Klar ist Spotify Konkurrenz. Andererseits...

Schon lus­tig, die­ses Spotify. Ich habe zum Glück vor ein paar Tagen gele­sen, dass die App sich ziem­lich eigen­mäch­tig des eige­nen Facebook-Kontos bemäch­tigt und gern dem Freundesclan Titel für Titel mit­teilt, den man gera­de hört. Und was sehe ich, kaum, dass ich mich durch Neuheiten und Playlisten kli­cke? Stehen da unten rechts im Fenster alle Stücke, die sich ein recht bekann­ter Chef eines jun­gen Programms gera­de ange­hört hat. Der Kollege steht pri­vat auf gemä­ßig­ten US-Rock á la Matchbox Twenty oder 3 Doors Down. Es gibt schlechteres.

Ansonsten kann man sich stun­den­lang damit amü­sie­ren, quer durch den Musikgarten alles mög­li­che anzu­hö­ren oder ein­fach einen Stream lau­fen zu las­sen. Für die Mac-Version wäre eine direk­te Einbindung von Airtunes nett, damit die Musik draht­los auf die Stereoanlage über­tra­gen wer­den kann, mög­lichst auf die­sel­be simp­le Tour wie mit iTunes. Aber auch so ist der Dienst klasse.

Und, kei­ne Frage, er ist auch eine Konkurrenz zum Radio. Irgendwie jeden­falls. Aber einst­wei­len eher zum her­kömm­li­chen Webradio, das ja nur unter einer sehr wei­ten Definition Radio ist. Es fühlt sich ganz anders an als ein UKW-Radio, in dem immer mal wie­der etwas gesagt wird und das Verpackung und Identität besitzt. Webradio ist syn­the­ti­scher, künst­li­cher, küh­ler. Und eben­so syn­the­tisch ist auch Spotify.

Das wis­sen die Macher wohl auch. Für den deut­schen Launch haben sie dar­um eine Reihe von Apps dazu­ge­packt, die das Musikvergnügen bele­ben und aus der tum­ben Hörerschaft eine Mitmachgemeinschaft machen soll. Eine etwa sucht anhand von Melodys den pas­sen­den Fellow mit ähn­li­chem Musikgeschmack und heißt dar­um Fellody. Sie ist mit einem Klick als Plugin zur Spotify-App hin­zu­in­stal­liert. Die Sorte Unterhaltung, die da neben der Musik statt­fin­det, ist im Prinzip nicht weit ent­fernt von Radiounterhaltung, basiert aber eben auf User-gene­ra­ted-Content, wie das so schön heißt – und dass der funk­tio­niert, hat Facebook schon bewiesen.

Panik muss dar­um nie­mand schie­ben bei den soge­nann­ten alten Medien. Der Austausch mit der Peer-Gruppe ermü­det auf die Dauer, und die Sterilität des sich auto­ma­ti­siert prä­sen­tie­ren­den Spotify-Automaten wirkt auf die Dauer unwirk­lich. Profi-Unterhaltung wird ange­sichts einer gewis­sen Fixierung aufs Web gern unter­schätzt. Die zeich­net sich neben der mehr oder min­der prä­gen­den Persönlichkeit durch eine aus­ge­spro­chen simp­le Benutzeroberfläche aus, die man als Einschaltknopf bezeich­net. Einschalten – und das Programm tönt aus dem Lautsprecher. Dagegen ist auch die ansons­ten schön ein­fa­che Spotify-Bedienung eine Herausforderung.

Ignorieren soll­te man Spotify frei­lich auch nicht. Der Dienst lässt sich schon jetzt auch als Abspielplattform für Profi-Programme nut­zen. Er ist auch so schon ein wei­te­rer Griff aus dem Netz ins Zeitbudget poten­ti­el­ler Radiohörer. Zu den bes­se­ren Methoden, auch in Zukunft vorn mit­zu­spie­len, dürf­te ein hörens­wer­tes und mög­lichst schwer nach­zu­ma­chen­des Programm gehö­ren. Nur die bes­te Musik – das wird auf Dauer nicht mehr rei­chen. Die bes­te Comedy, die bes­te Information, der schärfs­te Diskurs oder viel­leicht etwas ganz Neues – es wird Zeit, sich Gedanken zu machen, um den Vorsprung zu halten.

 

Lemmer
Christoph Lemmer arbei­tet als frei­er Journalist.