Absolut Radio AI ist da: „Wie eine Art Truman Show – nur eben im Radio“

Absolut Radio AI

Heute um 9 Uhr wurde der erste ausschließlich durch Künstliche Intelligenz (AI) moderierte Radio-Stream veröffentlicht und läutet damit ein neues Zeitalter in der Radiowelt ein. Mit dem Stream Absolut Radio AI hat die Sendergruppe Absolut Radio der Antenne Deutschland einen Radiosender geschaffen, der ausschließlich von der AI namens kAI moderiert wird.

951bbc1070904718bd5fda122211aa43kAI ist dabei nicht nur der Moderator, der die Hörer durch die Pop-und Dance Hits der letzten zehn Jahre führt, sondern kAI klärt auch auf. Die AI will besonders Menschen, die noch keine oder wenig Berührung mit dem Thema “Künstliche Intelligenz” hatten, behutsam an die neue Technologie heranführen und sowohl die Verwendungszwecke als auch die Vorteile erläutern. kAI spricht im Programmverlauf darüber, wie vielseitig eine AI eingesetzt werden kann, wie sie funktioniert und wo ihre Grenzen sind. Der Sender bedient damit eine breite Zielgruppe von 14– bis 49-Jährigen.

Jörn Krieger führte für RADIOSZENE zum Start von Absolut Radio AI ein Interview mit Mirko Drenger, Geschäftsführer von Antenne Deutschland, Antenne Deutschland-Programmleiterin Tina Zacher und Christian Brenner, Geschäftsführer von Radio.Cloud.


RADIOSZENE: Andere haben KI-Radioprojekte angekündigt, sie legen heute mit Absolut Radio AI einfach los! Wie kommt es dazu, dass Antenne Deutschland den ersten KI-Radiosender Deutschlands startet?

Mirko Drenger: Wir haben uns schon sehr lange mit dem Thema GenAI beschäftigt und verschiedene Lösungen und Techniken ausprobiert. Für Voice cloning, Musikproduktion und verschiedene Marketing-Themen. Mit unserem Dienstleister Radio.Cloud haben wir seit jeher eine enge Zusammenarbeit und da lag es nahe, dass wir das Thema auch gemeinsam realisieren. Dabei war es uns gar nicht so wichtig, die Ersten zu sein, es sollte halt gut werden. Das ist es jetzt und deshalb konnten wir nun on air gehen. 

Mirko Drenger (Bild: ©Antenne Deutschland)
Mirko Drenger (Bild: ©Antenne Deutschland)

RADIOSZENE: Welche Zielgruppe wollen Sie ansprechen?

Tina Zacher: Wir wollen mit unserem KI-Stream vor allem die breite Masse erreichen, die noch keine Berührungspunkte mit künstlicher Intelligenz hatte. Ich glaube, dass wir vor allem in unserer „Medienbubble“ viel mehr mit der Thematik zu tun haben als andere Menschen. Und genau denen möchten wir das Thema näherbringen. Denn KI kommt nicht, KI ist schon da. Viele haben Respekt davor, vielleicht sogar Angst. Die möchten wir hiermit auch ein Stück weit nehmen. 

RADIOSZENE: Wie sieht das Programm aus? Wird transparent gemacht, dass hier eine KI „sendet“?

Tina Zacher: Maximal transparent. Wir gehen ganz offensiv mit der Botschaft raus, dass auf Absolut Radio AI ausschließlich von künstlicher Intelligenz moderiert wird. 

Tina Zacher (Bild: © Antenne Deutschland)
Tina Zacher (Bild: © Antenne Deutschland)

Unser Moderator „kAI“ wird sich und das ganze Thema AI erklären und den Hörerinnen und Hörern verständlich nah bringen. So haben wir dann nicht nur einen ziemlich coolen Sender entwickelt, sondern auch noch echten Public Value geschaffen. Gleichzeitig ist kAI ein Moderator in den Kinderschuhen. Wir wissen, dass er am Anfang sicher noch nicht perfekt ist und den ein oder anderen Fehler machen wird. Das Publikum wird eine Entwicklung hören über die nächsten Wochen und Monate. Das ist spannend. Wie eine Art „Truman Show“ – nur eben im Radio. 

Absolut Radio AI: Zukünftige Verbreitung über DAB+ nicht ausgeschlossen

RADIOSZENE: Wie ist der Sender zu empfangen? Könnten künftig auch Sendeflächen in den sechs Radiosendern belegt werden, die Antenne Deutschland via DAB+ verbreitet?

