WorldDAB Forum in Wien: Die Visionen vom Digitalradio

Generalversammlung des WorldDAB Forum Wien. Im Bild v.l.n.r.: Helwin Lesch, Patrick Hannon, Graham Dixon, Wolfgang Struber
Generalversammlung des WorldDAB Forum Wien. Im Bild v.l.n.r.: Helwin Lesch, Patrick Hannon, Graham Dixon, Wolfgang Struber

World-DAB-logo-smallTreffen der internationalen Radiobranche in Wien: Die Generalversammlung des WorldDAB Forums, des internationalen Branchenverbands für digitalen Rundfunk. Mehr als 200 Teilnehmer – darunter politische Entscheidungsträger, Sendeanstalten und Vertreter der Industrie – diskutierten in Wien die wachsende Dynamik in der Einführung von DAB+ als Digitalfunkstandard in ganz Europa und darüber hinaus.

In den Monaten vor der weltweit ersten digitalen Umstellung in Norwegen hat sich DAB als zukünftiger Standard für Radio quer durch Europa und Australien etabliert. 56 Prozent der europäischen Bevölkerung können bereits DAB-Services empfangen.

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Patrick Hannon (Präsident WorldDAB-Forum)

„DAB gewinnt kontinuierlich an Stärke und wir haben heute sehr deutliche Bekenntnisse von den Regierungen auf Länderebene gehört“, erklärt Patrick Hannon, Präsident des WorldDAB-Forums. „Eine wachsende Anzahl an Stimmen fordert nun eine aktivere Unterstützung seitens der Europäischen Kommission. Insbesondere, dass Empfangsgeräte gleichzeitig FM- und DAB-fähig sein sollen. Von einem derartigen Schritt würden sowohl neue als auch bereits entwickelte Radio-Märkte gleichermaßen profitieren.“

Mit der Überschrift „Neue Inhalte – Neue Märkte“ fokussierte die Generalversammlung auf neue Hörermärkte und neue Geschäftsmodelle durch digitales Radio. Referenten berichteten unter anderem über Absolute Radio in Großbritannien, das seine Hörerschaft durch Digitalradio verdoppelt hat, über die neu gegründete niederländische Radiogruppe Newco sowie über die Wireless Group (kürzlich von News Corp erworben), die beide auf DAB+ als Herzstück ihrer digitalen Strategie setzen. Ebenso präsentierte sich die Radiostation Angel Radio in Großbritannien, der die Umstellung auf Digitalradio dank lokalem DAB-Multiplex gelang.

DAB+ in Österreich

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Wolfgang Struber (Obmann-Stellvertreter des Vereins Digitalradio Österreich)

Digitalradio in Österreich befindet sich derzeit im zweiten Pilotjahr, 15 Sender – darunter zwei neue Programme (z.B. Big City Live)– sind mit an Bord. Der Fokus im laufenden Jahr wird auf die Entwicklung und Erprobung von Daten-Zusatzdiensten sowie Verkehrsinformationen sowie Zivilschutz bzw. Katastrophenwarndienste (EWS) gelegt werden. „Der Blick über die Grenzen, den wir in diesen Tagen gewinnen konnten, zeigt deutlich, dass es kritische Erfolgsfaktoren für Digitalradio gibt: erstens neue und mehr Programmmöglichkeiten für Hörfunkbetreiber, mehr Fördergelder aus dem Digitialisierungsfonds und verbindliche Normen für Radiogeräte und Autoradios“, betont Wolfgang Struber, Obmann-Stellvertreter des Vereins Digitalradio Österreich. Er machte die Notwendigkeit für einen aktiven, politischen Gestaltungswillen, wie er in Deutschland, Norwegen oder der Schweiz vorgelebt wird, klar.

Konkret fordert der Verein Digitalradio Österreich für private Hörfunkbetreiber die Möglichkeit von mehr als zwei Programmen pro Veranstalter, für den öffentlich-rechtlichen Hörfunk – zusätzlich zu den bestehenden nationalen Programmen – maximal zwei weitere bundesweite, nicht regionalisierbare, werbefreie Programme. „Für die Zeit des Simulcasts ist zudem eine Erhöhung der Dotierung des Digitalisierungsfonds von derzeit 500.000 auf 1,2 Mio. Euro pro Jahr sinnvoll“, so Struber.

DAB+ in Norwegen

Line Langnes, Senior Legal Adviser und Projektmanager, Norwegian Media Authority, Norwegen: “Die Digitalisierung von Radio macht es Rundfunkunternehmen möglich, mehr Inhalte anzubieten. Wie aktuelle Umfragen zeigen, steigen Reichweite und Marktanteile von Digitalradio in Norwegen kontinuierlich. Unser Fokus liegt nun darauf, gut über den Umstieg zu informieren und was dafür gemacht werden muss. Im Speziellen geht es uns um Autofahrer, die ihre Fahrzeuge umrüsten müssen.”   

