War’s gestern, als Kollege Frank Dignaß im A-Studio saß und die ersten Worte über den Sender ließ? Ich saß noch im Produktionsstudio, um den Verkehrssounder fertig zu produzieren. Dalli, Dalli! Und das bei einem Prominenten-Andrang in Studios und Gängen, der schon Angstzustände hervorrief! Und alles war tierisch analog – nix digital! Null Problemo, der Sounder wurde rechtzeitig fertig und nachdem meine Heiserkeit abgeklungen war, die mich – klar, ne? – einen Tag vor Sendestart erwischt hatte, konnte auch ich mit einem Tremolo in der Stimme, das mein Studio-SPX 90 nicht besser hinbekommen hätte, endlich auf Sendung gehen.
So geschehen 1987 beim Sendestart von Radio Regional (heute Radio Ton) in Heilbronn. Der Sender gab Dir einen Rahmen vor – klar, auch damals hatten wir Formatradio – und wir verkauften es. Dabei, das muss ich jetzt mal zugeben, ging ich oft an die Grenzen, ziemlich hart und auch mal leicht drüber. Die Hörfunkleitung ließ mir die lange Leine, ich nutzte sie und den Hörern gefiel’s.
Formatradio ist auch heute noch angesagt. Nur viel reglementierter. Warum eigentlich? Hat sich ein Elmar Hörig, ein Matthias Holtmann oder ein Achim Glück schaumgebremst oder an Händen und Füssen gefesselt ins Studio gesetzt und so Erfolg für den Sender eingefahren? Nein. Und trotzdem wussten sie genau, was sie tun konnten und mussten – und sie taten es! Verdammt gut und mit irrem Erfolg! Wo sind die neuen Radiostars? Sind Deutschland die Talente ausgegangen? Oder liegt’s vielleicht einfach nur an der Leine? Kreative Leute zu führen bedarf Mut, Erfahrung und Kraft. Aber kreative Leute bringen Veränderung. Neues. Erfolg. Und das braucht die Radiowelt.
Radio wird auch morgen für Menschen gemacht. Lasst es also auch Menschen machen mit all ihren Fähigkeiten, Ecken und Kanten – und keine Moderationsroboter, denen jeder Break vorgeschrieben ist. Macht Radio wieder lebendig, denn so ist das Leben draußen, außerhalb der Studios und Redaktionsräume. Da darf auch mal etwas schiefgehen, wie es mir mal passiert ist: Ich versaute meinen Break und mein Wutausbruch „Himmel, Arsch und Wolkenbruch“ ging über den Sender, weil ich mein Mikro nicht zugezogen hatte. Moderatoren sind auch nur Menschen mit ihren Fehlern, Eigenarten und Besonderheiten. Und das darf man hören. In jeder Hinsicht.
Jürgen Frahne war in den 80er und 90er Jahren einer der bekanntesten Radiomoderatoren in Süddeutschland. Er arbeitete mehr als zwölf Jahre lang im Hörfunk und prägte die Privatradio-Landschaft in Baden-Württemberg seit ihren Anfängen, unter anderem als Gründungsmitglied von Radio Regional (später Radio Ton) und der Städteradio-Gruppe in Heilbronn, Stuttgart und Karlsruhe.