Die im Großraum Zürich zu empfangende Station (Hauptfrequenz: 93,6 MHz) mit dem die Spitzenposition beanspruchenden aber zugleich auch unscheinbaren Namen Radio 1 ist eine umgesetzte Idee des bedeutenden Schweizer Journalisten und Medienmachers Roger Schawinski (65).
Schawinski, der von 2003-2006 auch Geschäftsführer von SAT.1 war, setzte in der Schweiz zuvor bereits entscheidende Meilensteine in der Mediengeschichte der Eidgenossenschaft, sei es mit dem zunächst von ihm auch moderierten Konsumentenmagazin „Kassensturz“ im Schweizer Fernsehen (ab 1974), dem vom seinerzeit stärksten UKW-Sender der Welt auf dem norditalienischen Pizzo Groppera ab 1979 in den Raum Zürich ausgestrahlten „Radio 24“, das 1983 neben anderen Sendern lizenziert wurde, sowie den Fernsehprojekten „Tele 24“ und „Tele Züri“.
Mit Radio 1, einem Sender nur für Erwachsene, will Roger Schawinski einen neuen Akzent in der Schweizer Radiolandschaft setzen.
Fokus auf Musik und Züri
Am 17.03.2008 um 5.30 Uhr ging Radio 1 damals noch auf der 93,0 MHz auf Sendung. Roger Schawinski, der nach seinem Abstecher beim deutschen Privatsender SAT.1 wieder Radio statt Quote mit Telenovelas machen wollte, kaufte vom Betreiber des auf dieser Frequenz sendenden Radio Tropic, Frédéric Dru, dessen Lizenz auf.
„Es liefen zuerst noch die karibischen Klänge von Radio Tropic weiter; Mitte Januar 2008 wurde dann umgestellt auf die Musik von Radio 1. Es fand eine sanfte Umstellung mit der Ankündigung des neuen Programms und Stellungnahmen von Prominenten und normalen Leuten , was diese vom neuen Programm erwarten, statt.“, schildert Chefredakteur Iwan Santoro (40) die Anfangszeit von Radio 1.
Warum aber ein Radio nur für Erwachsene, das seine Zielgruppe überwiegend bei den Hörerinnen und Hörern, die mehr als 35 Jahre alt sind, sucht und findet?
„Dieses Programmsegment war wenig besetzt. Es fehlte nahezu ein Programm, das die Erwachsenen anspricht. Es gab zuvor schon ein Programm für Senioren und ältere Erwachsene, das öffentlich-rechtliche Schweizer Radio DRS 1, und die Züricher Privatsender Radio Energy und Radio 24 für die Jüngeren zwischen 15 und 30 Jahren.“
Schawinski erkannte diese Marktlücke und holte Iwan Santoro in die Programmleitung zu sich, der zuvor in dieser Position bei Radio 24 tätig war. „Zunächst hatten wir die Zielgruppe auch in unserem Claim- Radio nur für Erwachsene. Wir fokussieren uns nunmehr stärker auf die Musik. Wir haben rund 1200 Titel in der Tagesrotation und beanspruchen in der neuen Werbeaktion ‚Mehr Abwechslung – Die besten Songs aller Zeiten‘ für uns.“, beschreibt Santoro den Wandel.
Gründer und Programmleiter Roger Schawinski hält die Mehrheit an den Gesellschaftsanteilen der AG. „Als einziger Sender im Raum Zürich haben wir keinen Bezug zu einem Printmedium.“, stellt Santoro klar. Zeitungen haben bei Radio 1 also nicht die Hände im Spiel. Inhaltlich weist Radio 1 bei den Reportagen als Schwerpunkt den Großraum Zürich auf. Dazu gehören die Kantone Zürich, Schaffhausen, Thurgau, Glarus, Zug , Schwyz und das östliche Aargau. Santoro, selbst aus dem Thurgau stammend, einem Kanton nördlich von Zürich: „Ohne Zweifel. Inhaltlich fokussieren wir auf nationale und lokale Themen. Wir berichten über Themen, die im Großraum Zürich interessieren.“
Experten und Bestseller
Nachrichten und inhaltliche Beiträge spiegeln in erster Linie den lokalen Kontent wider. „Weltnachrichten kommen natürlich auch vor. Sei es die Hochwasserkatastrophe in Pakistan oder der Fall Kachelmann in Deutschland. Eben dann, wenn sie eminent wichtig sind.“ ergänzt Santoro. Um regionale Informationen kümmern sich nach Stellenprozenten ( eine in der Schweiz verbreitete Kategorie, die Personenanzahl anzugeben; der Verf.) 11 Leute. Da aber nicht jeder eine 100 %-Stelle hat sind es de facto 15 Redakteure.
