iHeartRadio – Die Zukunft des Radios?

James Cridland's Radio FutureiHeartRadio hat in der letzten Woche etwas Cleveres gemacht.

In den USA umfasst die iHeartRadio-App einige Funktionen: nicht nur Live-Radiostreams, sondern auch Podcasts, algorithmische Radiostationen und (gegen Bezahlung) einen Musikdienst, der an Spotify erinnert.

Vor einigen Wochen ist eine Funktion hinzugekommen, die volle Konkurrenzfähigkeit zu Spotify herstellt: eine eigene Version von „Discover Weekly”, jener Funktion, die auf geradezu unheimliche Weise herausfindet, welche Art von Musik man gut findet und die einem dann Sachen vorspielt, die man sonst nie hören würde. Diese Funktion ist einer der Hauptgründe, warum ich Spotify nutze. Interessant also, dass iHeartRadio sich nun auch auf dieses Terrain begibt.

Vor zwei Wochen haben sie etwas lanciert, was Spotify übrigens nicht hat: intelligente Übergänge. Bislang spielt jeder Musikdienst eine gewisse Reihe von Tracks hintereinander ab, mit großen Lücken dazwischen. Die vielen begabten jungen Programmierer dachten sich nichts weiter dabei, denn schließlich kamen sie nicht aus der Welt des Radios, wo man mit professionellen Übergängen wunderbare Sachen machen kann. Ich weiß inzwischen nicht mehr, mit wie vielen Vertretern von Musikdiensten ich gesprochen habe, aber eine Reaktion war immer gleich: Immer wenn ich sie auf Übergänge ansprach, gab man sich ahnungslos oder schüttelte den Kopf.

iHeartRadio scheint diese Sache nun anzugehen: eine Lösung namens Super Hi-Fi produziert solide, gut anhörbare Übergänge zwischen sämtlichen Stücken, die man über den Dienst hört. Übrigens: Auch die Lautstärke wird gut nivelliert.

In Großbritannien weist die vor kurzem erschienene MIDAS-Umfrage von RAJAR aus, dass 17% der Befragten im Land Radio hören, allerdings gut 12% On-Demand-Musikdienste nutzen (Folie 17). Und das in einem Land, in dem es kein Pandora oder IHeartRadio gibt, aber immerhin Dienste wie Spotify und einige andere.

Die Strategie von iHeartRadio zielt offenbar darauf ab, in ein Produkt zu investieren, das mit dem Radio konkurrenzfähig ist und irgendwann vielleicht einmal an seine Stelle treten wird. Diese Pille muss wohl bitter gewesen sein. Aber je mehr das Produkt wächst, desto sinnvoller wird es von Monat zu Monat erscheinen. 

Bis jetzt vermarktete sich das Radio hauptsächlich über das eigene Musikkonzept unter Ausschluss sämtlicher anderer Musikkonzepte. Aber im Zeitalter der Online-Musikdienste, die in der Lage sind, ihre Hörer an neue Musik heranzuführen und die nun sogar auch gute Übergänge hinkriegen, sollte man sich auf die anderen Vorzüge konzentrieren, die das Radio zu bieten hat.

Warum sollte man immer wieder „die Hits der 80er, 90er und das Beste von heute” anpreisen, während man über etwas verfügt, was das Produkt wirklich einzigartig macht: über Menschen!


James Cridland
James Cridland

Der Radio-Futurologe James Cridland spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Er betreibt den Medieninformationsdienst media.info und hilft bei der Organisation der jährlichen Next Radio conference in Großbritannien. Er veröffentlicht auch podnews.net mit Kurznews aus der Podcast-Welt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.crid.land.