Musiktrends im Radio Teil 2: Pop im Stile der 80er Jahre

Touchscreen-Monitor mit Zenon-Sendeplan (Bild: ©Christopher Deppe)

The Trend is your Friend! Wie ent­wi­ckelt sich die Musik im Radio? RADIOSZENE stell­te hier­zu Musikverantwortlichen deut­scher Hörfunkstationen fol­gen­de Fragen:

  1. Welches waren im Radio in 2020 die ange­sag­ten Musiktrends in Ihrem Sendegebiet?
  2. Werden sich die­se Richtungen fort­set­zen oder sind bereits neue Trends in Sicht? 
  3. Hat die Corona-Pandemie auch Auswirkungen auf die Musikpräferenzen der Hörerinnen und Hörer?
  4. Seit Ende letz­ten Jahres fließt Airplay wie­der in die Ergebnisse der “Offiziellen Deutschen Charts“ ein. Wie bewer­ten Sie die­sen Schritt? Gewinnen die Charts für das Radio damit wie­der mehr an Gewicht?

MusicMaster: Einfach immer perfekte Playlists

Die Antworten der Macher aus den Musikredaktionen lie­fer­ten eine Vielzahl inter­es­san­ter Hinweise auf die aktu­el­len und kom­men­den Musikströmungen.

Heute set­zen wir die Einstiegsübersicht mit den Antworten wei­te­rer Entscheidungsträger fort:


 

„Coverversionen älte­rer Songs wer­den wohl nie aussterben“

 

Kai Tölke, BREMEN VIER, Musikchef

Kai Tölke (Bild © Radio Bremen/Christian Wasenmüller)

1) Dance Remakes aus den 80ern und 90ern, teil­wei­se ja auch schon 70er. Siehe David Guetta “Dreams“. Der am Ende inspi­riert wur­de durch einen ande­ren, immer stär­ke­ren Trend: Tracks, die zum Beispiel auf TikTok genutzt wer­den, ent­wi­ckeln sich zu Hits. Egal, wie alt sie sind. Und dann natür­lich 80er Sounds, die immer mehr in der aktu­el­len Popmusik auftauchen.

2) Coverversionen älte­rer Songs wer­den wohl nie aus­ster­ben, Hollywood (in bes­se­ren Zeiten) lie­fert auch immer wie­der Remakes erfolg­rei­cher alter Filme. Ich den­ke, dass uns die aktu­el­le Welle von Dance Remakes noch etwas beglei­ten wird und ihren Höhepunkt noch nicht über­schrit­ten hat. Das neue Jahr hat uns ja in der ers­ten Woche mit “Lemon Tree“ von Alle Farben schon direkt wie­der den nächs­ten Track beschert. Ich könn­te mir auch vor­stel­len, dass es in 2021 ver­mehrt akus­ti­sche Gitarren im Pop zu hören gibt. Wohingegen das Comeback des Rock im Radio wohl noch etwas auf sich war­ten lässt.

3) Könnte sein, dass Erinnerungen an bes­se­re Zeiten mit Covern von älte­ren Songs die Menschen mehr berüh­ren als in ruhi­ge­ren Zeiten. Und mög­li­cher­wei­se gibt es auch ein ver­stärk­tes Bedürfnis, ruhi­ge­re, akus­ti­sche Songs in unru­hi­gen Zeiten zu gou­tie­ren. Das ist aber rei­ne Spekulation von mir. Was mir in mei­nem noch in gerin­gem Maße vor­han­de­nen pri­va­ten Umfeld deut­lich gewor­den ist, dass die Musik eine fast noch grö­ße­re Rolle spielt als vor der Pandemie. Es gibt mehr Zeit zum Hören, das ist gut für die Seele und führt häu­fig auch zu mehr Diversität.

4) Das Einfließen der Airplay-Daten ändert, glau­be ich, nichts Wesentliches. Außer, dass das Radio für die Charts wie­der mehr Gewicht hat. Für Bremen Vier als Mainstream-Pop-Sender im mitt­le­ren Alterssegment haben die Verkaufscharts in den letz­ten Jahren eigent­lich gar kei­ne Rolle mehr gespielt. Und ich kann mir auch nicht vor­stel­len, dass es durch die­se Umstellung anders wird. Wir wer­den wei­ter­hin die Songs spie­len, von denen wir über­zeugt sind und die in unser Format passen.


