Markus Knoll: „Schwarzwaldradio ist Deutschlands größte Jukebox“

Schwarzwaldradio-Logo, Foto: Berndhelmer/pixabay

Was fällt uns ein zum Thema „Schwarzwald“? Nun, zunächst die üblichen Gemeinplätze – wie etwa düsterer und weitläufiger Tannenwald, leckere Kirschtorten, sangesfreudige Wanderbrigaden, Kuckucksuhren, fesche Mädels mit ihren markanten Bollenhüten, aber auch das Thema Waldsterben. Ach ja, und die „Schwarzwaldklinik“ natürlich – ein wirklich böses Klischee! Und sonst? Der nimmermüde SC Freiburg, der aktuell die erste Fußballbundesliga aufmischt. Schon besser! 

Es gibt in der Tat zahlreiche Assoziationen zu Deutschlands höchsten und größten zusammenhängenden Mittelgebirge, dessen Ausläufer sich auf einer Fläche von über 6.000 Quadratkilometern vom Kraichgau im Norden bis an die Schweizer Grenze und den Bodensee im Süden erstrecken. 

Schwarzwald

Wie seine zahlreichen Mythen und Sagen bleibt der Schwarzwald für die meisten Menschen eine geheimnisumwitterte, wenig transparente Region. Zu Unrecht. Beim Blick auf die Höhen der Berge ist beispielsweise vom großen Waldsterben der 1980er Jahre kaum mehr etwas zu sehen. Der Baumbestand hat sich erholt, längst ausgerottete Tierarten kehren in die Wälder zurück. Und der Tourismus boomt: so ist der „Black Forrest“ die wichtigste Urlaubsregion des Bundeslandes Baden-Württemberg und das meistbesuchte Erholungsziel unter den deutschen Mittelgebirgen. Eine Entwicklung, die durch die Einrichtung von Nationalparks weiter vorangetrieben wird. 

Kaum zu glauben ist dagegen für Ortsfremde, dass die umtriebigen Schwarzwälder Tüftler inmitten dieser landschaftlichen Idylle schon früh eine florierende und umweltverträgliche Präzisionsindustrie auf die Beine gestellt haben – wie etwa in den Bereichen Uhrenproduktion, Edelmetallverarbeitung oder Unterhaltungselektronik. So versorgten etwa zur Blütezeit der Schallplatte im 20. Jahrhundert Traditionsmarken wie SABA und DUAL Deutschland und die Welt mit Grammophonen, Schallplattenspieler und sonstigen Hi-Fi-Geräten.

Matthias Drescher (Bild: ©Schwarzwaldradio)
Matthias Drescher (Bild: ©Schwarzwaldradio)

Seit dem 1. Juli 2008 ist der Schwarzwald nun auch im Radio angekommen. Ursprünglich nur mit einer lokal auf das Kinzigtal begrenzten UKW-Frequenz sendet SCHWARZWALDRADIO aus dem Offenburger Funkhaus ein 24-stündiges MOR-Musikprogramm unter dem Motto „Classic Hits und Super Oldies“.

Die spätere Aufschaltung ins baden-württembergische DAB+-Netz wurde durch eine konsequente redaktionelle Ausrichtung zum „Offiziellen Ferienradio für den Schwarzwald“ begleitet. In diesem Zuge erfolgte eine Partnerschaft mit der Schwarzwald Tourismus GmbH, als Dachorganisation der Schwarzwälder Landkreise, Gemeinden und Städte.

Seit dem 1. September 2016 ist SCHWARZWALDRADIO in ganz Deutschland im DAB+-Bundesmux zu empfangen. Zuletzt machte der Sender mit bundesweit bekannten Zugängen im Moderatorenstab wie Walter Fuchs, Uwe Carsten, Thomas Schminke  – und (ab Mai 2017) Urgestein Rainer Nitschke auf sich aufmerksam.


Im Gespräch mit RADIOSZENE-Mitarbeiter Michael Schmich erläutert SCHWARZWALDRADIO-Geschäftsführer Markus Knoll sein Programmkonzept und zieht eine erste erfolgreiche Bilanz nach der Aufschaltung zur bundesweiten DAB+-Verbreitung.

