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Und wieder grüßt der dicke Mops…

Es gibt Dinge im Radio, die sind soooo unglaublich originell, dass sie ständig wieder passieren. Sei es der DJ, der sich ganz kurz vor der MA im Studio einschließt und nur noch eine oder maximal zwei Platten spielt oder der Moderator, der „entgleist„. Auch beliebt ist es, sich oder die Hörer nackig zu machen – bei den Moderatoren war das ja unkritisch, solange es noch keine Webcams im Studio gab. Ein weiterer unglaublicher Spaß ist die Aktion „Größere Möpse braucht das Land“, sprich: eine Brust-OP.

974016713e834103b8fa35192815c557 Zum Jahresanfang blies Radio Galaxy Ingolstadt eine solche Aktion wieder ab, weil die BLM das auf Werberichtlinien, Gewinnspielsatzung und Jugendschutz überprüfen wollte. Dabei wäre Radio Galaxy vermutlich auf die Schnauze geflogen, zudem braute sich ein Shitstorm zusammen. Immerhin kam der Sender so in die Presse, dafür ist sowas ja immer gut.

(Bild: @KRONEHIT)

KRONEHIT hat in Österreich von der BLM nichts zu befürchten und übernimmt gerne bereits anderswo gelaufene Skandälchen. Also gibt es nun auch hier Brustvergrößerungen oder Straffungen, die die Teilnehmerinnen aus rechtlichen Gründen zwar selbst bezahlen müssen (Brust-OPs dürfen auch in Österreich nicht verlost werden), die allerdings ein Honorar von je EUR 5000 für Bild, Film und Tonaufnahmen, Studiobesuche und PR-Termine erhalten.

Um der Moralkeule zu entkommen, sollen hier allerdings nur Mütter mit ihren Töchtern im Doppelpack antreten dürfen. Ohne daran zu denken, dass „Mutter mit Tochter“ bei Manchem noch unmoralischere Assoziationen auslösen wird und zudem aus biologischen Gründen Brustvergrößerungen bei Frauen, die schon mal schwanger waren, nur noch selten „notwendig“ sind, falls man dieses Wort in diesem Zusammenhang überhaupt benutzen sollte.

KRONEHIT betont in den Teilnahmebedingungen, dass es sich nicht um ein Gewinnspiel handele, sondern ein „Experiment“. Die Teilnehmerinnen werden nicht zufällig ausgewählt, sondern nach „redaktionellen Kriterien“. So wie jahrelang das Girl auf Seite 3 der BILD?

Ein Experiment? Ein Experiment, ob es auch hier in einem Shitstorm endet? Aber natürlich erhält der Sender alle Rechte am „Foto- und Videocontent“, sprich: Es gibt T*ttenbilder. Für die Mitarbeiter und vielleicht auch die Hörer:

Die KRONEHIT Radio Betriebs GesmbH darf Name und aufgezeichnete Äußerungen der Teilnehmer/innen, sowie Foto- und Videocontent unbegrenzt für sich und seine Werbezwecke verwenden. Der/die Teilnehmer/in tritt alle Rechte an der Veröffentlichung seiner/ihrer Beiträge im Zusammenhang mit dem Experiment an das Programm der KRONEHIT Radio Betriebs GesmbH ab.

Apropos Zufall: Die Namensähnlichkeit mit „Tutti Frutti“, dem Gewinnspiel, wo es Möpse mit Kirscharoma zu gewinnen gab und dessen Regeln niemand verstand, aber auch niemand interessierten, ist sicher kein solcher.

Teilnahmebedingungen KRONEHIT Tutti Kompletti

  1. Das Experiment „KRONEHIT Tutti Kompletti“ stellt kein Gewinnspiel dar.
  2. Die Auswahl der Teilnehmerinnen erfolgt nicht zufällig, sondern nach redaktionellen Kriterien.

