Radio-Köpfe: Peter Bertelshofer

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Peter Bertelshofer leitet den einzigen inhabergeführten Sender Münchens, hinter dem also weder ein Printmedium noch eine Betriebsgesellschaft steht: Radio 2Day, das im Jahr 1985 von ihm gegründet wurde. Unser Mitarbeiter Hendrik Leuker traf ihn im Münchener Hofbräuhaus zum Interview.

Erste Radioerfahrungen

Nach dem Abitur entschied sich Peter Bertelshofer (59) wegen der Begeisterung für das Fach Biologie für ein Studium der Humanmedizin, welches er im siebten Semester jedoch abbrach; zudem ist er ausgebildeter Rettungssanitäter seit Zivildienst-Zeiten. Immer stärker regte sich seine Radioleidenschaft. Als er 1984 eine Anzeige in der „Süddeutschen Zeitung“ las bezüglich der Ausschreibung von Sendelizenzen für privaten Rundfunk im Münchener Kabelpilotprojekt gab es für ihn kein Halten mehr: Er musste sich einfach bewerben, zumal er zuvor schon erste Radioerfahrungen bei intensiven Besuchen von Südtiroler Sendern machen durfte. Viele Südtiroler Sender konnte man von ca. 1978–1990 auch in den Großräumen Innsbruck und München bis hin nach Augsburg, Ingolstadt und Regensburg hören. Das waren keine „Schwarzfunker“, sondern nach italienischem Recht legale Stationen. Der Sendebetrieb erfolgte oft von exponierten Lagen mit hoher Sendeleistung.

Peter Bertelshofer, Gründer von radio2DAY (Bild: ©radio 2DAY}
Peter Bertelshofer, Gründer von radio2DAY (Bild: ©radio 2DAY}

Anfang der 80er Jahre war Bertelshofer zu Besuch bei „Radio Brenner“, das im Mai 1981 auf Sendung ging. Der Betreiber von „Radio Brenner“, Alfred Scholz, ein ehemaliger Kapellmeister und Multi-Millionär, zeigte dem jungen Bertelshofer auf Anfrage bereitwillig die Station. Insbesondere stand er ihm zur Einrichtung der Station Rede und Antwort. „Radio Brenner“ sendete von der Flatsch-Spitze (2567m), oberhalb der Zirog-Alm, zunächst auf 102,15 MHz und wechselte später auf 104,05 MHz. In Sterzing befand sich ein modernes Sendergebäude mit Studio und Büroräumen. Der Sprecherraum war durch eine Glasscheibe vom Musik-Regieraum getrennt; das Studio konnte schon damals vom Moderator im „Selbstfahrermodus“ betrieben werden. Mittels einer Anlage der Firma Kathrein wurde das Signal per Richtfunkstrecke zur Flatsch-Spitze geleitet und von dort bis München gesendet. 1986 wandelte sich “Radio Brenner“ zu „Südtirol 1“ um und sendete, was man schon lange vorher vorhatte, vom wesentlich höheren Schwarzenstein (3369m).

(Bild: ©radio 2DAY}
(Bild: ©radio 2DAY}

Noch prägender war für Bertelshofer die Besichtigung und Einweisung beim Südtiroler Sender „S 3“, das von November 1980 bis 1992 sendete und später von Radio Tirol übernommen wurde. Das „S“ im Sendernamen stand naheliegend für Südtirol; die „3“ spielte auf die Anzahl der Gründer an, nämlich Hannes Tribus, Willy Vontavon und Klaus Ramoser. Gespielt wurde ein breites Musikformat vorwiegend aus Charts und Schlagern; Volksmusik und Country waren gleichfalls vertreten. Getreu dem Motto „Jung, dynamisch, mobil und flexibel“ sendete man für ein jugendliches Publikum von 12–40 Jahren. Das Sendergebäude von S 3 in Brixen bestand aus einem Dachgeschoßstudio mit schrägen Wänden und einem kleinen Büro, höchstens 60–70qm groß; die Sendetechnik war auf das Nötigste beschränkt. S 3 verfügte nur über kleine Sender und Umsetzer, die das Eisacktal, das Pustertal und das Wipptal versorgten; das Signal ging also nicht weit über Südtirol hinaus. Der Besuch in Brixen war für ihn ein „Schlüsselerlebnis“ (Bertelshofer): „Mir wurde klar, dass Radio finanziell und wirtschaftlich realisierbar ist.“ Gerade jetzt wurden im Münchener Kabelpilotprojekt freie Frequenzen zur Verfügung gestellt und ausgeschrieben.

Daheim in München hatte der junge Bertelshofer einen erklärten Lieblingssender: AFN München, den ersten AFN-Sender in Deutschland (seit dem 11.06.1945) überhaupt; ansässig mit den Downtown Munich Studios in der Kaulbachstrasse beim Englischen Garten: „Der Sender AFN befand sich auf dem Niveau der Südtiroler Sender wie S 3“, resümiert Bertelshofer seinen damaligen Eindruck, den er sich auch vor Ort machen durfte, nachdem er über Station Manager Bob Kramer Zugang zum Sender bekam.