RADIOSZENE: Welche Idee steckt hinter SCHWARZWALDRADIO und wer trägt den Sender? 

Markus Knoll (Bild: ©Schwarzwaldradio)
Markus Knoll (Bild: ©Schwarzwaldradio)

Markus Knoll: Schwarzwaldradio haben wir bereits  im Juli 2008 aus der Taufe gehoben. Ursprünglich war es als zweites, lokales Radioprogramm neben HITRADIO OHR für einen kleinen Teilbereich des Ortenaukreises konzipiert.  Schon bald haben wir aber gemerkt, dass allein schon im Namen Größeres stecken musste. Daher begannen wir schon wenige Jahre später, unser Programm zunehmend mit touristischen Inhalten zu füllen. Zeitgleich begannen Gespräche mit der touristischen Dachmarke des Schwarzwaldes. Der Schwarzwald-Tourismus GmbH über die Möglichkeit einer Zusammenarbeit. Als dann der erste baden-württembergische Digitalmux ausgeschrieben wurde, haben wir die Gelegenheit genutzt und damals Deutschlands erstes und bis dato einziges, in einem Bundesland terrestrisch ausgestrahltes Ferienprogramm aus der Taufe gehoben. Damals noch mit dem Serviceschwerpunkt auf Baden-Württemberg.

Aber auch hier haben wir schnell bemerkt, dass der Schuh zu klein ist und dass der Schwarzwald als eine der führenden deutschen Ferienregionen eine größere Verbreitung verdient hat. Daher bemühten wir uns seit 2014 um einen bundesweiten DAB+ Sendeplatz. Als da noch ein paar CU‘s frei wurden, haben wir mit vor Aufregung feuchten Händchen zugeschlagen.

Das Programm wird von der Privaten Rundfunkgesellschaft Ortenau KG produziert. Dahinter steht zu 100% die alteingesessene Offenburger Verlegerfamilie Reiff. Die Ausstrahlung und Vermarktung übernimmt die Schwarzwaldradio digitale Beteiligungsgesellschaft mbH. Auch hier ist die Familie Reiff persönlich und indirekt mit insgesamt 80% beteiligt, die übrigen 20% werden von Geschäftsführer Markus Knoll und Marketingleiterin Claudia Roggisch gehalten. Beide hatten sich im Vorfeld für die digitale Verbreitung stets sehr stark gemacht.

Damit sind wir ein Kuriosum in der deutschen Radiolandschaft – ohne Beteiligung der „üblichen Verdächtigen“.

Schwarzwaldradio 400 min

RADIOSZENE: Wen wollen Sie mit SCHWARZWALDRADIO konkret ansprechen? 

Markus Knoll: Natürlich alle (lacht). Im Ernst: Unser Programm richtet sich inhaltlich an alle Menschen, die zum einen in der Schwarzwaldregion wohnen und stellenweise gar nicht wissen, welche lohnenden Ziele sich direkt vor ihrer Haustüre verbergen. Ich selbst bin da ein gutes Beispiel: Erst nach fünf Jahren in Offenburg habe ich zum ersten Mal den Feldberg und seine Umgebung erkundet, weitere fünf Jahre hat es gebraucht, den Nordschwarzwald zu entdecken und erst kürzlich war im zum ersten Mal in der Goldstadt Pforzheim.

Zum anderen wollen wir mit unserem Programm Lust auf einen Urlaub im Schwarzwald machen, indem wir alle touristischen Bereiche und Möglichkeiten präsentieren, Menschen vorstellen, Geschichten erzählen, usw. …

Das größte Lob allerdings bekommen wir für unsere Musikauswahl. Keine enge Dauerrotation, sondern ein abwechslungsreiches Programm mit seltenen Wiederholungen und einer einmalig großen Datenbank, 100 Prozent beraterfrei und ungetestet.

RADIOSZENE: Welche redaktionellen Inhalte dürfen die Hörer bei Ihnen erwarten? 