„Das Besondere an Radio 1 ist aber, dass wir eben auch mit unseren Experten arbeiten. So haben wir einen Arzt, einen Filmkritiker, einen Bundeshausanalysten (Berichterstatter vom Parlament in Bern; der Verf.), einen Ernährungsberater, einen Sportkolumnisten usw., den wir zu seinem jeweiligen Fachgebiet befragen können. Daraus resultiert eine klare Abgrenzung: Berichterstattung in den News, zu der unsere Experten ihre Meinung und Stellungnahme abgeben.“ stellt Santoro das Besondere an dem von ihm verantworteten Inhalt von Radio 1 heraus.
Hinzu kommen noch die Auslandskorrespondenten von Radio 1 in allen Erdteilen. „Genau genommen handelt es sich dabei um freischaffende, weltweit tätige Zeitungsredakteure, darunter viele Deutsche. Wir haben aber für diese Korrespondenten das Monopol für den Großraum Zürich. Deswegen werden sie auf unserer Website und in unserem Programm als unsere Korrespondenten bezeichnet.“ macht Santoro unmissverständlich klar.
Unverwechselbare Musik ist beim Medium Radio mehr noch als exklusive Information das Wasser, auf dem man fährt. Die Musik kommt bei Radio 1 aus den letzten 40 Jahren mit Schwerpunkt auf den 70ern und 80ern. „Wenn wir mehr Abwechslung mit den besten Songs aller Zeiten unseren Hörern bieten wollen, eignen sich die Songs der 80er dazu in besonderer Weise im Gegensatz etwa zu den relativ unergiebigen 90ern. Bei uns hört man Bestseller von Tina Turner, übrigens gut bekannt mit Stationsgründer Roger Schawinski, Michael Jackson, Rod Stewart, Madonna, Eric Clapton, Rolling Stones, Simple Minds, Elton John etc.“ beschreibt Santoro die Musikfarbe von Radio 1.
„Wir achten zudem bei Medienpartnerschaften darauf, uns auf Konzerte von Künstlern zu konzentrieren, die wir auch in unserem Musikprogramm berücksichtigen, wie beispielsweise Tina Turner oder Rod Stewart; weniger von Popgruppen der heutigen Zeit. Die Künstler müssen zu Radio 1 passen. Wir sponsern deren Konzerte aber nicht. Medienpartner heißt in diesem Fall: wir haben einen Auftritt mit dem Logo beim Konzert selbst und deren Ankündigung oder im Programmheft, und nicht zuletzt berichten wir darüber. Der Veranstalter hat somit die von ihm gewünschte Berichterstattung und Radio 1 hat Präsenz vor Ort.“, erklärt Santoro das Prinzip.
Zum Hörer finden – keine leichte Aufgabe
Im Jahr 2010 fand bei Radio1 eine Offensive im Hinblick auf die Ausdehnung des Sendegebietes mittels neuer Frequenzen statt. Die Hauptfrequenz vom Züricher Uetliberg änderte sich von 93,0 MHz (und ging an Mitbewerber Radio 105; der Verf.) auf 93,6 MHz.
Durch weitere Frequenzen (siehe unten) wird nun ein Gebiet mit Radio 1 versorgt, das sich von Schaffhausen bis Winterthur und von Baden bis Rapperswil am Zürichsee erstreckt. In Zukunft soll zudem die Walenseestrecke und das Glarner Land bis hin nach Sargans erreicht werden. „Die neuen Frequenzen haben uns ein Drittel mehr Hörer eingebracht. Radio 1 bringt es nun auf eine Tagesreichweite von 110 000 Hörern. Es ist insgesamt alles etwas statisch bei uns in der Schweiz. Die Schweizer schalten langsam um. Es ist ein langer Weg. Wir sind aber zufrieden, dass es aufwärts geht.“, fügt Santoro hinzu.