 

„2020 war auch das Jahr von gut gemach­ter, ener­gie­ge­la­de­ner Popmusik“

 

Henrike Frey, ANTENNE NIEDERSACHSEN, Stellvertretende Musikchefin

Henrike Frey (Bild: Antenne Niedersachsen)

1) Den Startschuss für den musi­ka­li­schen Trend 2020 lie­fer­te The Weeknd mit “Blinding Lights” und hat so den 80er Synthie-Sound wie­der in den aktu­el­len Mainstream geholt. Egal ob als Remake oder „nur“ sti­lis­ti­sche Elemente. Frei nach dem Motto „ver­trau­ter Sound in moder­ner Verpackung“, haben KünstlerInnen wie Miley Cyrus, Ava Max und Kygo sich stark an dem Sound der 80er ori­en­tiert. Das haben sich auch eini­ge EDM-KünstlerInnen zu Herzen genom­men und ein Remake nach dem ande­ren veröffentlicht.

2020 war aber auch das Jahr von gut gemach­ter, ener­gie­ge­la­de­ner Popmusik. Allen vor­an Harry Styles, Sam Smith, Dua Lipa und Miley Cyrus. 

2) Ich fin­de es sehr schwer über kom­men­de Trends zu spre­chen. Corona beein­flusst alle Bereiche – logi­scher­wei­se auch die krea­ti­ven Prozesse der KünstlerInnen. Ich gehe eher davon aus, dass 2021 an gelern­ten Stilen fest­hält. Eventuell sogar mit einer Tendenz zu bal­la­des­ken Songs, wie zum Beispiel von Olivia Rodrigo, die gera­de mit ihrem Song “Drivers License” einen vira­len Hit gelan­det hat. Auch das Wissen, dass Adele 2021 ein neu­es Album ver­öf­fent­licht, spricht für die Rückkehr der Powerballade. 

Social Media Plattformen, wie Instagram und Tik Tok wer­den auch 2021 maß­geb­lich am Erfolg der gro­ßen Hits betei­ligt sein. Für Ende des Jahres wäre es denk­bar, dass der Rock wei­ter in den Mainstream rückt. Machine Gun Kelly und Yungblud, ebnen gera­de den Weg für die­ses Comeback.

3) Neue Songs hat­ten es 2020 eher schwer. Auch hier zeich­net sich das deut­li­che Bild des „Festhalten am Gewohnten“ ab - was in so unste­ti­gen Zeiten ja auch nicht ver­wun­der­lich ist. 

4) Die Zusammenlegung ist mei­ner Meinung nach, eine gute und rich­ti­ge Entscheidung, da so die Vielseitigkeit der Musiknutzung mög­lichst umfas­send und reprä­sen­ta­tiv abge­bil­det wer­den kann.

 

„Ich gehe fest davon aus, dass der 80s-Sound wei­ter eine gro­ße Rolle spie­len wird“

 

Matthias Weber, HIT RADIO FFH, Leiter der Musikredaktion

1) + 2) Die FFH-Hörer moch­ten auch im ver­gan­ge­nen Jahr die aktu­el­len Pop-Hits von The Weeknd, Ava Max, Tom Gregory, Dua Lipa, Michael Schulte und so wei­ter am liebs­ten. „Mittiger“ Pop also, ger­ne beein­flusst von den Sounds der 80er. Ich hat­te den Eindruck, dass im Verlauf des Jahres deutsch­spra­chi­ge Popmusik etwas an Beliebtheit ver­lor. Das betraf nicht nur aktu­el­le Hits, son­dern auch Titel, die in den letz­ten Jahren bei unse­ren Hörern sehr gut ankamen.

Aber natür­lich wird auch 2021 viel deutsch­spra­chi­ger Pop ver­öf­fent­licht wer­den und er wird sicher­lich auch ein wich­ti­ger Bestandteil unse­res Programms blei­ben. Die Frage ist eher, ob sich die Titel nach­hal­tig im Programm hal­ten können.

