Der Radiosender, der mit Podcasts Geld verdient

James Cridland's Radio Future

Radio TOK FM ist einer der meistgehörtesten Sender in Warschau. Betreiberin ist die Agora Radio Group. Als Nachrichten- und Talksender mit über 40 Journalisten geht der Sender einen außergewöhnlichen Weg: Für Podcasts verlangt man hier Geld.

Jarosław Śliżewski, Chief Digital Officer von TOK FM, erläutert, dass man vor sechs Jahren den Schwerpunkt bei On-Demand-Content gesetzt hat. Gegenwärtig zahlen Hörer eine monatliche Gebühr und erhalten damit Zugriff auf über 65.000 On-Demand-Audio-Dateien des Senders, darunter Mitschnitte von Sendungen sowie Content, der exklusiv auf digitalem Wege angeboten wird.

Der Preis beträgt ca. 3,60 € für den Web-Zugriff, aber über die Hälfte der Abonnenten zahlt den etwas höheren Preis von 4,80 €, um die Inhalte auch über die mobile App abrufen zu können. (Rein zufällig kostet Spotify in Polen genau so viel.)

17.000 zahlende Abonnenten gibt es bereits und täglich werden es mehr: mit 60%-igen Zuwächsen Jahr für Jahr.

Radio TOK FM„Jeden Tag produzieren wir an die 19 Stunden Content im Rahmen des Radioprogramms“, erklärt Śliżewski. „Hinzu kommen zwei Stunden pro Tag, die ausschließlich online verbreitet werden, wie zum Beispiel die bereits erwähnten Podcasts oder längere Versionen von Livesendungen.“ Manche der Podcasts werden übrigens auch on-air ausgestrahlt.

Besonders viel Aufwand investiert TOK FM in die Metadaten des Dienstes: Alles wird getagt und mit Beschreibung versehen. Hinzu kommt, dass 40 % des Contents automatisch transkribiert wird. Ein Google DNI-Grant macht es möglich. Die App lässt sich personalisieren: Playlists können erstellt werden und man kann speziellen Themen, Moderatoren und Sendungen „folgen“.

Natürlich ist der Sender auch auf Apple Podcasts sowie auf ähnlichen Plattformen vertreten. Diese werden jedoch als Marketingkanal genutzt, über den einzelne Clips verbreitet werden, während die ungekürzten Inhalte ausschließlich über den kostenpflichtigen Dienst verfügbar sind.

Podcasting und On-Demand-Content sind offensichtlich ein Wachstumsmarkt, und auch die Zahl der zahlenden User bei Radio TOK FM ist seit 2013 stetig gewachsen. „Digitale Einnahmen werden als Finanzierungskanal bei TOK FM immer wichtiger“, meint Śliżewski.

Das Radio der Zukunft wird wohl ein Mix aus Live- und On-Demand-Content sein.
Radio TOK FM ist geradezu beispielhaft dafür.


James Cridland
James Cridland

Der Radio-Futurologe James Cridland spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Er betreibt den Medieninformationsdienst media.info und hilft bei der Organisation der jährlichen Next Radio conference in Großbritannien. Er veröffentlicht auch podnews.net mit Kurznews aus der Podcast-Welt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.crid.land.