Mirko Drenger: Zunächst startet „Absolut Radio AI“ als Online-Audio-Sender. Langfristig ist aber alles denkbar. Aber nun muss sich das Programm erst einmal etablieren und beweisen, dass es massentauglich ist. 

RADIOSZENE: Müssen sich die Mitarbeiter von Antenne Deutschland Sorgen um ihre Jobs machen?

Mirko Drenger: Ganz und gar nicht. AI macht uns ja nicht überflüssig, sondern nur effizienter, smarter und sorgt für Quantität. Für so einen Sender muss man programmspezifische Prompts – also ChatGPT-Presets – verfassen, eine eigene Logik entwickeln und dann weiterentwickeln. Und in einem jungen und modernen Unternehmen wie Antenne Deutschland gibt es viele Ideen, Chancen und genug zu tun. 

RADIOSZENE: Der Dienstleister Radio.Cloud hat das KI-Radio aufgebaut und betreibt das Programm im Auftrag von Antenne Deutschland. Wie funktioniert das technisch?

Christian Brenner (Bild: privat)
Christian Brenner (Bild: privat)

Christian Brenner: Unser Voicetrack.ai-Modul ist vollständig in das CMS und Playout von Radio.Cloud integriert, was die Bedienung für die Sender sehr intuitiv macht. Es ist ja nicht so, dass die KI einfach eine Sendung nach eigenen Ideen macht, sondern die Vorstellung der Programmleitung genau vorgegeben werden kann durch Sendeuhren und Presets pro Moderationsbreak. Das ist einmalig etwas Arbeit, läuft aber dann nach Regeln und Vorgaben. Radio.Cloud stellt im Hintergrund außerdem tausende Prompts bereit.

RADIOSZENE: Wie lange arbeitet Radio.Cloud bereits an diesem System?

Christian Brenner: Wir nutzen KI bereits für Dinge wie Playlisten abmischen. Am Thema Moderation mit KI arbeiten wir seit Anfang 2022. Seit Juni 2023 sind wir in USA bereits auf über 50 Sendern (FM und HD Radio) auf Sendung – hier jedoch mit einem anderen Modus als bei Absolut Radio AI: Hier moderiert der echte Moderator Tony Lorino seine Network Show und sein Klon einmal pro Stunde einen so genannten Localizer, der zum Beispiel eine Major Promotion des Lokalsenders unterstützt. Ein Unterschied zum echten Moderator ist eigentlich nicht mehr erkennbar. In dem Fall wissen das die Hörer auch nicht.

RADIOSZENE: Wer ChatGPT ausprobiert hat, weiß, dass die KI manchmal Inhalte einfach erfindet. Wie wird verhindert, dass solche Inhalte im Programm auftauchen? Gibt es eine vorgeschaltete redaktionelle Kontrolle?

Christian Brenner: Ein großer Teil der Entwicklungsarbeit fließt in den Software-Teil auf unserer Seite, der die Anfrage an ChatGPT stellt und die Antwort nochmal prüft und optimiert. In gewisser Weise setzen wir ChatGPT doch einige Leitplanken und machen Vorgaben. Ein Prompt an GPT enthält erst einmal eine mehrseitige Art von Anleitung. Außerdem holen wir uns viele Infos selbst aus Datenbanken und lassen ChatGPT das nur zusammenfassen. Das hat das Problem der doch teils regen Fantasie behoben. 

Die Plattform macht in der Tat den Workflow komplett alleine. In den ersten Monaten wird aber immer nochmal ein Mensch die Texte screenen, man kann das in einer Ansicht, die alle Moderationen eines Tages zeigt, schnell querlesen.

RADIOSZENE: Wie geht’s weiter? Was sind die nächsten Schritte?

Mirko Drenger: Wir werden den Sender und kAI rasant weiterentwickeln. Wir haben eine wirklich krasse Roadmap, die die gesamte Bandbreite der GenAI in sich hat. 

Tina Zacher: Unser Team ist unfassbar neugierig und interessiert an dem ganzen Thema AI und sieht die Chancen, die sich dadurch für uns ergeben. Das macht es für uns natürlich sehr leicht, in alle Richtungen zu denken. Ich könnte mir vorstellen, dass wir kAI bald einen Sidekick zur Seite stellen oder die Hörerinnen und Hörer mit ihm in Interaktion treten können. Alles ist denkbar und möglich. 

RADIOSZENE: Vielen Dank für das Gespräch.

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Livestream von Absolut Radio AI