Rundfunkbeitrag wird erhöht – Bundesverfassungsgericht betont Verantwortung der Länder

Deutschlandradio-Intendant Stefan Raue: „Wichtiges Signal für Rundfunkfreiheit und Unabhängigkeit der Medien“

Beitragsservice-Firmengebäude (Bild: ©ARD ZDF Deutschlandradio beitragsservice/Ulrich Schepp)
Beitragsservice-Firmengebäude (Bild: ©ARD ZDF Deutschlandradio beitragsservice/Ulrich Schepp)

Mit einem deutlichen Votum für die Rundfunkfreiheit und Staatsferne der Medien hat das Bundesverfassungsgericht heute den Beschwerden von ARD, ZDF und Deutschlandradio zum Rundfunkbeitrag stattgegeben. In der Urteilsbegründung wird an die föderale Verantwortungsgemeinschaft für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dessen wachsende Bedeutung in einer informationsgetriebenen, aber auch durch Fake News herausgeforderten Gesellschaft erinnert. Der angepasste Rundfunkbeitrag gilt mit vorläufiger Wirkung vom 20. Juli 2021.

Stefan Raue (Bild: Deutschlandradio, Bettina Fürst- Fastré)
Stefan Raue (Bild: Deutschlandradio, Bettina Fürst- Fastré)

Deutschlandradio-Intendant Stefan Raue: „Das Urteil ist eine weitere bedeutende Entscheidung für die Rundfunkfreiheit in unserem Land. Das Bundesverfassungsgericht hat in beeindruckender Deutlichkeit den Wert eines staatsfern organisierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks betont. Medienpolitische Erwägungen und Finanzierungsfragen dürfen nicht verknüpft werden, die Auftragsdiskussion der Länder und Sender ist davon unabhängig zu führen. Dass die Richterinnen und Richter erneut die wachsende Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Sender für authentische und sorgfältig recherchierte Informationen hervorheben, ist Bestätigung und Anspruch zugleich.

Für Deutschlandradio und unsere auch in der Pandemie so engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet der Urteilsspruch endlich Planungssicherheit. Aus dem Rundfunkbeitrag erhält Deutschlandradio bisher 50 Cent, zunächst werden es vier Cent mehr sein. Mit Blick auf die allgemeine Kostenentwicklung werden wir damit auch künftig weiter einen strikten Kurs von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verfolgen, um mit unserem Angebot trotzdem bestmöglich nicht nur im Radio, sondern auch in der digitalen Welt sichtbar zu sein.“

Zukunftsweisend sei das Urteil mit Blick auf das künftige Beitragsverfahren, so Raue: „Erstmals wird in dieser Deutlichkeit die föderale Verantwortungsgemeinschaft angesprochen, in der jedes Land ‚Mitverantwortungsträger‘ ist. Ein Alleingang wie in Sachsen-Anhalt ist nicht zulässig. Wenn ein Land von der Bedarfsfeststellung der KEF abweichen will, muss es das Einvernehmen mit allen anderen Ländern suchen und nachvollziehbare Gründe dafür vorlegen. Beides ist nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Fall nicht geschehen.“

Zum Hintergrund: Im Dezember 2020 hatten ARD, ZDF und Deutschlandradio in Karlsruhe Verfassungsbeschwerden eingereicht, nachdem in Sachsen-Anhalt der Erste Medienänderungsstaatsvertrag und damit die Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent nicht zur Beschlussfassung des Landtags gestellt wurde. Damit war die bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ab Januar 2021 nicht mehr gesichert. Mit der erstmaligen Erhöhung des Beitrags seit 2009 waren zuvor alle anderen Bundesländer den Empfehlungen der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) gefolgt.

Quelle Deutschlandradio


ZDF begrüßt Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Intendant Bellut: „Karlsruhe stärkt Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.“

Das ZDF begrüßt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Rundfunkbeitrag. Intendant Dr. Thomas Bellut erklärte dazu am Donnerstag: „Der klare Beschluss der Karlsruher Richter bestätigt und stärkt die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Damit kann das ZDF für die kommenden Jahre verlässlich planen und dem Publikum weiter ein hochwertiges Programm bieten.“

Thomas Bellut (Bild: ©ZDF/Markus Hintzen)
Thomas Bellut (Bild: ©ZDF/Markus Hintzen)

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss bestätigt, dass eine Abweichung von der Beitragsempfehlung der KEF nur aus spezifischen Gründen zulässig ist, die außerhalb des festgestellten Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten liegen müssen. Abweichungen müssen nachvollziehbar begründet und von der Verantwortungsgemeinschaft der Länder gemeinsam getragen werden.