DAB+ in Frankreich

Patrice Gélinet, Vorstandsmitglied des Hohen Rates für audiovisuelle Medien (CSA), Frankreich: „In den nächsten Monaten und Jahren werden zusätzliche Ausschreibungen folgen, das bedeutet, dass 2023 die gesamte französische Bevölkerung DAB empfangen kann. Der Erfolg von DAB bei unseren Nachbarn zeigt den Appetit der Industrie und der Hörer auf digitalen Hörfunk. Über die bekannten technologischen Vorteile hinaus beweisen die Vielfalt, die Vielseitigkeit und das Bekenntnis der Stakeholder im Radio-Ökosystems, dass DAB ein wesentlicher Bestandteil der Zukunft des Radios in Europa und somit auch in Frankreich ist.“

DAB+ in der Slowakei

Viliam Podhorský, Direktor der elektronischen Kommunikationsabteilung im Ministerium für Transport, Bauwesen und regionale Entwicklung (MDVRR  SR), Slowakei: „Der Umstieg von analogem zu digitalem Rundfunk repräsentiert einen maßgeblichen Technologiewandel, für dessen Erfolg die enge Zusammenarbeit mit anderen Ländern ausschlaggebend sein wird. Ein wesentlicher Bestandteil der Umsetzung in der Slowakei ist die Gestaltung rechtlicher Rahmenbedingungen, die Anreize für Rundfunkanbieter enthalten. Dabei soll sichergestellt werden, dass analoge und digitale Bedeckung gleich groß sind, Inhalte mit Mehrwert zur Verfügung gestellt werden und dass alle  Beteiligten an dem Prozess aktiv mitwirken.“

DAB+ in Europa

Graham Dixon, Head of Radio EBU (Bild: ebu.ch)
Graham Dixon, Head of Radio EBU (Bild: ebu.ch)

Graham Dixon, Head of Radio in der European Broadcasting Union (EBU), umreißt die europäische Linie: „Radio ist in ganz Europa ein unglaublich erfolgreiches Medium. Aber UKW ist wie ein Gefängnis, es verhindert die Entwicklung der Mediengattung Radio. Die Frequenzen sind belegt, es entstehen keine neue Ideen, keine neuen Programme. Die drei größten Vorteile von DAB+ hingegen ermöglichen eine marktfreundliche Umgebung: mehr Vielfalt, mehr Dienste, mehr Innovation. Gehen wir nicht vorwärts, gehen wir rückwärts. In einer neuen, komplexeren und schwierigeren Welt braucht die Gesellschaft einen absolut verlässlichen Rundfunk. DAB+ ist wie eine halbfertige Autobahnbaustelle. Nun ist es Zeit, die Straßen europaweit fertigzubauen.“

WorldDAB-Präsident Patrick Hannon schlägt in dieselbe Kerbe: „UKW ist voll. Wenn wir Innovationen möchten, müssen wir etwas Neues machen. Blickt man auf Europa, sehen wir die Digitalradio-Welle in Bewegung, wenn auch langsam und zu fragmentiert. Mit dem Start von DAB+ in Deutschland 2011 hat die Entwicklung allerdings Fahrt aufgenommen. Notwendig ist die Zusammenarbeit von öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunksender. Dann profitieren Hörer von mehr Vielfalt und mehr Innovation: In entwickelten DAB-Ländern gibt es bereits fünf Mal mehr Programme als zuvor.“

Und eins ist für alle Beteiligten klar: „Die Zukunft des Radios ist digital! Aufgrund der vielen Vorteile, die durch DAB entstehen, ist der digitale Switch-over nur eine Frage der Zeit. Die Simulcast-Phase muss so kurz wie möglich und so lange wie notwendig sein“, betont Heike Raab, Staatssekretärin für Bundes- und Europaangelegenheiten (Bereiche Medien und Digitales Rheinland-Pfalz).

Andreas Geiss, Abteilungsleiter – Radio Spectrum-Politik, DG CONNECT, Europäische Kommission: „Wir sind an einer Modernisierung der Hörfunkübertragungsnetze interessiert und freuen uns, dass sich der Markt für DAB+, genauso wie für Internetradio, weiterentwickelt. Wir haben DAB bereits in unsere Standards aufgenommen, die alle Mitgliedsstaaten unterstützen sollten.  Ein Eingreifen auf EU-Ebene muss den Grundsatz der Subsidiarität berücksichtigen und einen Mehrwert schaffen. Egal, welche Handlung wir setzen, wir müssen sicherstellen, dass der Konsument bei Service und Preis wählen kann. Wir fordern Rundfunkanbieter, Autohersteller und Telekomindustrie auf, zusammenzuarbeiten.“ 

 

Über WorldDAB

Der weltweite Branchenverband WorldDAB hat das Ziel, DAB Digitalradio zu etablieren und zu fördern. Durch die Vernetzung von Vertretern der Radiobranche stellt WorldDAB Wissen und Expertise zur Verfügung, das Ländern hilft, Digitalradio erfolgreich einzuführen und umzusetzen. Unsere rund 1000 Experten aus mehr als 90 Mitgliedsorganisationen decken 27 Länder quer über den Globus ab, darunter öffentliche und private Rundfunkanstalten, Regulatoren, Netzwerkbetreiber, Geräte-und Chip-Hersteller sowie die Automobil-Industrie. Zusammen gestalten wir die Zukunft des Radios, bieten Beratung und maßgeschneiderte Lösungen für alle Aspekte des Übergangs von analogem zu digitalem Radio.

Weiterführende Informationen

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Quelle: Pressemitteilungen WorldDAB und Verein Digitalradio Österreich