Radio Schlagerparadies: „Inzwischen ist DAB+ unseren Hörern ein Begriff“

SchlagerhitparadeDeutsche Schlager polarisieren beim Radiopublikum weiter bei vielen Hörerumfragen. Der Musikmarkt dagegen signalisierte zuletzt einen eindeutigen Trend. Dort erreichen die kommerzielle Erfolge der letzten Jahre von Helene Fischer, Andrea Berg, Vanessa Mai oder Andreas Gabalier nun auch immer stärker die jüngeren Jahrgänge – und forcieren mit dieser Entwicklung sowohl im Fan- wie im Künstlerlager einen belebenden Generationswechsel. Und diese Entwicklung dürfte sich 2020 mit neuen Studio-Alben von Top-Interpreten der Branche fortsetzen. 

mdr SchlagerweltOffenbar (auch) ein Grund, warum sich nun auch die Radiolandschaft noch intensiver auf das Genre besinnt. Nachdem ab Mitte der 2000er-Jahre diverse ARD-Anstalten Schlagertitel schleichend aus ihren Landesprogrammen gestrichen hatten, folgte in den 2010ern die Rolle rückwärts. Dabei nutzten die Öffentlich-Rechtlichen – wie Bayern Plus, NDR Plus und MDR Schlagerwelt – nun den technischen Verbreitungsweg DAB+ zur Einführung neuer, (nahezu) reiner Schlagerwellen. 

RADIO ROLAND

Der private Hörfunk hatte früh erkannt, dass sich Schlagerformate (im Vergleich zu Popwellen) schwerer vermarkten ließen. Folglich reduziert sich die Auswahl einschlägiger Programme auf nur eher wenige terrestrische Angebote – wie Radio Paloma, Radio Schlagerparadies, Radio Roland oder Radio B2. Allerdings bauten die im Markt aktiven Player ihre technische Verbreitung – bevorzugt über DAB+ – zuletzt weiter aus. Wie beispielsweise Radio B2, das inzwischen (jenseits des angestammten Sendegebietes in Berlin und Brandenburg) nun auch in Bremen, Baden-Württemberg, Hessen, Hamburg oder Mecklenburg-Vorpommern zu hören ist. Für die Freunde der Schlagermusik gibt es in manchen Regionen somit wieder die Qual der Wahl zwischen bis zu fünf Schlagerangeboten.

Den über Jahre offenkundigen Mangel an terrestrischen Alternativen kompensiert so mancher Schlager-Freund zwischenzeitlich aber auch durch reine Spartenprogramme im Internet. Dort findet der geneigte Fan ein reichhaltiges und gut aufgestelltes Schlagersortiment mit zahlreichen deutschen Kanälen – von Angeboten mit klassischen Schlager Evergreens der Marke „Dieter Thomas Heck“ bis hin zu Stationen mit Popschlagern oder „Ballermann Mucke“. 

radio radioschlagerparadies smallEiner der Pioniere für einschlägige Musik im Internet war Radio Schlagerparadies. Das Programm ging 2005 im Web unter dem Namen RMN Schlagerhölle auf Sendung. Am 9. August 2007 wurde dem Sender eine bundesweit gültige Sendelizenz ohne Zuweisung von Übertragungskapazitäten von der Landesmedienanstalt Saarland (LMS) erteilt. Nach einer langen Ausstrahlungszeit im Internet, via Kabel, Satellit sowie in regionalen DAB+ Netzen sendet das Programm aus dem Hause der RMN Radiogruppe heute im bundesweiten DAB+ Multiplex. 2017 wurde der Sender erstmals in einer ma-Erhebung ausgewiesen. Nach einer gewaltigen Steigerung um rund 31 Prozent verzeichnet Radio Schlagerparadies laut ma 2019 II heute eine Tagesreichweite von 363.000 Hörern (Montag bis Sonntag).

RADIOSZENE sprach mit Geschäftsführer Herbert Pjede über die derzeitigen Entwicklungen bei Radio Schlagerparadies.


RADIOSZENE: Herr Pjede, Radio Schlagerparadies hat zuletzt weiter an Reichweite zugelegt. In wie weit liegen Sie mit Ihren Erwartungen im Plan?

Herbert Pjede: Die Entwicklung besonders in den letzten Monaten hat unsere Erwartungen übertroffen. Wir haben mit einem stetigen, beharrlichen Wachstum gerechnet. Dass es zu einer solch erdrutschartigen Steigerung kam, hat uns natürlich absolut positiv überrascht.

 

„Dass es zu einer solch erdrutschartigen Steigerung kam, hat uns absolut positiv überrascht“

 

RADIOSZENE: Nachdem es um den Deutschen Schlager längere Zeit im Radio eher mau aussah, hat sich dieser Trend zuletzt gekehrt. In einigen Regionen wie beispielsweise Bremen ist inzwischen mit der Präsenz von Radio Roland (UKW), Radio B2 (DAB+), NDR Plus (DAB+), Radio Schlagerparadies (DAB+) und im weiteren Sinne mit NDR 1 Niedersachsen sogar eine Art „Überversorgung“ erkennbar. Wie weit beeinflusst diese Entwicklung Ihre Planungen?