Markus Knoll (Bild: ©Schwarzwaldradio)
Markus Knoll (Bild: ©Schwarzwaldradio)

Markus Knoll: Bei Schwarzwaldradio gibt es, neben den längsten Staus in der Schwarzwaldregion ausschließlich touristische Inhalte. Erlebnisberichte, Reportagen und Interviews über die komplette Bandbreite hinweg. Und bei Schwarzwaldradio hören Sie, von den ultrakurzen, stündlichen Weltnachrichten nur positive Inhalte. Wir sind der Meinung, dass sich der Radiohörer auch mal ein paar Stunden „heile Welt“ gönnen darf – so, als wäre er im Urlaub!

Kurz gesagt: wenn im Schwarzwald ein neuer Mountainbike-Trial eröffnet wird, berichten wir drüber – wenn sich ein Biker dort verletzt eben nicht. Die alte Medienweisheit „Wer die Toten hat, hat die Lebenden“ greift bei Schwarzwaldradio bewusst nicht.

RADIOSZENE: Welches Region decken Sie redaktionell ab? Den gesamten Schwarzwald?Markus Knoll: Schwarzwaldradio bildet die komplette Ferienregion Schwarzwald ab. Hierzu betreiben wir in Kooperation mit DIE NEUE WELLE aus Karlsruhe auch Außenredaktionen in Nagold und Calw.

Darüber hinaus finden aber auch programmliche Ausflüge ins benachbarte Elsass, in den Rhein-Neckar-Raum, nach Stuttgart oder auch an den Bodensee statt. Ganz so, wie es auch unsere Urlauber hier im Schwarzwald tun.

RADIOSZENE: Wie viele Mitarbeiter sind für SCHWARZWALDRADIO tätig?

Markus Knoll: Im Funkhaus Ortenau arbeiten derzeit knapp 50 vorwiegend in Vollzeit fest angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu noch ein gutes Dutzend Nebenjobber in unserem Promotionteam. Die Redaktion arbeitet beiden Programmen zu. In Summe hängen an Schwarzwaldradio National direkt etwa sechs Arbeitsplätze.

RADIOSZENE: Viele Menschen außerhalb der Region verbinden mit dem Schwarzwald zunächst ein etwas provinzielles Erholungsgebiet für die ältere Generation. Ein Vorurteil?

Markus Knoll: Genau hier liegt das Reh auf der Lichtung! Der Schwarzwald hat sich in den vergangenen Jahren sensationell entwickelt und kann mit ziemlich allen touristischen Attraktionen und Errungenschaften dienen. Klapprige Senioren, die mit Blümchenbadehaube ihre Sommerfrische verbringen und  die Vorzeigefamilie aus den Siebzigern, die mit groben Leberwurstbroten im Rucksack die Schwarzwaldhöhen erklimmt sind da mittlerweile eher die Ausnahme.

Der Schwarzwald ist eine internationale Marke geworden und steht für Qualität und Service im Urlaub, der seinesgleichen sucht. Vom Mountainbike-Trail oder die Zip-Line über Spaßbäder bis hin zum luxuriösen Wellness-Urlaub ist hier alles möglich – beste Küche, gute Luft und faszinierend abwechslungsreiche Landschaft inklusive.

RADIOSZENE: Beschreiben Sie das Musikkonzept von SCHWARZWALDRADIO!

Markus Knoll: Wir nennen uns zu Recht Deutschlands größte Jukebox. Wir haben vermutlich eine größere Rotation, als alle gängigen AC-Sender Deutschlands zusammen. Derzeit sind es rund 20.000 Titel von den Sechzigern bis rein in die Neunziger. Es finden sich Live-Aufnahmen genauso unter den Raritäten, wie Songs, die sonst in keinem Formatradio laufen, aber unglaubliche Meilensteile der Musikgeschichte sind. Hier testen uns die Hörer auch mit ihren Wünschen, die wir den ganzen Tag über immer wieder gerne erfüllen. Wer Schwarzwaldradio hört hat wirklich die Abwechslung, die viele andere Stationen versprechen, aber nicht halten.

Matthias Drescher (Bild: ©Schwarzwaldradio)
Matthias Drescher (Bild: ©Schwarzwaldradio)

RADIOSZENE: Für die Freunde musikredaktioneller Inhalte haben Sie zudem ein sehr umfangreiches Angebot parat. Wir wichtig sind diese Shows für Sie? 

