Von Jürg Bachmann
Auf den Radiodays Europe in Barcelona wurde viel über Radio und Social Media diskutiert. Die Radiomacher fragen sich, wo sie im Rahmen ihres Kerngeschäftes Social Media platzieren, wie viel Geld und Energie sie darauf verwenden sollen. Gilt auch für Radio „online first“?
Radio ist ein spezielles Medium. Es läuft meist im Hintergrund und weckt trotzdem Aufmerksamkeit. Gut gemachtes Radio informiert nicht nur über das Wesentliche, sondern löst genauso Emotionen aus, stimmt positiv und zaubert im besten Fall ein Lächeln auf die Lippen der Zuhörer. Radio hat als Medium weder an Beliebtheit noch an Kraft verloren, mögen andere Mediengattungen noch so von Online-Angeboten drangsaliert werden. Wer auch in Zukunft bei seinem Publikum erfolgreich sein will, tut also gut daran, weiter ins Kerngeschäft zu investieren.
Was sich allerdings ändert, ist das Umfeld, in welchem Radioprogramme gehört werden. Der Radiohörer nutzen genauso Social Media wie die Nutzer anderer Medien. Auch Radioverantwortliche müssen also Social Media einsetzen, sich aber genau überlegen, in welcher Funktion. Soll Social Media das Kerngeschäft beeinflussen oder ist Social Media für Radio primär gutes, zeitgemässes Marketing und zusätzliche Hörerbindung?
Wer sich in Barcelona, und zuvor auch schon am Radioday in Paris und anderen spezifischen Radioveranstaltungen umgehört hat, neigt zum Schluss, dass es nicht das Radiogeschäft ist, das sich ändert. Es ist das Marketing, das heute andere Schwerpunkte kennt, als früher. Liessen wir früher pro Jahr zwei oder drei Plakatwellen laufen, wird es in Zukunft nur noch eine einzige sein. Dafür geben wir unser Marketingbudget für Social Media aus. Social Media ist primär ein Marketingtool und kann als solches wertvolles leisten für die Pflege und Unterstützung einer Marke. Aber es ist nicht Kerngeschäft. Es ist primär eine Kostenposition im Marketingbudget. Wer viel investiert in Social Media, allein in der Hoffnung, damit viel Geld zu verdienen, wird wohl bis auf weiteres enttäuscht bleiben.
Klassisches, gut gemachtes Radio wird auch in Zukunft, daran besteht kein Zweifel, bei den Hörern erfolgreich sein. Und Social Media wird die Marke stützen und die Bindung pflegen. Das Kerngeschäft kennt nur einen Feind: die Radiomacher selber, die Social Media falsch einschätzen und dabei das Radiomachen vernachlässigen.
Jürg Bachmann ist Präsident vom Verband Schweizer Privatradios (VSP)