Das Gericht hat deshalb die Geltung des Rundfunkbeitrags entsprechend der KEF-Empfehlung ab dem 20. Juli 2021 vorläufig angeordnet. Das ZDF wird gemeinsam mit der ARD, dem Deutschlandradio und dem Beitragsservice die Umsetzung des Beschlusses vorbereiten.


Radio Bremen: Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sichert Rundfunkfreiheit und auftragsgemäße Finanzierung

Dr Yvette Gerner (Bild ©Radio Bremen/Matthias Hornung)
Dr Yvette Gerner (Bild ©Radio Bremen/Matthias Hornung)

Radio Bremen-Intendantin Dr. Yvette Gerner sieht den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts gestärkt: „Das ist ein starkes Zeichen in Sachen Rundfunkfreiheit. Gerade für Radio Bremen ist die Entscheidung eine große Erleichterung. Damit ist gesichert, dass wir auch weiterhin gutes, informatives Programm für alle Menschen im Radio Bremen Land machen können.“

Das Bundesverfassungsgericht hat heute seine Entscheidung vom 20. Juli veröffentlicht, nach der das Land Sachsen-Anhalt durch das Unterlassen seiner Zustimmung zum Ersten Medienänderungsstaatsvertrag die Rundfunkfreiheit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verletzt hat. Mit dem Beschluss tritt der Erste Medienänderungsstaatsvertrag und die darin vorgesehene Anpassung des Rundfunkbeitrags ab der Entscheidung in Kraft. Auch die Neuregelung des ARD-Finanzausgleichs für Radio Bremen und den Saarländischen Rundfunk ist damit in Kraft gesetzt.

Außerdem betont das Gericht, dass auch und insbesondere in Zeiten der Zunahme von privaten Nachrichtenangeboten im Internet der öffentlich-rechtliche Rundfunk für eine vielfältige Meinungsbildung in der Bevölkerung unabdingbar ist. Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks habe gerade angesichts der Bedeutung von verlässlichen Informationsquellen in Zeiten von Fake News und digitalem Wandel unabhängig von politischen Debatten zu erfolgen.

„Radio Bremen hatte unter der nicht-erfolgten Beitragsanpassung in besonderem Maße zu leiden, umso wichtiger ist die Entscheidung von heute, sie sichert unsere Zukunftsfähigkeit“, sagt Gerner.

Die ausgebliebene Beitragsanpassung hatte sich auf Radio Bremen zweifach ausgewirkt. So trat neben der Erhöhung des Beitrags auch der ARD-interne Finanzausgleich nicht in Kraft. Anfang des Jahres hatten sich die ARD-Intendantinnen und Intendanten auf eine Übergangslösung – den Vorab-Finanzausgleich – geeinigt. Damit konnte die Liquiditätslücke bei Radio Bremen zwar verringert, aber nicht geschlossen werden. Mit der Anpassung des Beitrags tritt nun auch die bereits 2020 ausgehandelte Neuregelung des ARD-Finanzausgleich in Kraft. Demnach erhalten Radio Bremen und der Saarländische Rundfunk zusammen zunächst 1,7 Prozent (vorher 1,6 Prozent) des ARD-Nettobeitragsaufkommens als Finanzausgleich. In einem weiteren Schritt – ab 2023 – soll der Anteil auf 1,8 Prozent steigen.

Für Radio Bremen-Intendantin Gerner sind die Diskussionen rund um den Rundfunkbeitrag in den vergangenen Monaten ein deutliches Signal: „Die aktuellen Debatten zeigen uns, wie vielfältig die Erwartungen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind und wir werden uns nach Kräften bemühen, Alt und Jung mit anspruchsvollen Angeboten zu erreichen. Dazu werden wir den Dialog mit dem Publikum im Sinne von Demokratie und Gemeinwohl weiter ausbauen. Wir sind uns aber auch bewusst, dass wir weiter sparsam wirtschaften müssen.“

Auch der Vorsitzende des Rundfunkrats, Dr. Klaus Sondergeld, sieht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts positiv: „Dieser Beschluss bedeutet, dass Radio Bremen seinen gesetzlichen Auftrag weiter erfüllen kann. Radio Bremen und seine Angebote sind wichtiger Bestandteil der unabhängigen Meinungsbildung. Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass dies gerade in Zeiten der Pandemie und in einem Wahljahr unverzichtbar ist. Wir sind daher froh, dass das Bundesverfassungsgericht so schnell zu einer Entscheidung gekommen ist.“


