Der polnische Rundfunkrat beschloss am Mittwoch (29.12.2021) die Ausschreibung eines landesweiten DAB+ Multiplexes, der vom staatlichen Polskie Radio und kommerziellen Anbietern genutzt werden soll. Drei der insgesamt 12 Programmplätze gehen an Polskie Radio, die restlichen Plätze stehen kommerziellen Anbietern zur Verfügung.
In der Ausschreibung werde die Anzahl der Programmplätze für neue und existierende Programmanbieter, die ihr Verbreitungsgebiet auf das ganze Land erweitern wollen, auf sechs Plätze beschränkt. Drei Plätze im DAB+ Multiplex wurden für RMF FM, Radio Maryja und Radio Zet reserviert, drei Veranstalter die bereits eine landesweite UKW-Konzession besitzen. Die Landesmedienanstalt KRRiT legte ebenfalls fest, dass die staatlichen Programme in Multiplex am Anfang anzuordnen sind, gefolgt von kommerziellen Anbietern, aufsteigen nach dem Datum an dem ihre Konzession für diesen Multiplex erteilt wurde.
Die reguläre DAB+ Ausstrahlung begann in Polen am 1. Oktober 2013. Nach ursprünglichen Plänen wollte Polskie Radio die Vollversorgung der Hörer mit seinen Programmen bis zum 1. Dezember 2020 erreichen. Die in sieben Phasen aufgeteilten Ausbaupläne stockten mit dem Regierungswechsel im Jahr 2015. Die national-konservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) trieb den Netzausbau viel langsamer voran, als die Vorgängerregierung es geplant hatte. Zwar könnten 67 Prozent der Bevölkerung DAB+ in Polen empfangen, den Empfangsweg nutzten im Jahr 2020 allerdings nur 0,1 % der Hörer. Mit DAB+ erhält Polskie Radio die Chance alle seine Hörfunkprogramme der gesamten Bevölkerung zugänglich zu machen, denn der UKW-Versorgungsgrad beträgt für das erste und dritte Hörfunkprogramm 93 bzw. 94 Prozent, die Kulturwelle Dwójka kann 72 Prozent und das Nachrichtenprogramm „PR 24“ 39 Prozent der Bevölkerung empfangen.
Im Mai 2020 plante Polskie Radio sein DAB+ Sendernetz Ende 2021 von 41 auf 64 Standorte zu erweitern. Geplant war es den Versorgungsgrad auf 82 Prozent zu steigern, doch die Ausschreibung wurde nicht rechtzeitig veröffentlicht und der Ausbau wurde auf das Jahr 2022 verschoben.
UKW war zwar im Jahr 2020 in Polen mit 64,9 Prozent der meistgenutzte Empfangsweg gewesen, büßte allerdings innerhalb eines Jahres 3,9 Prozentpunkte ein. Der Internetempfang wuchs im gleichen Zeitraum nur um 0,4 Prozentpunkte auf 6,4 Prozent.
In mehreren polnischen Städten finden z.Z. zeitlich begrenzte DAB+ Versuchsausstrahlungen statt. Im Mai 2019 startete die KRRiT eine Ausschreibung für sieben lokale Multiplexe und erteilte an kommerzielle Programmveranstalter 50 DAB+ Konzessionen. Die Auswahl der Netzbetreiber war langwierig und erfolgte erst zwei Jahre nach der Erteilung erster Konzessionen. PSN Infrastruktura werde zwei und DABCOM fünf Multiplexe aufbauen.
Den schleppende Digitalisierungsprozess kritisierten im August 2020 einige Programmveranstalter. So habe die KRRiT Konzessionsgebühren erhoben, bevor ein Netzbetreiber ausgewählt wurde und die Programme in DAB+ verbreiten werden konnten. Programmveranstalter monierten die schlechte Audioqualität, zu der sie gezwungen würden, wenn alle Hörfunkprogramm von UKW in DAB+ umziehen müssten. Auf diese Beschwerde reagierte die KRRiT bereits und forderte die Behörde für elektronische Kommunikation UKE auf, das VHF III Band in Zukunft komplett nur noch für DAB+ zu nutzen, statt wie bisher auch DVB-T in dem Frequenzband auszustrahlen. UKE indes kritisierte, dass Polskie Radio Programmplätze im kommerziellen Multiplex erhalten soll, ohne im eigenen Multiplex den vorhandenen Platz komplett ausgenutzt zu haben.
Eine landesweite Konzession in Polen kostet umgerechnet etwa 1,34 Mio. Euro für 10 Jahre und kann auch in Raten über den gesamten Konzessionszeitraum abgezahlt werden. Eine Konzession für UKW mit gleicher Reichweite ist doppelt so teuer.