Herbert Pjede (Bild: Radio Schlagerparadies)
Herbert Pjede (Bild: Radio Schlagerparadies)

Herbert Pjede: Von einer „Überversorgung“ sind wir weit entfernt. Radio Schlagerparadies ist der einzige Sender, der das Genre Schlager 24/7 bundesweit in DAB+ Qualität anbietet. Die von Ihnen genannten regionalen Alternativen sind sinnvolle, regional beschränkte Ergänzungen, weil sie einen lokalen Bezug herstellen, was wir natürlich nicht können. Dafür kann man uns bundesweit hören, kann die Tochter in Flensburg die Mutter in Garmisch grüßen. Das kann kein anderer Sender im Schlagerbereich bieten.

RADIOSZENE: Wie grenzen Sie sich bei der Programmausrichtung musikalisch von den einschlägigen Mitbewerbern ab? Beschreiben Sie uns doch hier einmal Ihr Musikkonzept …

Herbert Pjede: Natürlich hat unser Musikkonzept einen sehr großen Anteil an unserer positiven Entwicklung. Unsere Mischung aus brandneuen Titeln, erfolgreichen Songs der letzten Jahrzehnte und ultimativen Schlagerlegenden kommt bei den Hörern an.

RADIOSZENE: Wie hoch ist der Anteil an neu veröffentlichter Musik?

Herbert Pjede: Rund 30 Prozent der bei uns gespielten Titel sind innerhalb der letzten 12 Monate erschienen.

RADIOSZENE: Die Künstler und Labels haben lange über das Defizit an Schlagern im Radio geklagt, dies hat sich nun ja spürbar verbessert. Wie arbeiten Sie mit der Musikwirtschaft zusammen?

Herbert Pjede: Wir stehen hier im regen Austausch. Die Musikwirtschaft hat erkannt, dass wir uns zu einem etablierten Partner auf Augenhöhe gemausert haben. So haben wir bereits mehrfach in Abstimmung mit unseren Partnern Songpremieren namhafter Künstler auf unserem Kanal durchführen können.

RADIOSZENE: Hatten Sie niemals die Intension – ähnlich wie NDR Plus oder Bayern Plus – auch internationale Schlager zu berücksichtigen?

Herbert Pjede: Nein. Das ist sozusagen ein Versprechen, dass wir unseren Hörern gegeben haben. Wir senden ausschließlich deutschsprachige Schlagermusik. Das ist so und wird auch immer so bleiben.

RADIOSZENE: Wie viele Programmstrecken sind zwischenzeitlich moderiert?

Herbert Pjede: Seit Anfang des Jahres wecken wir unsere Hörer ab 5.00 Uhr in der Früh mit der neuen Morningshow „Deutschland am Morgen“. Von Montag bis Freitag endet die moderierte Sendestrecke erst um Mitternacht. Auch das ist sicherlich ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber unseren Wettbewerbern. Und auch am Wochenende bleibt bei uns das Mikro nicht kalt. Am Samstag geht’s sogar durch, von 8.00 Uhr morgens bis Sonntag früh 6.00 Uhr. Zwei Stunden darf dann unsere Automation ran bevor dann von 8.00 bis 24.00 Uhr wieder durchgängig moderierte Sendungen auf dem Programm stehen.

RADIOSZENE: Offenbar kommt nun noch mehr Bewegung in digitale Radiolandschaft. Wird die geplante Öffnung von DAB+ in Nordrhein-Westfalen der finale Türöffner der digitalen Technik?

Herbert Pjede: Davon gehen wir aus. NRW ist mit einer Bevölkerung von knapp 18 Millionen nicht nur das bevölkerungsreichste Bundesland. Hier schlägt auch ganz besonders das „Herz des Schlagers“. Sehen Sie sich nur einmal die Anzahl der Veranstaltungen im Schlagerbereich im Laufe eines Jahres an.

 

„Wir senden ausschließlich deutschsprachige Schlagermusik. Das ist so und wird auch immer so bleiben“

 

RADIOSZENE: Sehen Sie weitere positive Anzeichen für eine Durchsetzung der DAB+ Technik im Bewusstsein der Hörer?

Herbert Pjede: Ja, in der Tat. Es ist noch gar nicht so lange her da mussten wir vielen unserer potenziellen Hörer erklären, was es mit dieser neuen Technik auf sich hat. Inzwischen ist DAB+ unseren Hörern ein Begriff. Viele haben sich in den letzten Monaten ein entsprechendes Gerät zugelegt oder ihr Autoradio mit Hilfe eines Adapters DAB+ tauglich gemacht. Die Tatsache, dass alle neu zugelassenen Autos ab dem 21. Dezember 2019 verbindlich ein DAB+ Radio haben müssen, wird dieser Technik sicherlich einen weiteren Schub geben.

RADIOSZENE: Was müsste aus Sicht der Programmanbieter weiter getan werden um DAB+ noch nachhaltiger zu fördern?

Herbert Pjede: Die beiden großen deutschen Vermarkter müssten bereit sein, die nationalen DAB+ Angebote durch Vermarktung zu stärken und damit deren Existenz dauerhaft zu sichern. Hier gibt es leider eine bedenkliche Einstellung der Verantwortlichen, vernünftige vertragliche Regelungen nicht zu ermöglichen.