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Radio-Köpfe: Jan Seifert von radio SAW

Er gehört zu der jungen Garde von Moderatoren, die in das Formatradio unserer Tage hineingewachsen sind. Radio ist heutzutage Business. Die Zeiten, in denen Moderatoren ihre eigenen Platten ins Studio mitbrachten, ohne sich darum zu kümmern, was vorher oder nachher gesendet wurde oder wird, sind unwiderruflich vorbei. Unser Mitarbeiter Hendrik Leuker traf den sympathischen Moderator in einem Eiscafé nahe des radio SAW-Funkhauses in Magdeburg.

Jan Seifert (Bild: radio SAW)
Jan Seifert (Bild: radio SAW)

Für Jan Seifert (32), geboren 1983 in Leipzig und aufgewachsen in Thüringen, heute Moderator bei radio SAW und ROCKLAND, beides landesweite Privatsender in Sachsen-Anhalt, war schon in der 10. Klasse Gymnasium klar: Er will zum Radio! Die Initialzündung dazu kam ihm schon sehr früh: „Bei uns zuhause lief immer das Radio, vor allem MDR Life, und ich wollte dahin!“ Nach dem Abitur und Zivildienst studierte er an der TU Ilmenau Angewandte Medienwissenschaften und schloss sein Studium 2009 mit der Diplomarbeit ab. Er ist also gewissermaßen ein akademischer Radiosprecher (was in der früheren DDR sogar Pflicht gewesen wäre!).

Endlich beim Radio

Aber der Reihe nach: Direkt nach seinem Abi 2002 bewarb sich Seifert erneut als Moderator bei der Landeswelle Thüringen („die hatten mir zuvor lieb abgesagt!“) und wurde als Praktikant genommen. Der Erfurter Sender gilt als der Erfinder des Blitzdienstes im Radio. Parallel zu Zivildienst und Studium schloss sich eine längere Station bei Vogtlandradio, dem seinerzeit jüngsten deutschen Lokalsender, in Plauen an, wo er von 2003-2007 an fast jedem Wochenende und als Urlaubsvertretung sendete; zusätzlich wirkte Seifert während seines Studiums beim Hochschulfunk (kurz: hsf) der TU Ilmenau, dem ältesten deutschsprachigen Campusradio, aktiv mit, indem er dort die Morgensendung von 6-9 Uhr moderierte, und sammelte mit seinen zumeist gleichaltrigen Kommilitonen Radioerfahrung. Während eines viermonatigen Auslandspraktikums von Mai-August 2006, das er für sein Studium absolvierte, führte ihn sein Weg erstmals in das Großherzogtum Luxemburg zu RTL RADIO. Zuvor hatte schon seine Oma ihn vom Sender vorgeschwärmt, die zu Ostzeiten die „fröhlichen Wellen“ von Radio Luxemburg hörte. Gegen Ende seines Studiums im Herbst 2007 nutzte er die dort aufgebauten Beziehungen und durfte zur Serviceredaktion des ältesten deutschsprachigen Privatsenders RTL RADIO nach Luxemburg zurückkehren, die u.a. regional für Wetter und Verkehr und Veranstaltungstipps zuständig war. „Ich bin aber nicht auf Privatfunk festgelegt. Nichts ist in Stein gemeißelt. Radio ist meine erste Präferenz.“, betont Seifert. Bisher habe es sich so ergeben.

Zur Rückkehr nach Luxemburg kam es folgendermaßen: Nach der 50-Jahr Feier von RTL RADIO im Juli 2007 bekam der damalige Direktor Holger Richter von Frank Elstner, Fernsehmoderator und -produzent und einer seiner Vorgänger als Programmdirektor bei Radio Luxemburg/RTL, den Rat, es verstärkt mit einstündigen Sendungen, z.B. von 11-12 Uhr oder 17-18 Uhr, zu versuchen. Ein Rat, der sich zwar mittelfristig im Programm nicht durchsetzen konnte, aber Jan Seifert ab Oktober 2007 einen festen Platz im Moderatorenstamm von RTL RADIO verschaffen sollte. Er machte eine eigentlich nicht ungewöhnliche Erfahrung für sich neu: Bei RTL RADIO zu arbeiten, hebt das eigene Leben auf ein neues Gleis: „ Auf dem Beifahrersitz meines Golfs nahmen plötzlich z.B. der Sänger Ryan Paris („Dolce Vita“) oder Mariska Veres (bereits verstorbene Sängerin von „Shocking Blue“/ „Venus“) für Interviews Platz.“ Jan Seifert entdeckte seinen Golf als Interviewplattform als Alternative zum Funkhaus.