(Bild: ©radio 2DAY}
(Bild: ©radio 2DAY}

Programmideen beim Auswahlverfahren

Im April 1984 startete in München das Kabelpilotprojekt, eines von insgesamt vier, nachdem es in Berlin, Dortmund und Mannheim/Ludwigshafen weitere gab. Im Zuge dessen reichte Bertelshofer ein Konzept für einen neuen Sender ein als einer von 900 Bewerbern, die sich im Kabel eine Frequenz mit einer Münchner Lokalwelle teilen wollten. Der Leiter der Kabelgesellschaft fasste das Bewerberfeld, er hat es auf Englisch ausgedrückt, wie folgt zusammen: „Only just more of the same“. Bertelshofer kam bei seiner Bewerbung seine ersten Radioerfahrungen zugute. Er wartete schon in der Bewerbungsphase mit einigen Programmideen auf, die er ins Feld führen konnte.

(Bild: ©radio 2DAY}
(Bild: ©radio 2DAY}

Der Sendername sollte von Anfang an Radio 2Day heißen und sich auf die im Programm vertretenen Musikfarben beziehen. Es sind genau zwei, die tagsüber gespielt werden: Von der AFN-Leidenschaft Bertelhofers inspiriert finden sich im Programm schwarze Funk/Soul- und weiße Rock/Heavy Metal-Musik wieder. „Zwei Musikfarben wurden von mir kombiniert, die im Grundsatz eigentlich nicht kombinierbar sind“, erklärt Bertelshofer. Revolutionär war Mitte der 80er noch die Idee, den Programmablauf analog einer Programmuhr zu gestalten. Diese Idee brachte Bertelshofer von den Sendern aus Südtirol mit. Die Nachrichten seines neuen Senders sollten um_viertel nach_ gesendet werden, nicht zur vollen Stunde. Es sollte im Umkehrschluss dann Musik gespielt werden, wenn bei anderen Sendern Nachrichtenzeit war. Auch demjenigen, der die Nachrichten um voll verpasst hatte, wurde somit um viertel nach Gelegenheit gegeben werden, sich auf den neuesten Stand des Weltgeschehens zu bringen. Anfangs kamen die Nachrichten in Eigenregie; heute kommen diese von der BLR (zuvor: ddp und afp); morgens werden zusätzlich vom jeweiligen Morgenmoderator die Schlagzeilen um viertel vor verlesen.- Bertelshofer setzte sich durch. Ihm wurde die Lizenz für das Münchener Kabelpilotprojekt erteilt.

(Bild: ©radio 2DAY}
(Bild: ©radio 2DAY}

Radio mit Ecken und Kanten

Radio 2Day wird als „Familien-GmbH“ (Bertelshofer) geführt; 60% der Anteile hält der Gründer, 20% Sohn Alexander, der aktiv im Sender tätig ist, und 20% Tochter Nicole. Bertelshofer verantwortet den Sender bis heute als Geschäftsführer. In der werktäglichen „Radio 2Day-Morgenwelle“ (6–10 Uhr) meldet sich Peter Bertelshofer selbst als die „Stimme aus Sendling“ aus dem Studio in Thalkirchen (Senderjargon: Valley Church´n).- Radio 2Day bringt zwei ganz unterschiedliche Musikstilrichtungen innerhalb eines Tages. Schwarze und weiße Musik: „Unsere musikalische Rezeptur wurde im Laufe der Jahre nur schonend geändert.“, merkt Bertelshofer an. Zeitweise wurde kein Rock mehr gespielt. Im Jahr 2002 fand eine größere musikalische Reform im Programm statt. Aufgelegt werden seither Classics aus den 70ern, 80ern, Funk, Soul und Rock. Rock und Heavy Metal sind nach wie vor stark vertreten; da es aber bei Funk und Soul keine neuen Produktionen gibt, diese Musikstile als ausgeschrieben gelten, wurde die musikalische Palette um Acid Jazz, House und Dance erweitert.