Na dann: Hemden hoch und Bewerbungsfotos einsenden, wenns bei RTL mit dem Dschungelcamp nicht geklappt hat. 5000 Möpse, pardon, Kröten warten. Aber fix sein, bevor es verboten wird ;-)

Update vom 25. April 2017

Auch DIE GRÜNEN haben nun auf die KRONEHIT-Aktion reagiert.  Die Pressemeldung hier im Wortlaut:

Grüne zu KroneHit-Medienaktion: Eine Brust-OP zum Muttertag hat Frauen noch gefehlt

Aslan: Anpreisung von Schönheitsoperationen seit 2013 verboten

Die Gruenen(Wien/OTS) – „Die Medienaktion ‚Tutti Completti‘ von KroneHit ist eine Zumutung für alle RadiohörerInnen in Österreich“, kritisiert die Grüne Frauensprecherin Berivan Aslan. Im Rahmen einer Ausschreibung stellt der Privat-Radio-Sender derzeit Bewerberinnen eine ästhetische Brustoperation für ein Mutter-Tochter-Paar in Aussicht.

„Die Schönheitschirurgie zieht einen Vorteil aus Unsicherheiten bei Frauen in Bezug auf ihr Aussehen, die diese ja meist nur wegen den einschlägigen Medienbildern und Werbeangeboten haben“, betont Aslan. Der Slogan „Willst du dir und deiner Mutter neue Brüste schenken zum Muttertag?“ sei verharmlosend in Bezug auf chirurgische Eingriffe, die natürlich auch medizinische Folgen haben können.

„Seit 2013 wird die Bewerbung von Schönheitschirurgie in Österreich mit gutem Grund unter Strafe gestellt“, stellt Aslan klar. Die Ankündigung von Seiten der SPÖ-Frauen, den Radiosender sowie den teilnehmenden Arzt der Aktion anzuzeigen, unterstützt die Grüne Frauensprecherin. „Weibliche Brüste, und damit Teile von Frauenkörpern, mit Geschenken zum Muttertag gleichzusetzen, verdinglicht Frauen.  Das hat in der Öffentlichkeit nichts zu suchen“, schließt Aslan.

Update vom 27.04.2017

Die Bundesjugendvertretung in Österreich äußert in einem offenen Brief an die Redaktion ihre Bedenken aus Sicht junger Menschen:

BJV samll

Bundesjugendvertretung: Offener Brief zur Kronehit-Aktion „Tutti Kompletti“

Liebe Kronehit-Redaktion!

Mit großem Bedauern haben wir von Ihrer Aktion „Tutti Kompletti“ Kenntnis genommen und möchten Ihnen unsere gravierenden Bedenken mitteilen. Als Interessenvertretung aller jungen Menschen in Österreich treten wir für die Rechte und Chancen von Kindern und Jugendlichen ein. Ein Schwerpunkt unserer Arbeit ist es, Mädchen und junge Frauen in ihrer Unabhängigkeit und Selbstbestimmung zu stärken. Diese Ziele sehen wir medial gerade stark gefährdet. Die von Ihnen durchgeführte Aktion ist frauenverachtend, moralisch verwerflich und markiert einen neuen Tiefpunkt in der Medienlandschaft Österreichs. Wir bedauern es zutiefst, dass Ihnen für Aufmerksamkeitsheischerei jedes Mittel recht scheint, ohne auf die Konsequenzen zu achten.

Die negativen Auswirkungen Ihrer Aktion für junge Menschen liegen für uns klar auf der Hand: – Jungen Menschen wird ein künstliches und unnatürliches Körperbild als „normal“ und erstrebenswert suggeriert. Dass Jugendlichen von außen und öffentlich – in diesem Fall durch Ihren Radiosender – vermittelt wird, wie ihr Körper beschaffen sein muss, um sozial erwünscht zu sein, ist inakzeptabel. – Frauen und Mädchen, die sich gerade in jungen Jahren in einer Selbstfindungsphase befinden und ohnehin großem Druck durch Schönheitsideale ausgesetzt sind, werden weiter in die Enge gedrängt. Das Selbstwertgefühl junger Menschen wird dadurch gefährdet. – Durch Ihre Aktion werden medizinische Eingriffe und deren Risiken völlig verharmlost dargestellt. Dadurch wird mit der Gesundheit und dem Wohlbefinden junger Menschen gespielt, was äußerst gefährlich ist.