Die meistgehörte Sendung von Radio 1 ist, wie kann es anders sein, die „Morgenshow“ mit Marc Jäggi. „Spontan würde ich sagen, dass die Morgenshow zwischen 7 und 8 Uhr den meisten Zuspruch hat. Diese Zeiten variieren etwas, so dass auch schon einmal eine halbe Stunde vorher die meisten Hörer einschalten.“
Auf mögliche Programmreformen angesprochen entgegnet Santoro: „Vorerst nicht. Wir haben gerade einige solcher Reformen durchgeführt. Im Infomagazin „Kompakt“ erhält der Radio 1- Hörer nach den Nachrichten um 7 Uhr, 12 Uhr und 17 Uhr Hintergrundinformationen zu den Themen der Zeit. Außerdem kommen in der Morgenshow mehr Livegäste vor. Um 8.20 Uhr senden wir täglich ein „Wirtschaftsmagazin“. Die Presseschau in der Morgenshow haben wir dagegen abgeschafft.“ erläutert Santoro die Neuerungen im Programm von Radio 1.
Was zeichnet ein Radio für Erwachsene aus? „Wir duzen unsere Hörer nicht, wir siezen.“, charakterisiert Santoro einen Erwachsenensender der Form nach. „Wir sagen auch nicht Ihr zur Hörergesamtheit. Außer uns siezt nur DRS 1 seine Hörer. Unsere Moderatoren sind Journalisten und alles Personen mit Ausstrahlung und Personalities. Im Radio 1-Sendeplan senden zudem die gleichen Moderatoren zur gleichen Zeit.
Bei uns kommen kontroverse Diskussionen vor wie in der Sendung „Doppelpunkt“ oder in „Roger gegen Roger“. In letzterer Sendung duellieren sich „Weltwoche“ (Schweizer Wochenmagazin; der Verf.) – Herausgeber Roger Köppel mit unserem Stationsgründer Roger Schawinski. Zwei Mediengrößen, die selten einer Meinung sind.“, führt Santoro weiter aus.
Mein persönliches Fazit
Radio 1 ist ohne Zweifel ein ambitioniertes Radioprojekt. Roger Schawinski , der eidgenössische Antreiber in Sachen Markt und Medien, ist schließlich nicht irgendwer. Er hat sich seine Mannschaft sorgfältig zusammengesucht. Die meisten in Administration, Redaktion und Moderation bringen langjährige Medienerfahrung mit. Die Zeichen stehen auf Erfolg.
Aber die Schweiz ist ein schwieriger, da konservativer Markt. Bei vielen Hörern scheint die Nadel auf der Skala einzurosten. Radio 1 wird dennoch etwas bewegen, das Medium zu neuen Leben erwecken.
Adresse und Frequenzen
Radio 1 AG
Höttingerstr.10
Postfach 12 80
CH- 8032 Zürich
Schweiz
Tel: 0041 / 44 / 208 11 11
Fax: 0041 / 44 / 208 11 10
Email: info@radio1.ch
Internet: www.radio1.ch (Livestream/ News on demand)
Zu hören auf UKW im Großraum Zürich auf:
93,6 MHz- Uetliberg- 1 kW
87,6 MHz- Geltwil- Vorderwald-Allmend 0,5 kW
93,2 MHz- Neuhausen (Rhein) Galgenbuck 0,2 kW
94,2 MHz- Zürich / Zürichberg 0,2 kW
101,8 KHz- Etzel 0,5 kW
102,0 KHz- Winterthur-Brüelberg 0,15 kW – Frequenz wurde vor wenigen Wochen korrigiert von 102,1 auf neu 102,0
102,3 MHz Buchberg- Honegg 0,8 kW
97,3 MHz- Mollis-Wälschbüel 0,5 kW
Abschließend danke ich Christian Brülhart aus Uster für seine Mitwirkung an diesem Artikel.
Der Bericht ist von RADIO KURIER-Redakteur Hendrik Leuker. Er erscheint demnächst in der Fachzeitschrift RADIO KURIER.
(Alle Fotos: ©Hendrik Leuker August 2010)