„Gutes Radio ist immer dort anzutreffen, wo etwas anderes geboten wird als bei anderen Sendern“, meint Bertelshofer. Oft sei heutzutage eine viel zu kleine Rotation anzutreffen. Bei Radio 2Day ist das anders getreu der Philosophie Bertelshofers: Es befinden sich dort 3500 Titel in der Rotation; es gibt zudem fünf Playlists, je eine für Funk, Soul, House, Rock und Heavy Metal; diese Playlists werden jedoch nicht veröffentlicht. „Gutes Radio ist Radio mit Ecken und Kanten. Trotz Stream im Internet sollte Radio lokalen Raum haben, nämlich Lokalkolorit bei der Aussprache der Moderatoren (Färbung der Aussprache; kein reiner Dialekt), lokale Meldungen und lokale Berichterstattung. Wie es schon der Leiter der Kabelgesellschaft ausdrückte „Not just more of the same“. Aus dem Hörerfeedback, das heute aus 30–50 Mails am Tag besteht, wissen wir, dass es geschätzt wird, dass nicht immer die gleiche Musik gespielt wird. Auch lokale Wortbeiträge werden darin vielfach gewürdigt.“

(Bild: ©radio 2DAY}
(Bild: ©radio 2DAY}

Lustige Erlebnisse

Anlässlich einer Krebsvorsorgeuntersuchung im Klinikum Großhadern in München im Jahr 2007 wurde Bertelshofer nach seinem Beruf gefragt. Er kam sich fast schon so vor wie ein Gaukler als er schließlich doch antwortete: „Ich leite und verwalte ein privates Rundfunkprogramm. Es heißt Radio 2Day!“- Da wurde der Chirurg, der ihn gefragt hatte, hellhörig und meinte anerkennend: „Ich operiere bei diesem Programm.“ Es sei ein Programm, bei dem nicht soviel geredet werde mit kurzen und knappen Beiträgen.

Schmunzeln muss Bertelshofer auch, als er an die Zeit zurückdenkt, in der Südtiroler Sender im Großraum München dem Platzhirsch Bayerischer Rundfunk (BR) zusetzten. Bayern 4, das Klassikprogramm, wurde in München dicht neben der Frequenz platziert, auf der „Radio Brenner“ sendete. Bayern 4 wurde aber nur zeitweise ausgestrahlt; ansonsten befand sich ein Träger auf dem Programm, der Radio Brenner-Freunde vom Empfang ihres Lieblingssenders abhielt. Seitens des BR wurde diese Tatsache als unveränderbar dargestellt. In Betrieb sei ein alter Röhrensender, den man nicht ständig ein-und ausschalten könne. Bertelshofer half einem von Radio Brenner beauftragten Anwalt entscheidend, als er auf einen Fachartikel in einer Zeitschrift stieß, in dem die betreffende Sendeanlage des BR als moderner Transistorensender mit Halbleitertechnik ohne Röhren beschrieben wurde. Aus Dankbarkeit überreichte der Betreiber von Radio Brenner, Alfred Scholz, ein Multi-Millionär, dem Studenten Bertelshofer einen Scheck von 5000 DM mit den Worten „Das haben Sie gut gemacht!“. Dieser Umstand war aber nicht mehr relevant. Statt eines großen Prozesses strebte Radio Brenner einen Frequenzwechsel an, der kurz danach eintrat. Radio Brenner war fortan auch wieder im Großraum München zu hören.

2DAY-Logo

Promis und Hobbys

Radio 2Day ist in München ein kleiner aber feiner und viel beachteter Sender, der auch in der prominenten Münchener Stadtgesellschaft ein paar namhafte Fans hat: Zu den Stammhörern gehören Markus Söder (CSU) , bayerischer Finanz- und Heimatminister sowie derzeit hochgehandelter Anwärter auf den Ministerpräsidentenposten, dessen Parteifreund Josef Schmid ,Zweiter Bürgermeister Münchens und bekennender Rock-Fan, Musikproduzent Ralph Siegel und Schausteller Johann Schichtl.

Nach Hobbys gefragt nennt Bertelshofer zuerst den Amateurfunk (Rufzeichen: DF2CX). Bertelshofer funkt auf Kurzwelle und UKW; früher hörte er oft Mittelwelle, nämlich AFN München auf 1107 KHz, wo mehr Musik gespielt wurde als bei dem von anderen gern gehörten Radio Luxemburg. Seit Schülerzeiten – seit 1968 um genau zu sein – liebt er es, zu filmen und seine Filme auf Super 8-Filmkassetten zu bannen. Er erinnert sich lebhaft an die Vorführung an seinem Gymnasium seines nachvertonten, mit Musik unterlegten Films über seine New-York-Fahrt 1973 (Sightseeing mit denTwin Towers in der Entstehungsphase). Die Musik sei noch viel besser angekommen als der Film.

Radio 2Day hoch vier

Insgesamt gibt es mindestens vier Sender auf dem Globus, die sich Radio 2Day nennen: Zwei in den USA, einen in Australien und einen in München. Im englischsprachigen Raum wird „today (heute)“ auch „2day“ geschrieben. „Erstens bedeutet das bei denen heute (today) und zweitens besteht leider kein Kontakt.“

Hendrik Leuker

Kontakt
Peter Bertelshofer
c/o Radio 2Day
Schneemannstr.25
81369 MÜNCHEN
Tel: 089–723 45 45
Fax: 089–723 77 50
peter.bertelshofer@radio2day.de
Amateurfunk: Rufzeichen: DF2CX

 

Alle Fotos © radio 2DAY