Ein Freund von mir hat ein Abonnement für die Zeitschrift Scientific American und liest derzeit gespannt die Archivausgaben, auf die er mit seinem Abo zugreifen kann.
Bereits im Februar 1941 veröffentlichte das Magazin einen Bericht über die Einführung des UKW-Rundfunks. Er versucht, die Zukunft von UKW vorherzusagen und ergänzt folgende Warnung:
„Das hörende Publikum, nicht die Ingenieure, wird der entscheidende Faktor sein. UKW-Sender sind in der Luft. Sie haben bereits ein großes Publikum. Wenn diese Leute auf UKW etwas Wünschenswertes, Besseres und mehr an ihre Bedürfnisse Angepasstes finden, werden sie danach verlangen. Diese Forderung wird gehört und befolgt. Letztendlich muss man sich daran erinnern, dass Öffentlichkeit Rundfunk möglich gemacht hat und nun über das Schicksal von UKW bestimmen wird.“
Im Jahr 2017 erleben wir Versuche in verschiedenen Ländern, einen Nachfolger für analoge UKW-Verbreitung zu fördern. Dabei ist es interessant, die Unterschiede unter die Lupe zu nehmen.
Die deutsche Regierung diskutiert derzeit über ein neues Gesetz, das den Verkauf von UKW-Radios, die nicht auch Zugang zu DAB+ und Internetradio ermöglichen, für illegal erklärt. Die vorgeschlagene Änderung des Telekommunikationsgesetzes richtet sich an Geräte, die „den Programmnamen anzeigen“ können, was im Wesentlichen hochwertige Funkempfänger meint – beispielsweise schicke Home-Hifi-Empfänger und Autoradios. Allerdings hören derzeit in Deutschland nur 3,4 % der Radionutzer über DAB+ (und 5,9% via Internetradio).
- Norwegen hat die Einführung von DAB+ erreicht, indem es den Hörern keine Wahl hinterlassen hat: Es wurde verkündet, UKW würde abgeschaltet (und mittlerweile ist dieser Prozess abgeschlossen). Dieser Schlag wurde durch eine signifikante Extra-Auswahl etwas abgemildert: Ein typischer Zuhörer hätte weniger als zehn UKW-Kanäle präsentiert bekommen und freut sich nun über mindestens 35 digitale. Ende des vergangenen Jahres, vor dem Abschalten, nutzten 40 % der HörerInnen im Land DAB+.
- Australien scheint DAB+ Dienstleistungen in Ballungsgebieten erfolgreich gestartet zu haben, ohne gesetzliche Drohgebärden an Radio-Händler oder Erschrecken der Nutzer durch ein Abschalten. 12 % der Erwachsenen in Sydney hören ausschließlich digital sendende DAB+ Stationen und mindestens 27 % der Aussies in DAB+ Gebieten hören wöchentlich digital.
- Die britische Radio-Industrie denkt allmählich um, denn die Regierung könnte darüber nachdenken, UKW abzuschalten – auch wenn sie nicht öffentlich darüber spricht. Die Erfahrung mit den zusätzlichen Stationen zeigt, dass DAB 32,9 % des Radiohörens ausmacht (zumindest war das so, als ich dies hier geschrieben habe – diese Woche erscheinen neue Zahlen).
Die Worte von A. P. Peck, dem Autor des 1941 im Scientific American erschienenen Artikels, sind in dem Zusammenhang bemerkenswert: „Wenn diese Leute auf UKW etwas Wünschenswertes, Besseres und mehr an ihre Bedürfnisse Angepasstes finden, werden sie danach verlangen.“
Das gleiche gilt auch heutzutage für DAB, HD Radio oder Internetradio. Wenn das Produkt nicht wünschenswert besser oder mehr an Bedürfnisse angepasst ist, kann die Branche wahrscheinlich alle ihre Lobbyisten in Marsch setzen, aber es würde eine lange und schwere Schlacht.
Mr. Peck wäre bestimmt der Meinung, es wäre besser, das Publikum mit Verbesserungen zu erfreuen als ihm zu drohen!
Der “Radio-Futurologe” James Cridland beschäftigt sich mit neuen Plattformen und Technologien und ihre Wirkung auf die weltweite Radiobranche. Er spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.cridland.net.