu erfreuen.
Wenn wir jemanden erfreuen, werden sich Quoten und Erträge sicherlich ganz von selbst einstellen. Ich glaube jedoch, dass viele Leute nicht wegen den Quoten oder wegen des Geldes in der Branche sind. Sie haben einen den unwiderstehlichen Drang, ihre Mitmenschen zu unterhalten, zu erfreuen.
Wir können sie unterhalten, wenn wir unseren Job gut erledigen und Themen ansprechen, die sie interessieren. Wir können ihnen eine Freude machen, indem wir ihre Lieblingssongs spielen. Indem wir ein guter Begleiter sind, wenn ein solcher gebraucht wird.
Global, eine Medien- und Entertainment-Gruppe mit Sitz in London, hat statt eines „Corporate Statements“ ein „Obsession Statement”. Eine tolle Sache, und als ich dort tätig war, war ich dafür bekannt, dass ich dieses Statement laut vorlas, wenn bei Besprechungen die Spannungen aus dem Ruder liefern oder wenn bei jemandem die Emotionen durchgingen. Nun, starke Emotionen sind durchaus in Ordnung.
Valerie Geller hat bei ihrem Vortrag auf der Next Radio-Konferenz vor ungefähr vier Jahren gesagt, dass die Sicherheit und Gesundheit unserer Hörer bei uns oberste Priorität haben sollten. Sie sagte nicht Quoten und Profit (obwohl es ihr auch daran nicht gefehlt hat). Den Hörer umsorgen, das ist ihre Nummer 1.
Vielleicht fehlt den Leuten, die wegen „Quoten und Profit” in der Radiobranche sind, genau die Leidenschaft der Kollegen, die ihre Hörerschaft unterhalten möchten. Und vielleicht ist diese mangelnde Leidenschaft genau der Grund dafür, dass wir im Äther eben das hören, was wir hören. Vielleicht.
Und du? Zählen bei dir Quoten und Erträge? Oder bist du in der Branche, um Leute zu unterhalten und zu erfreuen?
Der Radio-Futurologe James Cridland spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Er betreibt den Medieninformationsdienst media.info und hilft bei der Organisation der jährlichen Next Radio conference in Großbritannien. Er veröffentlicht auch podnews.net mit Kurznews aus der Podcast-Welt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.crid.land.