Ich gehe fest davon aus, dass der 80’s-Sound wei­ter eine gro­ße Rolle spie­len wird und, dass wei­ter­hin Hits der 80er, aber auch der 90er und des ers­ten Jahrzehnts der 2000er Jahre geco­vert oder Teile dar­aus ver­wen­det wer­den. Aktuelle Beispiele, alle erst in die­sem Jahr erschie­nen und mit bereits „wahr­nehm­ba­ren“ Airplay: Toby Romeo, Felix Jaehn, Faulhaber “Where The Lights Are Low“, Alle Farben & Fools Garden “Lemon Tree“, Leony “Faded Love“. Und ich den­ke, da wird im Verlauf des Jahres noch eini­ges mehr kommen …

3) Wie gera­de beschrie­ben, sehe ich tat­säch­lich eine leich­te Veränderung der Präferenzen im Verlauf des ver­gan­ge­nen Jahres. Ein Zusammenhang mit der Corona-Pandemie lässt sich aber mei­ner Meinung nach nicht herstellen.

4) Natürlich ist es einer­seits schön, dass auch Radio in den “Offiziellen Deutschen Charts“ Berücksichtigung fin­det. Andererseits war aber der Wert der “Offiziellen Deutschen Charts“ für Hörer, „Verbraucher“, Musikinteressierte zuvor schon kaum noch nach­zu­voll­zie­hen und das hat sich dadurch nicht ver­bes­sert. Man kann nicht ein­fach auf den Punkt brin­gen, was die­se Charts abbil­den, so, wie wenn es die meist­ge­hör­ten, meist­ge­kauf­ten oder meist­ge­stream­ten, bezie­hungs­wei­se am häu­figs­ten gestar­te­ten Songs wären. Es ist ein Gemisch aus dem Genannten und noch mehr. Sehen wir dadurch am Ende die aktu­ell belieb­tes­ten Hits? Es wer­den ver­schie­de­ne Werte nach irgend­wel­chen Schlüsseln zusam­men­ge­bracht, die selbst­ver­ständ­lich auch irgend­wie erklär­bar sind. Ob man so die belieb­tes­ten Hits ermit­teln kann, ist durch die unter­schied­li­chen Faktoren schwer nach­voll­zieh­bar. Für mich sind die ein­zel­nen Faktoren kaum mit­ein­an­der zu ver­glei­chen. Aus mei­ner Sicht haben die “Offiziellen Deutschen Charts“ nun viel­leicht mehr Gewicht DURCH das Radio, aber nicht FÜR das Radio.


 

„Mein Tipp: Nach Corona wird Latino-Musik extrem boomen.”

 

Verena Bartsch, Absolut TOP und Absolut HOT, Musikchefin

1) Bei den Neuerscheinungen hat man stän­dig das Gefühl, sie schon in den 80ern gehört zu haben. Retro war daher ganz ein­deu­tig der Musiktrend im letz­ten Jahr und wei­ter­hin auch Dance: Giorgio Moroder, Fox the Fox, Kool & the Gang und vie­le ande­re las­sen grüßen.

2) Die ers­ten Tendenzen las­sen Hoffnung auf­kom­men. Wer hät­te gedacht, dass ein Shanty Song sich gera­de zum Megahit ent­wi­ckelt. Olivia Rodrigo, Billie Eilish - abso­lu­te Highlights. Mein Tipp: nach Corona wird Latino-Musik extrem boomen.

3) Wir haben zur Zeit alle eine gewis­se Sehnsucht nach der „guten alten Zeit“, daher boo­men gera­de die 80er und 90er - nur mit moderns­ter Technik im Sound von heu­te produziert.

4) Bei Absolut HOT und Absolut TOP suchen wir nach einem bestimm­ten, eher urba­nen Sound. Für uns ist der Musikmarkt in England und USA sehr wich­tig. Ich glau­be nicht, dass durch die Airplay-Berücksichtigung der deut­schen Charts die Relevanz für uns Radioleute zunimmt.


