Seit dem 1. Oktober hat die Landesanstalt für Medien NRW das angekündigte Formular auf seinen Online-Seiten freigeschaltet. Bis 29. Oktober 2018 können darauf Interessenten dem Call for Interest folgen, mit dem die Medienwächter in Düsseldorf herausfinden wollen, wer im Land was auf DAB+ senden möchte und welche Verbreitungsgebiete angepeilt werden. Beim ersten Anschein ist das Formular nicht einfach zu begreifen und es enthält einige Fallstricke. Einer der umtriebigsten Promotor für Lokalfunk auf DAB+ ist die Düsseldorfer Gruppe „MEHR! Radio“. Wir baten Stefan Kleinrahm um eine Einschätzung des Formulars speziell und der Lage der Branche generell.
RADIOSZENE: Wie bewerten Sie die Studie des Goldmedia-Instituts zur Zukunft des Radios in NRW?
Stefan Kleinrahm: Was wir aus der Studie ziehen, ist, dass die Digitalisierung des Hörfunks unweigerlich kommt. Welcher digitale Übertragungsstandard welchen Anteil daran haben wird, das hängt natürlich auch davon ab, wie medienpolitisch die Weichen dafür gestellt werden. Den Anteil von DAB+ in zehn Jahren schätzen wir zwar höher ein als die Studie, aber auch hier lautet die Botschaft unmissverständlich: DAB+ wird seinen Platz als Übertragungsweg haben.
RADIOSZENE: Was sagen Sie zur Bedarfsabfrage der Landesanstalt für Medien NRW ?
Stefan Kleinrahm: Die beste Bedarfsabfrage ist die Ausschreibung. Zumindest was den geplanten Multiplex für den Ballungsraum Düsseldorf betrifft. Hier muss es nach unserer Auffassung keine Abstimmung mit landesweiten Bedarfen geben. Frequenztechnisch berührt der Multiplex, den wir für Düsseldorf haben wollen, die Planungen für den Landesmux nicht. Und für die Programmplätze auf dem Ballungsraummux in Düsseldorf gab es bereits im Vorfeld großes Interesse. Leider ist das Formular zur Bedarfsabfrage sehr verwirrend. Die Versorgung „Ballungsraum“ ist namentlich gar nicht vorgesehen. Teilnehmer der Abfrage können unmittelbar die Option „Landesweit“ oder „Landesweit Regional“ oder einzelne Regionen angeben. Erst weiter unten im Formular gibt es den Punkt „Nur Teilgebiet von NRW, das vom Konzept abweicht“. Nur hier lässt sich eine Ballungsraumversorgung subsumieren und im Textfeld beschreiben. Hier werden wir unseren Bedarf formulieren.
RADIOSZENE: Alternativ auch für landesweit oder regional?
Stefan Kleinrahm: Das halten wir nicht für sinnvoll. Wir werden unser Interesse an Ballungsraum-Multiplexen unmissverständlich deutlich machen. Die Angabe mehrerer Optionen ist nicht eindeutig und hat ja auch keine reservierende Funktion. Für größere Sendegebiete als Alternative werden wir uns gegebenenfalls entscheiden, wenn nur so ausgeschrieben wird.
RADIOSZENE: Warum Ballungsraum Düsseldorf?
Stefan Kleinrahm: Die Programme, die wir für MEHR! Radio geplant haben, zielen auf den Großraum Düsseldorf. Die Identität der Region ist uns wichtig. Gerade kleine Spartensender können die kulturreiche Szene eines Ballungsraums gut abbilden. Diese vielfältige Radiokultur wünschen wir uns.
RADIOSZENE: Und dazu möchte MEHR! Radio den Multiplex selbst betreiben?
Stefan Kleinrahm: Richtig. Neben unseren eigenen Programmen sind hier weitere freie Anbieter wie z. B. lulu.fm vorgesehen. Mit dem Eigenbetrieb möchten wir die Erfahrungen, die Radiosender in Deutschland jüngst mit dem externen UKW-Netzbetreiber machen mussten, ausschließen. Auch die Kosten spielen dabei eine große Rolle. Da wir selbst betreiben wollen, achten wir auf die Kostenstruktur und müssen keinen unnötigen Wasserkopf mitfinanzieren. Das schätzen auch die interessierten Partnersender, die von der Kostenersparnis profitieren. Das sehen wir auch am starken Interesse für die Kapazitäten in unserem Multiplex. Auch für die letzten freien Plätze wird es noch vor Ablauf des Call for Interests Anfragen geben.
RADIOSZENE: Herr Kleinrahm, vielen Dank für das Gespräch.