UKW vs. DAB+: Weshalb digital nicht immer besser ist


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Gastbeitrag von Dr. Matthias Hornsteiner

Eine UKW-Abschaltung komme „nicht in Frage“, stellt die Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR) in ihrem neuen Positionspapier zu den Perspektiven der Radio-Verbreitungswege klar. Während die Befürworter von DAB+ diese Haltung als rückwärtsgewandt kritisieren, freut sich unser Kolumnist Matthias Hornsteiner über die klaren Worte: Nicht alles, was analog ist, ist schlecht.



Es gibt also doch noch Leute mit gesundem Hausverstand, die nicht kritiklos selbsternannten Digitalexperten hinterherrennen. Diese möchten gerne das Bild „analog = veraltet, digital = neu und besser“ vermitteln, was allerdings von fehlendem Sachverstand zeugt. Es geht hier nicht um „veraltet“ oder „modern“, sondern es handelt sich um unterschiedliche Prinzipien, die man mit „stufenlos“ (analog) und „stufenweise“ (digital) umschreiben kann.

Digitale Verfahren sind eigentlich ähnlich alt wie analoge Verfahren, denn bereits das Analog-TV besaß eine digitale Komponente (Zeilentrafo). Es existieren Situationen, in denen man einem digitalen Verfahren den Vorzug geben sollte, zum Beispiel bei der Frequenzskala. In Zeiten dichter Bandbelegung würde man mit einer klassischen Analogskala sich kaum mehr zurechtfinden.

Dagegen sind digitale Betriebssysteme wie DVB-T oder DAB+ den analogen in mehrfacher Hinsicht unterlegen, weil es beispielsweise kaum einen Übergangsbereich zwischen Versorgung und Nichtversorgung gibt. Ein analoges System hat damit keine Probleme, bei digitalen fängt es dagegen zu „blubbern“ an (bzw. das Bild beim DVB-T-Empfang „friert“ ein) und irgendwann ist der Empfang ganz weg. DAB+-Empfänger haben zudem einen viel höheren Stromverbrauch als Analoggeräte, darüber hinaus hat ein DAB+-Sender unter Vergleichsbedingungen eine geringere Reichweite als ein UKW-Sender gleicher Leistung. Grund: Je höher die Frequenz, umso weniger stark wird das Signal entlang der Erdoberfläche gebeugt. In Gebirgsregionen hat man zwar bisweilen den umgekehrten Eindruck, man darf aber nicht vergessen, dass man die topographische Abschattung gerne dazu nutzt, die selbe UKW-Frequenz im Nachbartal für ein anderes Programm zu verwenden. In früheren Zeiten, als das UKW-Band nur dünn besiedelt war, ergaben sich sehr viel größere Reichweiten als man das heutzutage kennt.

Was die Klangqualität betrifft, so macht sich auch schnell Ernüchterung breit. Vergleicht man DAB+ mit UKW, so merkt man sofort (falls man ein intaktes Gehör besitzt), dass letzteres irgendwie „voller“ klingt. Eine Spektrumanalyse bestätigt das subjektive Empfinden: Das NF-Spektrum ist bei UKW nach oben hin breiter, während bei DAB+ bereits oberhalb ca. 10 kHz ein scharfer Abfall im Spektrum erfolgt. Dieser Nachteil ließe sich mit höheren Bitraten zwar vermeiden, aber man möchte ja möglichst viele Programme im Bouquet unterbringen, und das geht eben mit Bandbreiteeinbußen einher.

Auch die vermeintliche Programmvielfalt spricht nicht für DAB+. Die schöne neue Radiowelt besteht im Wesentlichen aus unübersichtlich vielen steril wirkenden Musikabspielstationen, reine Spartenkanäle, die sich allzuoft nicht einmal in der Musikfarbe unterscheiden und allenfalls zur Hintergrundberieselung taugen. Viele Köche verderben eben doch den Brei, und mit Wehmut blickt man auf vergangene Zeiten zurück, als Radioprogramme noch völlig unformatiert waren und zu festen Zeiten für nahezu jeden Geschmack Sendungen brachten. Man mag dies als anachronistisch ansehen, doch luden die unformatierten Programme zum aktiven Zuhören ein und waren trotz ihres staatstragenden Charakters einfach unterhaltsamer als die heutigen unerträglichen Morningshows, die wir dank DAB+ nun in hundertfacher Ausfertigung serviert bekommen.

Die Aufzählung der weiteren Nachteile erspare ich mir jetzt. Der Gerechtigkeit halber sollte man nun nachfragen, welche Vorteile DAB+ gegenüber UKW hat. Hier wäre zu nennen, dass sich senderseitig Energieeinsparungen ergeben, da man nicht pro Programm bzw. Frequenz eine separate Sendereinheit benötigt. Nur würde dieser Vorteil empfängerseitig gegenkompensiert werden, wenn stromfressende Digitalradios in größerem Stil verkauft würden. Man bedenke, dass alleine in Deutschland an die 130 Millionen Radioempfangsgeräte vorhanden sind (die allermeisten davon sind reine Analogempfänger).

Ein weiterer Vorteil besteht in der Möglichkeit, Gleichwellennetze exakt synchronisieren zu können. Bei UKW ist das nicht möglich (zumindest ist bis heute keine derartige Methode bekannt), lediglich punktuell sind Synchronisierungen realisierbar, wovon die Verkehrsfunk-Gleichwellennetze entlang der italienischen und französischen Autobahnen profitieren. Doch ausgerechnet jener wahrscheinlich einzige echte Vorteil wird von den Digitalradiolobbyisten immer verschwiegen. Man ahnt wohl, dass man diesem eher „technischem“ Argument die Hörer nicht für DAB+ begeistern kann.

Zu erwähnen wäre auch, dass wir mit unseren Sinnesorganen die Umwelt analog und nicht digital wahrnehmen. Wir sollten also mit gesundem technischen Verstand das Thema betrachten und nicht blindlings Lobbyisten vertrauen, die aus pragmatischen Gründen lediglich Halbwahrheiten verbreiten.

 

Matthias Hornsteiner (Bild: privat)
Matthias Hornsteiner (Bild: privat)

Dr. Matthias Hornsteiner ist Chefredakteur der Fachzeitschrift „Reflexion“ des UKW/TV-Arbeitskreises und Rundfunktechnik-Fachbuchautor.

 

Linktipp
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