 

„Es scheint fast, als sei ein gewis­ses Bedürfnis nach Nostalgischem hoch im Kurs“

 

Thomas Rosch, SR 1 und UNSERDING, Leiter der Programmgruppe Musik und Unterhaltung

Thomas Rosch (Bild: ©Saarländischer Rundfunk)1) Der ganz gro­ße Hype um EDM/Dance Pop im AC-Bereich ist etwas abge­flaut. Für CHR-Formate spielt EDM natür­lich immer noch eine gro­ße Rolle, weil Dance Pop den Zeitgeist wie­der­spie­gelt - eben­so Urban/HipHop aus Deutschland, UK und den USA. Deutsche Popmusik erfreut sich nach wie vor gro­ßer Beliebtheit - je nach Machart - von jung bis alt. Der gro­ße Trend im Jahr 2020 aller­dings: Pop im Stile der 80er Jahre. Viele Synthies, viel Hall, E-Drums … Alles, was sich nach Alphaville oder Whitney Houston anhört, ist aktu­ell sehr popu­lär - eben­so als Remake oder Remix neu auf­po­lier­te Hits aus den Achtzigern und Neunzigern von Star-Produzenten wie etwa Kygo. Die Achtziger selbst, die Originale, per­for­men im AC-Segment auch dem­entspre­chend stark. Im Saarland auch beson­ders beliebt: Handgemachte Popmusik mit dem ein oder ande­ren Gitarreneinschlag (Sam Fender oder Giant Rooks).

2) Der 80er-Trend wird noch anhal­ten, womög­lich sogar anzie­hen. Ein 80er-Revival macht sich gera­de in vie­len Bereichen der Popkultur breit. Durch die vie­len Cover-Version hal­ten aber auch die Neunziger Einzug in die aktu­el­le Musikwelt. Es scheint fast, als sei ein gewis­ses Bedürfnis nach Nostalgischem hoch im Kurs. Auch hand­ge­mach­te, auf weni­ge Instrumente redu­zier­te Popmusik - ohne all­zu viel elek­tro­ni­schen Schnick Schnack - scheint wie­der Fahrt aufzunehmen.

3) Ob sich die Corona-Pandemie auf die Musikpräferenzen unse­rer Hörer aus­wirkt, lässt sich anhand der gän­gi­gen Marktforschungsinstrumente und Daten nicht beant­wor­ten. Hier steht viel­mehr die Frage nach „Gefallen“ oder „Nicht-Gefallen“ im Vordergrund - unab­hän­gig von Musikstil oder Machart der Songs. Zu erken­nen ist aber durch­aus, dass neue Songs mehr Zeit und dem­zu­fol­ge sehr viel mehr Airplay benö­ti­gen, bis sie einen soli­den Bekanntheitsgrad errei­chen. Ob dies an der Pandemie und den damit ein­her­ge­hen­den ver­än­der­ten Lebensumständen der Menschen liegt, kann zwar auch nur spe­ku­liert wer­den, ist aber durch­aus denk­bar. 

4) In den letz­ten Jahren konn­te durch­aus der Eindruck ent­ste­hen, als sei­en die GfK-Charts ein Abbild der Top100 diver­ser Streaming-Anbieter, allen vor­an Spotify und Youtube. Natürlich haben sich die Musikkonsumgewohnheiten und -wege im Laufe der Jahre und Jahrzehnte geän­dert - und das ist auch sehr gut so! Allerdings hat­ten es dadurch jene Songs, die nicht expli­zit die jun­gen Zielgruppen anspra­chen, immer schwe­rer, einen Platz in den Singlecharts und somit auch eine Plattform zu ergat­tern, obwohl sie unter Umständen durch­aus bei Altersgruppen beliebt waren, die nicht aus­schließ­lich Musik strea­men. Durch den Einbezug von Airplay in die Single-Charts wird dem­zu­fol­ge wie­der eine gewis­se Chancengleichheit her­ge­stellt, was wie­der­um Einfluss auf die Radiorotationen der Republik haben wird. Insofern ein wich­ti­ger und fai­rer Schritt für alle Player der Musikindustrie.


