Ruhe-PULS: BR-Digitalradio nur noch 4 Stunden am Tag moderiert

Einschneidende Veränderungen beim BR-Digitalradio PULS: zum Jahreswechsel wurde die Live-Moderation im Programm massiv gekürzt. So verknappte der Sender die jeweiligen Programmstrecken an Werktagen von bisher 12 auf täglich vier Stunden. Die Moderation am Wochenende entfällt komplett.  

Verwaistes PULS-Mikrofon (Bild: © BR)
Verwaistes PULS-Mikrofon (Bild: © BR)

Auch die ambitionierten Musikshows am Abend und Wochenenden sind innerhalb der werbefreien Jugendwelle des Bayerischen Rundfunks nicht mehr zu hören. Betroffen sind die „Fatoni Show“ mit Rapper Fatoni, die „Liquid & Maniac Show“, die „OK KID Show“, die „Roger Rekless Show“ mit Radiopreisträger Roger Rekless („Bester Newcomer 2019“) sowie „Radio mit K“ – produziert von der deutschen Band Kraftklub. „Die dazugehörigen Podcastfeeds bleiben aber vorerst, sodass die vergangenen Sendungen weiterhin abrufbar sind“, so der Sender. Als einzige PULS-Sendestrecke, die „standardmäßig moderiert ist, verbleibt unter der Woche die Zeit von 14 bis 18 Uhr.“ 

Als Ersatz bietet PULS im neuen Jahr mit der Sendeschiene „Startrampe“ eine nicht moderierte werktägliche Musikstrecke zwischen 10 und 12 Uhr und 18 und 20 Uhr. Diese widmet sich neuer Musik und Künstlern aus Genres wie HipHop/Rap, Elektronik, New Pop, Alternative sowie (im Kern auch) den Sounds von Newcomern und Newcomerinnen aus Deutschland („Startrampe: Neue Deutsche Welle“) oder Bayern („Startrampe: Bayern“). Ganz generell soll der neue Fokus von PULS „auf der musikalischen Newcomerförderung und der personellen Nachwuchsförderung“ liegen. Ein grundsätzlich sehr löblicher Ansatz, dessen Wirkung beim Publikum ohne begleitende Moderation allerdings eher konterkariert wird.

„PULS setzt schon sehr lange einen Schwerpunkt auf Digitalformate“

Der Sender erklärt auf Anfrage von RADIOSZENE: „Der Hintergrund hierfür sind strategische Entscheidungen, wie PULS seine Ressourcen am besten einsetzt, um die Zielgruppe optimal zu erreichen. PULS setzt schon sehr lange einen Schwerpunkt auf Digitalformate, mit denen die Zielgruppe sehr gut erreicht wird – auch mit Musikinhalten wie der PULS Musikanalyse und Startrampe Covered.“

Dieser aktuelle Prozess ist eine weitere Etappe beim über die Jahre schleichenden Abbau von moderierten Musiksendungen und (einhergehend) von redaktionellen Inhalten. 2018 war das Format mit dem „Kulturpreis“ der GEMA mit Begründung ausgezeichnet worden: „Die Jugendwelle PULS schafft es, ein junges Publikum für Musik und Radio zu begeistern und überzeugt durch eine überdurchschnittliche musikalische und redaktionelle Vielfalt im Programm.“

Das Puls-Studio (Bild: ©BR pus)
Das Puls-Studio (Bild: ©BR pus)

Seit Weggang des damaligen Programmchefs Thomas Müller und dem strategischen Verzicht der Senderleitung auf eine UKW-Verbreitung, entfernte sich das Programmprofil immer hörbarer vom ursprünglichen Sendekonzept. 2018 bot PULS den Hörern noch eine umfangreiche Palette sehr liebevoll gemachter Musik- und Personalityshows, die sich wohltuend von Einerlei manch anderer ARD-Jugendradios abhob. Diese Vielfalt wurde mit Beginn der 2020-Jahre kontinuierlich abgebaut (s.a. Der Pop im Programm muss mehr als nur „populär“ sein).

Eine Entwicklung, die zwischenzeitlich auch vergleichbare Formate wie EgoFM und FluxFM erfasst hat. Auch dort sind zuletzt zahlreiche Musik- und popkulturelle Sendungen aus den Programmangeboten verschwunden.

PULS-Redaktion (Bild: ©BR/PULS)
PULS-Redaktion (Bild: ©BR/PULS)

Bleibt die Frage: hätte man BR PULS als UKW-Programm ebenso radikal von Moderation und redaktionellen Inhalten entblättert? Über die Antwort und Hintergründe darf spekuliert werden. Sind es knapper gewordene finanzielle Ressourcen oder das omnipräsente Totschlagargument „digitale Strategie“, die das Programm heute so moderationslos machen? Mangelndes Hörerinteresse an kuratierten Musiksendungen? Oder generell zu geringe Reichweiten? PULS wird noch immer nicht in der ma-Audio ausgewiesen. Hinter vorgehaltener Hand hört man von einer mittleren fünfstelligen Tagesreichweite. Was als rein digitales Angebot vor dem Hintergrund eines harten Wettbewerbes im jungen Segment im Freistaat sicher kein schlechter Wert darstellt. Bei der ma IP Audio erreichte PULS zuletzt rund 122.000 Sessions im Monat.

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