Markus Knoll: Wir haben diese Shows aus purer Langeweile ins Programm genommen und damit die Homepage voller aussieht (lacht). Radio wird nur weiter das Lieblingsmedium der Deutschen bleiben, wenn es Inhalte präsentiert und Sendungen ausstrahlt, die sich eben nicht x-beliebig streamen lassen. Deshalb: Daumen rauf für unsere Sondersendungen!

RADIOSZENE: Mit Walter Fuchs konnten Sie einen bundesweit bekannten Country-Experten für den Sender gewinnen. Werden ihm weitere Radio Personalities folgen?  

Markus Knoll: Wenn sich alte Radiohasen in unser Programm verlieben, dann ist das ein Ritterschlag für uns. Walter ist ein Mann, der kein Radio mehr machen muss, sondern bei Schwarzwaldradio gutes Radio machen will.

Genau so ging es Radiolegende Rainer Nitschke. Er startet ab Mitte Mai mit einer eigenen Live-Radioshow bei Schwarzwaldradio. Wir freuen uns eine Tanne in den Wald! Der Titel seiner Show: „Rainer Schwarzwald – Nitschke am Samstag“.

RADIOSZENE: Über welche Kanäle vermarkten und bewerben Sie das Programm? Markus Knoll: Derzeit liegt ein großer Schwerpunkt auf nationalen Touristikmessen, wie der CMT in Stuttgart oder der ITB in Berlin. Hinzu kommen Anzeigen und Promotionaktionen.

Markus Knoll (BIld: ©Ulrich Marx)
Markus Knoll (BIld: ©Ulrich Marx)

RADIOSZENE: Gibt es bereits Hörerzahlen zum Programm?

Markus Knoll: Hier teilen wir das Schicksal mit allen anderen, national auf DAB+ ausgestrahlten Programmen. Bislang werden wir in der offiziellen MA Radio nicht abgebildet. Und vor Ende 2018 wird das auch nicht geschehen. Das ist in der Tat eine Achillesferse und eine große Herausforderung für unser Vertriebsteam. Andererseits hat das Privatradio in Deutschland vor rund 30 Jahren auch ohne Quote begonnen und sich dann prächtig entwickelt. Bis es offizielle Zahlen gibt, nehmen wir die Beteiligung an Verlosungsaktionen und die vielen Zuschriften über Mail, Whatsapp und Facebook als Gradmesser der Beliebtheit – und damit fahren wir recht gut.

RADIOSZENE: Seit dem letztem Jahr wird SCHARZWALDRADIO auch bundesweit über DAB+  verbreitet. Hat sich damit auch die Ausrichtung der Inhalte verändert?

Markus Knoll: Lediglich der Verkehrsservice und die Wetterdarstellung wurden überarbeitet und den nationalen Gegebenheiten angepasst. Bei der Musik und bei den redaktionellen Inhalten sind wir uns treu geblieben.

RADIOSZENE: Sind Special-Interest-Formate wie SCHWARZWALDRADIO die idealen Zugpferde um DAB+ in der Radiowelt dauerhaft als Erfolgsmodell zu verankern?

Markus Knoll: Hier kann ich ja nur mit „Ja“ antworten, ohne mich unglaubwürdig zu machen. Wir sind der Meinung, dass es nationale DAB+-Angebot Radiosender braucht, die nicht das ausstrahlen, was die Hörer auch bislang auf lokaler oder überregionaler Ebene reingedreht bekommen. Hier bietet Schwarzwaldradio sowohl mit seiner Musik, als auch mit seiner redaktionellen Ausrichtung eine erfrischende Abwechslung. So sehen das zumindest Hunderte von Hörern, die uns per Web oder App zu unserem gelungenen Programm gratuliert haben. Den Hörerzuwachs ist seit der bundesweiten Aufschaltung exponentiell angestiegen. Das zeigt uns zumindest die Entwicklung der Hörerbeteiligung.

DAB+ ist in Deutschland angekommen und hat meiner Ansicht nach die kritische Masse verlassen. Das erkennt man auch daran, dass die ablehnenden Stimmen zunehmend leiser werden und ehemalige DAB+-Verweigerer das Lager gewechselt haben. Aber das wurde schon oft genug durchgekaut. Da fehlt mir mittlerweile der Appetit. Ich schalte lieber mein Digitalradio ein und freue mich!