 

„2020 war wie­der ein star­kes Jahr für deut­sche und deutsch­spra­chi­ge Musik“

 

Inga Schmaser, del­ta radio, Programmchefin

Inga Schmaser (Bild: ©delta radio)

1) 2020 war wie­der ein star­kes Jahr für deut­sche und deutsch­spra­chi­ge Musik. Besonders der Deutsch-Rap ist wei­ter­hin sehr stark und schafft es ver­mehrt auf die Playlisten der Radiosender. Deutlich zu spü­ren war im ver­gan­ge­nen Jahr aber auch der Trend, sich an gro­ßen Hits der 90er Jahre in viel­fäl­ti­ger Art und Weise noch­mal neu zu ver­su­chen. 

2) Deutsch-Rap wird noch eine gan­ze Weile oben mit­spie­len. Aber gen­re-über­grei­fend wer­den (hof­fent­lich) immer mehr star­ke Frauenstimmen zu hören sein. Billie Eilish, Taylor Swift, Miley Cyrus, LEA, Juju  sind nur der Anfang. Und auch wenn irgend­wie schon alles dage­we­sen ist, wer­den Künstler und Bands mit Ecken und Kanten und ein­zig­ar­ti­gem Sound Erfolg haben.

3) Emotional posi­ti­ve und leich­te Songs hat­ten es 2020 leich­ter in die obe­ren Chart-Bereiche zu kom­men und vie­le Hits konn­ten sich erstaun­lich lan­ge oben hal­ten. Die Pandemie mit den damit ver­bun­de­nen Einschränkungen hat die Einflüsse durch Live-Events und Club-Kultur stark ein­ge­schränkt, so dass 2020 wie­der eher die übli­chen Verdächtigen bestim­mend waren und wenig Neues mitbrachten.

4) Die Charts bil­den ab, wel­che Musik in Deutschland gehört wird. Das Radio spielt dabei eine wich­ti­ge Rolle, was defi­ni­tiv dafür spricht, die Airplay Daten in die Ergebnisse ein­zu­be­rech­nen. Radio hat aber auch die Kompetenz, Playlisten aut­ark und auf­grund eige­ner Erfahrung und Evaluierung chart­un­ab­hän­gig zu gestalten.


 

„Die Trends aus dem letz­ten Jahr wer­den uns auch 2021 wei­ter begleiten“

 

Nico Potzkai, YOUFM, Teamleiter Aktuell & Musik

Nico Potzkai (Bild: ©hr/YOUFM)

1) Der Sound der 80er ist im letz­ten Jahr defi­ni­tiv auch im jun­gen Radio ange­kom­men. The Weeknd, Dua Lipa oder Miley Cyrus haben das unter ande­rem sehr erfolg­reich bewie­sen. Ein zwei­tes gro­ßes Thema waren Coversongs. Ich glau­be, es gab nur weni­ge Wochen, wo kein dance­las­ti­ges 90er/2000er Cover erschie­nen ist. Außerdem haben eini­ge Songs es über Social Media auf die YOU FM-Playlist geschafft. “Ily“ von Surf Mesa oder “Savage Love“ - der offi­zi­el­le Sommerhit - von Jason Derulo waren in Instastories und auf TikTok schon groß, bevor sie im Radio liefen.

2) Ich den­ke, die Trends aus dem letz­ten Jahr wer­den uns auch 2021 wei­ter beglei­ten. Ein bestimm­tes Genre sehe ich gera­de nicht unbe­dingt vor­ne. Wichtig ist vor allem, dass die Musik authen­tisch ist. Junge selbst­be­wuss­te Künstlerinnen und Künstler wie Zoë Wees, Tate McRae oder auch Harry Styles haben das schon im letz­ten Jahr gezeigt.

3) Wir haben fest­ge­stellt, dass vor allem älte­re Songs aus den frü­hen 2000er-Jahren, die unse­re Hörerinnen und Hörer in ihrer Kindheit und Jugend moch­ten, wie­der hoch im Kurs ste­hen. Vielleicht, weil sie sich dadurch flash­back­mä­ßig in die „gute alte Zeit“ zurück­ver­set­zen kön­nen. Neue Titel haben es dage­gen teil­wei­se echt schwer anzu­kom­men oder nut­zen sich auch rela­tiv schnell ab. Da hel­fen auch gro­ße Namen nicht immer weiter.

