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Von Asien lernen

James Cridland's Radio Futrure

In Qingdao, China, konnte ich ein paar interessante Tage verbringen – dank meiner Teilnahme an einem speziellen Radio-Tag vor dem Asian Media Summit.

Asien ist ein interessanter Radiomarkt, der in einigen Ländern sehr fortschrittliche Radiostationen bietet, die schon fast kommerziell klingen. Dann wiederum andere, in denen vor relativ kurzer Zeit damit begonnen wurde, die staatliche Kontrolle der privaten Sender aufzuheben.

Die Technologie ist in China anders und ein wenig anspruchsvoll – China hat eine so genannte „große Firewall“, die viele Dienste entweder sehr langsam oder gar nicht verfügbar macht. Vieles von Google ist nicht erreichbar – was via Hotel-WiFi relativ schwer zu umgehen ist. Nach ein paar Tagen Nachdenkens habe ich mir allerdings wieder Zugang zu meinem überquellenden E-Mail-Postfach verschaffen können.

Hier gibt es auch viel zu lernen – von einer überraschend großen Menge englischsprachiger Radiostationen mit vielen interessanten Angeboten.

Die Stimme Vietnams, der Regierungssender, hat vor achtzehn Monaten ein englischsprachiges Programm hinzugefügt, das sowohl englischsprachige Auswanderer als auch Menschen, die Englisch lernen, erreichen will. Es ist die einzige englischsprachige Station im Land und sie profitiert, glaube ich, von einem relativ niedrigen Management-Einfluss, was bedeutet, dass ihre MitarbeiterInnen innovativ sein und neue Dinge ausprobieren können.

Bier aus einer ehemaligen deutschen Kolonialstadt
Bier aus einer ehemaligen deutschen Kolonialstadt

Steve Ahern von asiaradiotoday.com hat dies zum Thema ihrer Rede gemacht, aber mir gefiel insbesondere die Verwendung von Hörerbefragungen, um HörerInnen ins Studio zu holen, damit sie ihre Lieblingsmusik vorspielen – was erfreulicherweise ein bisschen mehr darstellt als eine einfache Hörerwunschsendung. Während der Hörer vor Ort ist, nehmen die Moderatoren ein kleines Werbevideo für die sozialen Medien auf – eine nette Art auch für den Hörer, für die Station zu werben.

Wir haben auch einen Redner von Singapurs MediaCorp, dem größten kommerziellen Anbieter des Landes, gehört. Er beschrieb ihren Umzug in ein neues und zweckmäßiges Rundfunkzentrum in der Stadt (komplett mit brandneuen Geräten und neuen Playout-Systemen). Das war mit Sicherheit kein leichtes Unterfangen, aber sie scheinen auch keinerlei Geheimnisse ums Ganze machen zu wollen.

Ich sage oft, dass die Vergangenheit die Fortschritte in Sachen Radio verhindert. Radio ist agil und schnell anzupassen, wenn wir nur vergessen würden, „wie wir es damals gemacht haben“. Dennoch haben viele asiatische Länder kein Radio-Erbe in mit westlichen Ländern vergleichbarer Weise, sodass die Vergangenheit weniger ein Problem für sie zu sein scheint.

Während ich das hier mit einem Blick auf die glänzenden Wolkenkratzer von Qingdao tippe – mit einem Apple Store da ganz unten – ist ganz klar, dass viele Länder in diesem Teil der Welt Veränderungen in einer Geschwindigkeit bewältigen, die an europäischen Orten wie Europa fast unangenehm auffallen würde.

Vielleicht sollten wir lernen, den Wandel zu lieben und herbei zu wünschen, wie es in vielen asiatischen Ländern der Fall ist. Besonders wenn es um Radio geht.

James CridlandDer “Radio-Futurologe” James Cridland beschäftigt sich mit neuen Plattformen und Technologien und ihre Wirkung auf die weltweite Radiobranche. Er spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.cridland.net.

 

 

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