Auf Einladung der Landesmedienanstalten und der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR Hessen) trafen sich am 19. April in Kassel 80 Wegbegleiter der Bürgermedien, um gemeinsam die letzten 30 Jahre Revue passieren zu lassen und einen gehörigen Blick nach vorn zu werfen.
Der Rechtsanwalt und Medienexperte Helmut G. Bauer und der Medienpädagoge Prof. Dr. Bernd Schorb blickten zunächst zusammen mit Moderator Werner Lauff in die frühen 80er Jahre und verdeutlichten, dass die Geburtsstunde des privaten Rundfunks in Deutschland unmittelbar mit dem ersten Beitrag eines Bürgers im Offenen Kanal Ludwigshafen einherging. Die Bürger waren mit ihren Sendungen nichts anderes als ein Rundfunkveranstalter und haben sich so Stück für Stück die sogenannte dritte Säule erobert. Prof. Dr. Bernd Schorb verdeutlich aufbauend, dass die Bürgermedien durch ihre Möglichkeiten auch die zu dieser Zeit parallel diskutierte Neuorientierung der Medienpädagogik positiv beeinflussten. Hierbei ging es um das Forcieren der aktiven Medienarbeit und dem sich schrittweise Lösen von der weit verbreiteten Distanz gegenüber Medien. Die Medienpädagogik wurde durch die Bürgermedien deutlich praxisbezogener!
Beim Ausloten der zukünftigen Potentiale bewegten sich die Referenten wie beispielsweise Prof. Dr. Vinzenz Wyss aus Zürich, Thomas Krüger von der Bundeszentrale für politische Bildung und Prof. Dr. Franz Josef Röll aus Darmstadt im Spannungsfeld von drei Aufgaben, die symbolisch als Aufgabendreieck beschrieben wurden.
Erstens sind es die Bürgermedien, die Medien der Zivilgesellschaft, die gerade in bewegten Zeiten die breiten gesellschaftlichen Interessen unterschiedlicher Akteure aufnehmen und ihnen einen Erfahrungs- und Kommunikationsraum bieten. Bürgermedien sind Instrument einer lebendigen Streitkultur, die den gesellschaftlichen Diskurs – auch neben dem Mainstream – zulassen.
Zweitens tragen Bürgermedien vermehrt zur Medienvielfalt bei. Bereits in vielen Regionen Deutschlands ist ein signifikanter Rückgang der Lokalpublizistik zu konstatieren. Bürgermedien können mit einhergehenden Professionalisierungstendenzen die lokale Themenvielfalt stärken und ein mediales Abbild ihrer Region bieten.
Drittens sind Bürgermedien Räume der informellen Medienbildung. Hier können Kinder und Jugendliche lernen, sich selbst und ihre Anliegen im Kontext der Gesellschaft zu reflektieren. Sie können sich partizipativ einbringen und globale Phänomene mit lokalen Themen vor Ort verbinden, um durch diese Verortung komplexe gesellschaftliche Prozesse nachvollziehbar werden zu lassen.
Der Vorsitzende der Gremienvorsitzendenkonferenz der Landesmedienanstalten, Winfried Engel, und der Koordinator des Fachausschusses „Bürgermedien, Medienkompetenz und Jugendmedienschutz“, Jochen Fasco, bestärken die Bürgermedienmacher darin, die nächsten Schritte zu gehen und die aufgezeigten Potentiale zu nutzen. Die Landesmedienanstalten werden hierbei Unterstützung leisten.