Bundesverfassungsgericht stärkt auch Aufsichtstätigkeit und Medienkompetenzvermittlung der LMS

Direktorin der LMS zur heute veröffentlichten Entscheidung des BVerfG zur Anpassung des Rundfunkbeitrags

Als „unverzichtbare Unterstützung der Landesmedienanstalt Saarland“ hat die Direktorin der LMS, Ruth Meyer, die heute veröffentlichte Entscheidung des BVerfG zur Anpassung des Rundfunkbeitrags ab dem 20. Juli 2021 gewürdigt.

Ruth Meyer (Bild: ©LMS)
Ruth Meyer (Bild: ©LMS)

„Die LMS ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Und dieser öffentlich-rechtliche Rundfunk insgesamt hat einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine funktionsgerechte Finanzierung. Die Funktionen auch der LMS im Bereich der Sicherung von Demokratie, Meinungsfreiheit und Vielfalt sind durch den am 7. November 2020 in Kraft getretenen Medienstaatsvertrag erheblich erweitert worden: Ob es um die Wahrung von Informationspflichten in sozialen Medien, die Sicherung von Chancengleichheit auf Medienplattformen oder die Diskriminierungsfreiheit bei Suchmaschinen geht – die LMS wirkt im Kreis der 14 Landesmedienanstalten an der Wahrnehmung dieser für eine demokratisch stabile und vielfältige Zukunft unseres Gemeinwesens unverzichtbaren Aufgaben gleichberechtigt mit. Der Erste Medienänderungsstaatsvertrag hat mit der Anpassung des Rundfunkbeitrages einen wichtigen ersten Schritt unternommen, um auch kleinere Medienanstalten wie die LMS in die Lage zu versetzen, ihrem staatsvertraglichen Schutzauftrag zu genügen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist ein wichtiger Bestandteil dafür, dass dieses verfassungsrechtliche Gebot nun auch praktisch umgesetzt wird“, unterstrich Meyer.


Bundesverfassungsgericht ermöglicht zügige Auftragsreform für ARD und ZDF – Interessen beider Säulen des dualen Rundfunksystems müssen gewahrt werden

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Der VAUNET, Spitzenverband der audiovisuellen Medien in Deutschland, stellt zum gestrigen Bundesverfassungsgerichtsurteils zum Rundfunkbeitrag heraus, dass das Gericht klare Aussagen zur Trennung von Auftrag und Rundfunkgesetzgebung auf der einen und der Festsetzung des Rundfunkbeitrages bzw. der Finanzierung auf der anderen Seite getroffen hat.

Das Bundesverfassungsgericht bekräftigt seine ständige Rechtsprechung, dass Entscheidungen zum Rundfunkbeitrag frei von medienpolitischen Zwecksetzungen zu erfolgen haben. Es betont jedoch gleichzeitig den daneben bestehenden Gestaltungsspielraum der Länder bei der Ausgestaltung des Auftrages.

Annette Kümmel, Vorstandsvorsitzende des VAUNET: „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ermöglicht den Ländern nun ein zügiges weiteres Vorgehen für die Auftrags- und Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Dieser Gestaltungsauftrag umfasst auch die Identifikation weiterer Einsparpotenziale und sollte das duale Rundfunksystem mit seiner Pluralität und Meinungsbildungsrelevanz als Ganzes in den Blick nehmen. Beide Säulen, öffentlich-rechtliche als auch private Medien, stehen gemeinsam für ein Medienangebot, das eine demokratische, diverse und inklusive Gesellschaft befördert. Die wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten des privaten Rundfunks gilt es für einen fairen Wettbewerb im Blick zu behalten.

Neben einer klareren Trennschärfe für die Angebote privater und öffentlich-rechtlicher Programmanbieter setzt sich der VAUNET auch für eine umfassende Werbereduzierung bei den öffentlich-rechtlichen Angeboten ein. Als Vertreter der privaten Marktteilnehmer, die von allen Entscheidungen der Medienpolitik zu Auftrag und Struktur der Rundfunkanstalten als zweite Säule der dualen Medienordnung ebenfalls betroffen sind, steht der VAUNET den Ländern für einen Dialog zur Zukunft insbesondere von ARD und dem ZDF mit ihren Angeboten zur Verfügung.“