Für die einen ging es beim Ende des öffentlich-rechtlichen Rundfunkmonopols darum, endlich flottere Musik im Radio hören zu können. Andere wollten jedoch alternative Programme machen, nichtkommmerziell. Mit anderer Musik und anderen Inhalten. Vielerorts sind hiervon nur noch offene Kanäle geblieben. Es gibt jedoch auch heute noch eigenständige Freie und Bürgerradios.
FM Kompakt, die Radiofans um Thomas Kircher, besuchten letztes Jahr freeFM in Ulm.
Timo Freudenreich, Geschäftsführer der Radio freeFM gemeinnützige GmbH, begleitete 20 Radiofans während einer dreitägigen Tour durch diverse Radio- und Fernsehstudios, Sendeanlagen und Museen rund um Ulm im Herbst 2019 und ermöglichte FMK natürlich auch einen Blick hinter die Kulissen des nichtkommerziellen Senders. Er erinnert sich:
Ende 1993 wurde ein Wohnzimmer zum ersten regelmäßigen Treffpunkt. Dies war zu dieser Zeit noch möglich, da es sich um eine überschaubare Zahl von zehn Enthusiast/innen handelte, die einen Handlungsbedarf in die Richtung eines freien Radios sahen. Die Anzahl von Interessent/innen erweiterte sich kontinuierlich und sprengte somit den örtlichen Rahmen, sprich das Wohnzimmer. Dadurch war man gezwungen einen größeren Versammlungsort zu organisieren.
Am 17.6.1995 war der langersehnte offizielle Sendestart, damals auf der Frequenz 100,8 MHz. Los ging es allerdings schon etwas vor dem Startschuss:
Es gab jedoch in der Nacht zuvor bereits einen inoffiziellen Sendestart. Dank der Vorfreude hatte da wohl jemand zu tief ins Glas geschaut und bereits erste Platten schon vorab gespielt.
Man startete damals unter dem Motto „Von 0 auf 100,8“ und einem Mischpult, welches man für 40.000 DM von RTL Baden Württemberg erworben hatte.
Angefangen hat Radio freeFM von einer in ein Studio umfunktionierten Wohnung in der Ulmer Platzgasse 12. Radio freeFM zog dann nach nebenan, in die Platzgasse 18. Hier hat man großzügige und optimale Voraussetzungen, um Radio und Workshops zu gestalten. Radio freeFM wurde als einziger Nichtkommerzieller Radiosender in Europa für das DAB-Pilotprojekt lizensiert und war ab dem 24. März 1997 somit auch im L-Band zu empfangen.
So vielfältig wie die Programminhalte sind, ist auch der Altersschnitt der Hörer. Timo Freudenreich schätzt die Hörerschaft zwischen 20 und 65. Gespielt wird alles, das bei anderen Stationen unterrepräsentiert und zugleich hörbar ist.
„Rockin` Roland und seine Sendung „Rock’n Roll Flashback“, unsere „Country Time“ oder auch das spanischsprachige Programm sind Beispiele für Vielfalt im Radio, wie es sonst kaum noch gelebt wird. Der Moderator darf bei uns auch mal schlecht gelaunt sein. Wir machen Radio von Menschen für Menschen und niemand ist perfekt. Bei anderen Sendern ist es DER Super-GAU, wenn mal ein Sendeloch vorkommt. Von einem Sendeloch sprechen wir bei freeFM erst ab einer Stunde.
Dies beschreibt den gewissen Charme von freeFM.
Freudenreichs absolutes Highlight war der Tag, an dem alle Freien Radios in Deutschland zusammengeschaltet wurden. Anlass war die Urteilsverkündung zum NSU-Prozess im Jahr 2018 unter der Koordination von Radio Lora/München.
Das Motto des Senders „gegen Stumpfsinn und Langeweile aus dem Äther“ spricht für sich.
Radio freeFM besteht aus Musikern, DJs, Künstlern, Veranstaltern und Engagierten und ist der einzige freie, nichtkommerzielle Radiosender im Alb-Donau-Kreis seit 1995. Die Redakteure/innen und Moderator/innen gestalten ihre Sendungen ehrenamtlich.
Radio freeFM wird minimal über den Rundfunkbeitrag gefördert. Man ist deshalb auf Spenden und Beiträge der Mitglieder angewiesen. Als Mitglied im Förderverein kann sich jeder im Sender zum Radiomacher ausbilden lassen. Radio freeFM sendet im Raum Ulm/Neu-Ulm auf 102,6 MHz (1 kW vom Standort Ulm-Ermingen), im Kabel und über Livestream. In der Mediathek auf freefm.de/mediathek ist das Programm sieben Tage nachhörbar.
Das Tagesprogramm wird von Praktikanten/innen bestritten. Es besteht ein reger Austausch mit anderen freien Radios. Zwischen 7 und 16 Uhr wird live gesendet.
Kurz entschlossen nahm Timo zwei Teilnehmer von FM Kompakt ins Studio, um diese zu unserem Hobby zu interviewen, was nun nachgehört werden kann.