Zur rechten Zeit am rechten Ort

Dann erwies sich der Zufall als Freund fürs Leben: „Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“ Als Seifert gerade in Trier seine Diplomarbeit mit dem Titel „Geht ins Ohr-bleibt im Kopf“ über die Wirkung von Radiowerbung für die TU Ilmenau abgegeben hatte, sagte Programmdirektor Holger Richter zu ihm: „Wir machen jetzt ein Regionalprogramm auf!“ Dieses trug den Namen RTL RADIO 93.3 und 97.0 und war auf diesen Frequenzen in der Großregion Luxemburg, diese umfasst das Saarland, die Eifel und den Regierungsbezirk Köln, vom 01.Dezember 2008 bis zum 23.Dezember 2013 zu empfangen. Seifert moderierte dort vor allem Morgenshows, ab Juni 2009 den „RTL RADIO-Wecker“. Ab Juni 2010 dann „Jans Morgen“ und ab Januar 2013 zusammen mit Julia Siegel „Jan und Julia am Morgen“.

Autogrammkarte von Jan Seifert
Autogrammkarte von Jan Seifert

Eigenschaften eines Morgenmoderators

2014 musste sich Seifert notgedrungen einen neuen Sender suchen, da RTL RADIO sein Regionalprogramm nach fünf Jahren einstellte. Nachdem er sich auch bei Radio PSR (Leipzig) und 100`5-Das Hitradio (Eupen/Belgien) bewarb und auch von diesen Sendern umworben wurde, entschied er sich für radio SAW, und dessen Ableger ROCKLAND, wo er seit April 2014 als Moderator und Redakteur arbeitet. radio SAW gilt als der reichweitenstärkste Privatsender Ostdeutschlands, dank der Frequenz 101,4 MHz vom Sender Brocken/Harz, die von Bielefeld in Ostwestfalen bis Nuthetal bei Berlin und vom Thüringer Wald bis hinauf zur Lüneburger Heide zu empfangen ist. Aktuell ist Seifert in freier Mitarbeiterschaft Co-Moderator und Außenreporter in der in der Hörergunst ganz oben stehenden radio SAW-Morgenshow „Muckefuck“ (Der Ausdruck Muckefuck kommt ursprünglich vom frz. Mocca faux und bedeutet Kaffeeextrakt; im Osten früher auch allgemein Synonym für Kaffee) mit Volker Haidt, Jana Lammich oder Nadine-Henriette Radtke (4.51 Uhr-10 Uhr); sowie am Samstag Host (Gastgeber) der Morgenshow (6-12 Uhr): „Bin ein Teil von Muckefuck.“, bekennt Seifert. Ist es nicht lästig, immer so früh aufstehen zu müssen? „ Das Aufstehen bereitet mir keine Probleme. Um 3 Uhr klingelt mein einziger Wecker, habe nie mehr, und dann stehe ich auf. Wenn ich nicht schon kurz vorher aufwache.“ Schlaf holt Seifert meistens am Wochenende nach. Verschlafen hat er übrigens noch nie.

Über welche Eigenschaften sollte ein Morgenmoderator verfügen? An erster Stelle sollte ein Morgenmoderator schon am frühen Morgen sich einen Überblick verschaffen können, über das aktuelle politische und gesellschaftliche Geschehen Bescheid wissen, und einen toleranten Freundeskreis haben („Leider bin ich schon einmal auf der Party nach einer Hochzeit eingeschlafen; man nahm es mir aber nicht übel.“). „Jemand, der Morgenmoderator sein möchte, muss in erster Linie unfassbar Bock auf den Job haben. Er sollte wie ein Schwamm durchs Leben gehen und alles aufsaugen und quer, also anders, denken. Außerdem ist mir strukturiertes Arbeiten sehr wichtig. Manchmal schreibe ich in meinem Moderationsskript sogar meinen eigenen Namen auf, damit ich ihn an der dramaturgisch optimalen Stelle in der Moderation sage.“, führt Seifert aus. Desweiteren ist Seifert beim Ableger von Radio SAW, ROCKLAND, „Springer vom Dienst“ und übernimmt schon einmal eine der drei Schichten (Morgen-, Mittags-, oder Abendschicht). ROCKLAND ist der erste Digitalradiosender Deutschlands im Regelbetrieb auf dem neuen DAB (heute: DAB+)- Verbreitungsweg. Als ausgewiesener Rockmusikexperte sieht er sich nicht. „Anfangs war es schon eine Herausforderung. Durch meine Tätigkeit für radio SAW kann ich aber schon mitreden. Auch bei radio SAW spielen wir nicht nur Charts, sondern sind durchaus auch rockorientiert.“

Formatradio: Fluch oder Segen?

