DAB+ in Frankreich: Sendestart ohne die Großen

dab-paris-big In Frankreich ist an die­sem Wochende das Digitalradio DAB+ gestar­tet. Nach dem DAB-Neustart in Deutschland und den Niederlanden sind nun auch in meh­re­ren fran­zö­si­schen Großstädten Radiosender digi­tal-ter­res­trisch on air. Das Programmangebot ist groß. Doch wich­ti­ge Unterstützer fehlen.

37 Sender sind nun in Paris auf DAB+ zu emp­fan­gen. Nicht alle sen­den rund um die Uhr, doch alle zusam­men lie­fern ein span­nen­des Programmangebot. Auffällig ist vor allem die Präsenz von Sendern für Bürger mit Migrationshintergrund: Neben dem ursprüng­lich aus Gabun stam­men­den Sender Africa N°1 sind etwa auch „France Maghreb 2”, „Paris Mandarin”, „Radio Orient”, „World Radio Paris” (auf Englisch), „Fréquence India”, „Beur FM”, „Antinea Radio”, „Radio Alfa” (por­tu­gie­si­sche Gemeinschaft), „Medi 1” (ein Ableger des marok­ka­ni­schen Senders) und „LCF”, der zwei­te Sender für chi­ne­sisch­stäm­mi­ge Pariser, mit von der Partie. Insgesamt sind fol­gen­de Programme auf Sendung:

Logos der Radiostationen auf DAB+ in Paris

Weitere Programme kön­nen in Marseille auf DAB+ gehört wer­den, ver­schie­de­nen Berichten zufol­ge ist ein eben­falls geplan­tes Angebot in Nizza abge­se­hen von Testausstrahlungen jedoch noch nicht auf Sendung. Kleinere Multiplexe wer­den in Monaco (8 Sender), Nantes (13 Sender) und Lyon (6 Sender) ver­brei­tet, im Rest des Landes herrscht noch Funkstille. Im Vergleich zu den Sendernetzen in der Schweiz, in Deutschland oder den Niederlanden ist bemer­kens­wert, dass in Frankreich ver­schie­de­ne Netzbetreiber die Programme auf Sendung brin­gen. In Paris, Marseille und Nizza sind eine Hand voll Sender noch nicht in der Luft, da sie sich nicht auf einen gemein­sa­men Netzbetreiber eini­gen konn­ten (dar­un­ter TSF Jazz, Skyrock, Sud Radio). Ein wenig chao­tisch und so gut wie ohne Testperiode als Vorlauf gestal­tet sich der Start des „Radios der Zukunft” in Frankreich.

Keine öffent­lich-recht­li­chen Programme, kein RTL, nichts von Lagardère

Mit euro­news radio, Programmen aus dem Hause von FG DJ Radio, ado FM oder Skyrock und TSF Jazz sind auch durch­aus bekann­te Namen Teil der Digitalradio-Angebote. Doch die ganz gro­ßen Namen feh­len: Während sich das öffent­lich-recht­li­che Radio France gene­rell zurück­hält, sprach sich das Bureau de la radio sehr deut­lich gegen DAB+ aus. Man sehe kei­ne wirt­schaft­li­che Grundlage für die digi­tal-ter­res­tri­sche Ausstrahlung und wol­le sich eher auf Streaming-Angebote im Internet kon­zen­trie­ren. Mitglieder des Bureaus sind u.a. die Sendergruppen Lagardère, RMC und RTL, damit also Programme wie Europe 1, RTL und RTL 2, Virgin Radio, RMC, Nostalgie und Fun Radio. 

Deutschland, Österreich und Belgien als Negativ-Beispiele

Um die­sen Standpunkt zu unter­strei­chen, nennt man auch Großbritannien und Deutschland als Beispiele für eine unbe­frie­di­gen­de Entwicklung, da hier die Marktdurchdringung von DAB-Radios noch nicht zufrie­den­stel­lend sei bzw. ein Abschaltdatum im Vereinten Königreich ver­scho­ben wer­de. NRJ ist in Deutschland selbst gegen­wär­tig mit einem eige­nen Programm im natio­na­len Multiplex aktiv. Lagadère soll sich eben­falls um einen eige­nen Sendeplatz in Deutschland bemüht haben, zu einer Bewerbung kam es jedoch bis zum Sendestart 2011 nie. Gegenüber RADIOSZENE sag­te ein Sprecher von ENERGY, die Zukunft des deutsch­land­wei­ten NRJ-Progamms auf DAB+ stün­de momen­tan nicht zur Debatte.

Wie das Portal cbnews.fr berich­tet, weist die Sendergemeinschaft auch auf die Entwicklung in Belgien und Österreich hin, wo der Digitalradio-Start immer wie­der ver­scho­ben wer­de. Ob das Bureau de la Radio auch Dänemark, Norwegen, die Niederlande oder die Schweiz in ihre Untersuchungen ein­be­zo­gen hat, ist nicht bekannt. Hier wird die DAB-Entwicklung von Beobachtern meist posi­tiv bewertet.

Ob das Digitalradio, das in Frankreich RNT heißt, Erfolg haben wird, wer­den erst die nächs­ten Monate zei­gen kön­nen, der Start ist holp­rig. Einige Sendeanlagen befin­den sich noch im Testbetrieb und sol­len erst in den kom­men­den Wochen mit vol­ler Sendeleistung fun­ken. Neben den gro­ßen Programmanbietern ver­misst man zudem eine ein­heit­li­che Werbekampagne, wie sie in fast allen ande­ren Ländern statt­fand, in Deutschland etwa durch das Digitalradio-Projektbüro mit der Website www.digitalradio.de. Eine ähn­li­che, aktu­el­le und moder­ne Anlaufstelle fehlt in Frankreich noch völlig.

 

Titelfoto: Spitze des Eifelturms. Quelle: Pchiles (cc-by-sa). Zusammenstellung der Logos: sirti.info