Für uns ist bedenklich, welches Frauenbild jungen Menschen hier vermittelt wird: Dabei auch noch von Selbstbestimmung zu sprechen ist für uns reine Verhöhnung. Es beispielsweise als „Geschenk“ zum Muttertag zu bezeichnen, dass Frauen ernsthafte medizinische Eingriffe mit gesundheitlichen Risiken über sich ergehen lassen sollen, nur um einer angeblichen gesellschaftlichen Norm zu entsprechen, ist an Zynismus kaum zu übertreffen.

Handlungsbedarf ist an anderen Stellen gefragt: Wir setzen uns dafür ein, dass junge Menschen in einer Gesellschaft aufwachsen, in der die Schieflagen zwischen den Geschlechtern beseitigt sind, egal ob es um die Bezahlung von Arbeit, Aufstiegschancen oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht. Außerdem muss es endlich der Vergangenheit angehören, dass Mädchen und Frauen auf ihr Aussehen reduziert und danach beurteilt werden. Hier tragen Medien eine große Verantwortung, gerade auch Sender wie Kronehit, der einen großen Anteil junger HörerInnen hat.

Wir rufen Sie daher als Interessenvertretung junger Menschen auf, diese Bedenken junger Menschen bei Ihrer künftigen Programmgestaltung ernst zu nehmen. Logische Konsequenz wäre, die äußerst fragwürdige Aktion „Tutti Kompletti“, die eine Effekthascherei auf dem Rücken von Mädchen und Frauen ist, abzubrechen.

Mit freundlichen Grüßen Martina Tiwald, Vorsitzende der Bundesjugendvertretung

Update vom 13. Mai 2017

KroneHit LogoPressemitteilung von KRONEHIT vom 12.05.17: Über die KRONEHIT-Aktion „Tutti Kompletti“ spricht ganz Österreich. Dabei suchte der Radiosender in den letzten Wochen Mutter-Tochter Paare, die eine gemeinsame Brustoperation planen.

1000 Mutter –Tochter Paare haben sich daraufhin gemeldet. Nach intensiver Prüfung, Beratung und medizinischer Indikation durch einen Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie steht nun fest, dass Österreichs erfolgreichstes Privatradio Alexandra und ihre Tochter Kerstin am Weg zu neuen Brüsten begleiten wird. Dafür erhalten die beiden jeweils ein Honorar von 5.000.- Euro.

Nach zwei Krebserkrankungen lebt Alexandra, 44 Jahre alt, mit Brüsten „die für mich eine Katastrophe sind“, klagt die diplomierte Krankenschwester. „Ich habe aufgrund meiner Erkrankungen im Laufe der Jahre 150 Kilo ab-, und zu genommen“. Die zuständige Krankenkasse würde eine Operation nur nach einer kompletten Brustabnahme finanzieren.

Tochter Kerstin, 25 Jahre alt und bereits selbst zweifache Mutter, hat sich aufgrund ihrer sehr ungleichen Brüste zu einer Brustoperation entschlossen: „Es hat auch meine Beziehung sehr darunter gelitten, ich fühle mich nicht wohl und deshalb habe ich mich einfach noch nie vor meinem Partner ausgezogen. Er nimmt mich aber so wie ich bin und will mich im August sogar heiraten. Jetzt will ich endlich Prinzessin sein, so wie es sich jede Frau wünscht“.

Wie in §6 des Gesetzes für ästhetische Operationen vorgeschrieben, nehmen sich die beiden Oberösterreicherinnen noch 14 Tage Bedenkzeit bis zum Operationstermin.

Weiterführende Informationen
SPÖ-Frauen erstatten Anzeige gegen KRONEHIT (Horizont)
300 Anmeldungen: Brust-OP-Aktion für Kronehit „moralisch einwandfrei“ (Der Standard)
Niveau-Limbo in Österreich – Irre Radio-Aktion: Brust-OP für Mutter und Tochter (AZ)
„Brüste zum Muttertag“: SPÖ-Frauen wollen Kronehit anzeigen (Die Presse)

XPLR: MEDIA Radio-Report