Formatradio – da denkt man an die besten Hits einer bestimmten Periode oder die Phraseologie an der Wand. Seifert gewinnt dem Formatradio durchaus gute Seiten ab: „ Ich finde Formatradio gut bzw. eher gut. Ich mag nämlich strukturiertes Arbeiten. Durch Formatradio werden Strukturen sehr gut geschaffen. Formatradio muss kein Fluch sein, und heißen, wir machen billiges Programm ohne Inhalt und Verstand, wenn es richtig umgesetzt ist. Formatradio heißt ja nur, dass das Programm einheitlich koordiniert ist, damit es eine noch bessere Außenwirkung hat. Ein „Mann von Format“ wird bewundert. Und was ist mit dem „Radio vom Format“?“, gibt Seifert zu bedenken.

Radio-Geschichten und Zukunft des Mediums

Ob nun lustige oder sentimentale Erlebnisse beim Radiomachen dominieren, da will sich Seifert nicht festlegen. „Mir ist es wichtig, dass ich nah an den Hörern bin.“ Lebhaft erinnert er sich, dass er in einer radio SAW-Abendsendung schon on air Pannenhilfe betrieben hat: Die Lichtmaschine des Fahrzeugs einer Hörerin war im Feierabendverkehr auf der A 14 bei Magdeburg ausgefallen. Sie konnte ohne Licht in der Dämmerung nicht weiterfahren und rief verzweifelt bei radio SAW an. Seifert, der sich eigens zuvor eine Telefonleitung ins Studio hatte legen lassen, nahm den Anruf entgegen und wies die verzweifelte Hörerin an, was nun zu tun sei, unter anderem an den Fahrzeugrand fahren und das Pannendreieck aufstellen. Als sie dann abgeschleppt wurde, meldete sich die Hörerin nochmals dankbar in der Sendung. Ein anderes Mal verwechselte ein Hörer die Telefonnummer einer Sauna mit der von radio SAW und meldete sich beim Moderator mit den Worten: „Ist hier die Sauna?“ Seifert bot schlagfertig einen musikalischen Aufguss von Green Day („Boulevard Of Broken Dreams“) an. Es gäbe noch viel mehr Radio-Geschichten, die das Leben schreibt…

Hat das Medium Radio eine Zukunft? Seifert meint „ja“. „Beim „radio SAW-Badespaß“ in der Morgensendung „Muckefuck“ war Jan Seifert multimedial unterwegs: „ Ich war mit einer Schalte auf Sendung. Habe zudem fotografiert, auf Video gefilmt und Beiträge für Facebook abgeliefert. Nur getwittert habe ich nicht. Diese multimediale Vernetzung wird dafür sorgen, dass Radio weiterhin im Gespräch bleibt und eine Zukunft hat.“, ist sich Seifert sicher.

Radiohobby und Hobbys

Radio ist sein Beruf und seine Berufung, das Radiohobby wäre für Jan Seifert persönlich eher weniger etwas: „Nein, ich hatte Mittelwelle im Autoradio und in Luxemburg meinen damaligen Arbeitgeber RTL auf 1440 KHz gehört. Dann habe ich meine Eltern und Großeltern mit Grausen gefragt: Warum habt Ihr Euch eine solch furchtbare Empfangsqualität nur angetan? Unfassbar, was man sich früher mangels Alternativen zugemutet hat.“, findet Seifert. Aber er ist den Freunden des Fernempfangs und den Radiohobbyisten durchaus zugetan: „Ihr seid eben Freaks. Letztlich bin ich auch ein Freak.“, entdeckt Seifert sogar Parallelen. Bei den Hobbys jetzt seine Freunde, seine Freundin, die er nächstes Jahr heiraten möchte, oder seine Familie anzugeben, käme ihm nicht in den Sinn: „Meine Hobbys sind Reisen, Züge…“ Da kommt es schon mal vor, dass er sich auf 14-Stunden-Fahrt mit dem Zug nach Venedig begibt (und dann zurückfliegt). „Glücklicherweise habe ich eine Freundin, die das und mehr mitmacht. Im Urlaub besuchen wir regelmäßig andere Radiostationen. Ob Z100 in New York oder Sender von Dubai bis Thailand; am Strand zu liegen reicht uns nicht aus.“, so Seifert. Derzeit mache er zudem den Pilotenschein für Ultraleichtflugzeuge („bin jetzt in der 20. Flugstunde.“).

Jan Seiferts Motto lautet gewissermaßen: On Air oder In The Air – am liebsten würde er es irgendwann einmal verbinden…

 

Hendrik Leuker ist Redakteur des RADIO KURIER. Dieser Beitrag aus der Reihe Radio-Köpfe erscheint im November 2015.

Kontakt
radio SAW
z.Hd.: Herrn Jan Seifert (Moderation)
Hansapark 1
39116 MAGDEBURG
Email: jan@rundfunkansager.de
Internet: www.rundfunkansager.de

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