Kassieren statt zu investieren: Ist Radio zu wenig innovativ?
Konkurrenz durch internationale Musikdienste oder reine Webradios und ein stockender Umstieg auf den digitalen Rundfunkstandard DAB+ machen dem Radio in Deutschland das Leben schwer. Doch für Innovationen fehlt oft das Geld. Ob das auf Gesellschafterstrukturen zurückzuführen ist, die innovationsfeindlich sind und rein gewinnorientiert sind, wurde auf einem Panel der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN aus Verleger-, Radiomacher- und Beraterperspektive kontrovers diskutiert.
Viele neue Player, aber auch viele Unsicherheiten – so fasste Alexander Kahlmann, Partner bei der Unternehmensberatung Schickler, die gegenwärtige Situation auf dem Radiomarkt zusammen. „Deshalb gibt es zwar ein so vielfältiges Investitionsumfeld wie nie, aber die Investitionsentscheidungen sind auch sehr viel komplexer als früher.“ Der Kernhebel für die künftige Weiterentwicklung sei deshalb das Investitionsmanagement: „Am Ende müssen verschiedene Geschäftsmodelle aus- probiert werden.“
Genau dieser Mut fehle aber, kritisierte Rechtsanwalt Helmut G. Bauer. „Das Radio investiert so wenig in seine Zukunft, weil es in der Gegenwart so viel wie noch nie zu tun hat.“ Gerade der private Rundfunk habe weder die Manpower noch die finanziellen Mittel für die Weiterentwicklung von Radio. Das Problem seien auch und gerade die Gesellschafterstrukturen: „Die Zeitungsverlage mit ihren Radiobeteiligungen haben so viel mit den Umstrukturierungen in ihren eigenen Häusern zu tun, dass sie nicht mehr auch noch ins Radio investieren können.“ Dies sei angesichts der großen Herausforderungen an das Radio, vor allem in Bezug auf die Verbreitung, problematisch.
„Radio braucht besseres Immunsystem“
Vorwürfe, die der Verleger und Geschäftsführer des Reutlinger General-Anzeigers, Valdo Lehari jr., als „zu pauschal“ bezeichnete. „Wir müssen differenzierter nachdenken.“ Regionale Unterschiede, unterschiedliche Konkurrenzumfelder und Sendergrößen seien zu bedenken. Grundsätzlich gelte aber in Zeiten der Digitalisierung: „Radio braucht ein stärkeres Immunsystem um zu überleben“, so Lehari und forderte einen „Wakeup-Call für die Gattung“ in Bezug auf Investitionsfreude. „Wenn man zu spät Know-how aus Investitionen zieht, holt man das nicht mehr auf“, sagte er.
Damit war Lehari auf einer Linie wie Moderator Alexander Zeitelhack, Inhaber der Beratungsagentur zeitelhack.com, der zusammenfasste: „Auch eine Investition, die sich nicht gelohnt hat, ist wertvoll.“
Quelle: Medientage München
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