4) Das ist schwer ein­zu­schät­zen. Mein Eindruck ist, dass eher die Charts selbst von der Umstellung pro­fi­tie­ren. Man sieht an der aktu­el­len Top 10, dass sie nicht nur von Hardcore-Rap-Streamern bestimmt ist, wes­halb sie wohl auch für die brei­te Masse wie­der anspre­chen­der sein soll­te. Die Chartformate im deut­schen Radio wer­den das sicher begrü­ßen. Ob es gro­ßen Einfluss auf die Playlistgestaltung der Sender haben wird, wird sich zeigen.


 

„Das für immer mehr Hörer wich­ti­ge Segment der deutsch­spra­chi­gen Popmusik wird viel­fäl­ti­ger, diver­ser und vor allem weiblicher“

 

Thorsten Sutter, RADIO NRW, Musikredaktion

Thorsten Sutter (Bild: ©RadioNRW)

1) Das ver­gan­ge­ne Jahr hat - mög­li­cher­wei­se durch die Pandemie nost­al­gie­ge­trie­ben - die Renaissance von Sounds lan­ge ver­gan­ge­ner Dekaden wei­ter vor­an­ge­trie­ben. Acts wie THE WEEKND, DAVID GUETTA oder hier­zu­lan­de MARK FORSTER hat­ten mit extrem von 80er-Jahren beein­fluss­ten Songs auch bei unse­ren Hörern ihre größ­ten Hits.

Man kann aber auch gleich die Originale neh­men und sie mit oft nur leich­ten Soundupdates in die Gegenwart ver­set­zen - so wie es zum Beispiel KYGO mit TINA TURNER und DONNA SUMMER gleich mehr­fach getan hat. 

DUA LIPA, AVA MAX und JASON DERULO waren die wich­tigs­ten Künstler-Namen in 2020, “Blinding Lights“ der größ­te Hit und “Jerusalema“ der unge­wöhn­lichs­te Song des ver­gan­ge­nen Jahres.

Ansonsten blieb der EDM-Pop von SCHULZ, JAEHN oder VIZE et cete­ra maß­geb­lich. 

2) Die Bedeutung von EDM wird gera­de bei unse­rem Publikum auch auf Sicht nicht schwin­den. Das für immer mehr Hörer wich­ti­ge Segment der deutsch­spra­chi­gen Popmusik wird viel­fäl­ti­ger, diver­ser und vor allem weiblicher.

Ansonsten darf man gespannt sein, was das Jahr Zwangspause an krea­ti­ven Kräften frei­ge­setzt hat. Außerdem haben etli­che gro­ße Künstler pan­de­mie­be­dingt ihre Releases in die­ses Jahr ver­scho­ben. Möglicherweise steht uns also ein Luxusproblem ins Haus: Mehr Hits als wir eigent­lich spie­len kön­nen  zumin­dest hof­fen wir das.

3) Nein, dafür sehen wir kei­ner­lei Beleg.

4) Wir hal­ten das für den lang über­fäl­li­gen Schritt, dem Radio in der Gesamtbetrachtung des Konsumentenmarktes die Bedeutung zuzu­ge­ste­hen, die sie auch im Jahr 2021 unbe­strit­ten hat.

Der phy­si­sche Markt ver­liert rasant an Relevanz und so blei­ben - wie seit eini­gen Jahren zuneh­mend auch die Streamingdienste - die Radioprogramme essen­ti­ell für den Musikkonsum. Die Wieder-Integration der Airplay-Charts trägt die­ser Entwicklung Rechnung und wird wohl eher umge­kehrt dem Radio im Umgang mit der Musikindustrie Vorteile und Bedeutungsgewinn bringen.

Die Verkaufscharts spie­len bei der Marktbeobachtung sicher­lich eine Rolle, ob sich die neue Gewichtung im zukünf­ti­gen Umgang mit ein­zel­nen Songs dadurch ändern wird, bleibt abzu­war­ten, die Betrachtung des tat­säch­li­chen Radiomarktes über die rei­nen Airplay-Charts hal­ten wir Stand jetzt aller­dings immer noch für deut­lich wich­ti­ger. 

...Fortsetzung folgt!

 

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