Die Mauschler vom Rhein

Bitter Lemmer Logo 2010Der Mauschel-Skandal um die Vergabe der Jugendradio-UKW-Kette in Rheinland-Pfalz wird nicht ohne Konsequenzen bleiben – oder besser: Es wird gerade daran gearbeitet, es nach Konsequenzen aussehen zu lassen, ohne aber wirklich welche zu ziehen. Der Sprecher der Medienbehörde LMK, Joachim Kind, teilte auf meine Anfrage mit, der Vorgang werde „intern geprüft“. Gleichzeitig spielte er den Vorgang herunter, der darin bestand, dass schon vor Beginn der entscheidenden Sitzung das Ergebnis per Pressemitteilung verschickt wurde – die besagte, der Verlegersender bigFM werde erneut mit der lukrativen Lizenz beglückt. Dass auch die rheinland-pfälzische Staatskanzlei Aufklärung verlangt, „finde ich richtig“, sagte Kind. „Wir werden erklären, wie es war“.

Nämlich so: „Es ist ganz üblich, dass man im Vorhinein eine Pressemitteilung vorbereitet“, so Kind. „Die ist natürlich nur ein Entwurf“. Im Bedarfsfall werde sie an das Ergebnis der Gremiensitzung „angepasst“. Schließlich sei der Inhalt einer solchen Erklärung „juristisch heikel“ und müssen „vor Gericht wasserdicht sein“. Kind bekräftigte: „Mit kalten Pressemitteilungen arbeitet jede Pressestelle“.

Schon gestern hatte Kind den Vorgang als „Versehen“ bezeichnet. Dass dieses Versehen womöglich nur darin bestand, ein in Wahrheit längst feststehendes Ergebnis irrtümlicherweise vorab mitzuteilen, wies er zurück.

Nach dem Bekanntwerden der Panne sei die Lizenzentscheidung für die UKW-Kette an Rhein und Main „von der Tagesordnung abgesetzt worden“, sagte Kind. „Jetzt wird ein neuer Termin gesucht“, möglichst zeitnah, er rechne mit Mitte März.

Die Frage, ob er eine Wette wage, ein anderer Bewerber als bigFM könne mit dem Zuschlag rechnen, beantwortete er nicht.

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Was ist hier eigentlich der Skandal? Dass es so aussieht, als sei die Ausschreibung einer lukrativen Frequenzkette eine Farce? Das war schon immer so, es war auch schon immer skandalös, aber man hat sich an die bananenrepublikanischen Praktiken im deutschen Medienwesen derart gewöhnt, dass das für sich genommen niemanden mehr aufregt. Neu ist hier nur, dass die Sache derart offensichtlich wurde, dass sie mit noch so vielen schönen Worten nicht mehr zu bemänteln ist. Insider aus dem Hause RPR, dem Platzhirschen der Verleger in Rheinland-Pfalz, hatten schon vor Wochen in den Radioforen diverse Merkwürdigkeiten veröffentlicht. RPR hatte sich im Vorfeld höchst optimistisch über die Vergabe der Frequenzen an sein bigFM geäußert. Wohl zu recht – denn die Sache dürfte von oben längst durchgefädelt worden sein. Sie sitzen schließlich alle im selben Boot, die Staatskanzlei von Kurt Beck, seine Parteigenossin Renate Pepper als Vorsitzende der Versammlung und die Besitzstandswahrer, die um jeden Preis neue Konkurrenten aus ihrem Revier halten wollen. Der Rest ist hohles Ritual, die angebliche Empörung der Staatskanzlei eingeschlossen. Konsequenzen wird es selbstverständlich keine geben. LMK-Direktor Manfred Helmes und Frau Pepper werden hübsch ihre Posten behalten, obwohl ihr Rücktritt angemessen wäre. Man wird sich ein paar hübsche Floskeln ausdenken, die die Verleger in ihren Zeitungen drucken werden, und Ende März ist dann alles in trockenen Tüchern, die Verleger dürfen weiter gutes Geld mit den bigFM-Frequenzen verdienen, und die Konsequenz aus der Nummer wird lediglich darin bestehen, dass professioneller als bisher konspiriert wird.

Lemmer
Christoph Lemmer arbeitet als freier Journalist in Berlin.

E-Mail: christoph@radioszene.de

Links
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