egoFM: Musik für Entdecker

Logo von egoFM (Bild: Hendrik-Leuker)
Logo von egoFM (Bild: Hendrik-Leuker)

Seit dem 21.November 2008 ertönt ein neuer urbaner Sound in fünf bayerischen Metropolen: egoFM ging damals in München, Augsburg, Regensburg, Nürnberg/Fürth/Erlangen und Würzburg an den Start, nachdem man fünf UKW-Stützfrequenzen samt Satellitenfrequenz des (eingestellten) Volksmusiksenders Radio Melodie von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) zugesprochen bekam. Am 01.01.2016 kam die baden-württembergische Landeshauptstadt Stuttgart hinzu, als FluxFM seine dortige Frequenz räumte. Anbieter und Betreiber des Programms ist heute die Radio Next Generation GmbH & Co. KG. In diesem Namen kommt zum Ausdruck, dass man primär die Jugendlichen der zweiten Generation, nicht primär die ganz Jungen, mit egoFM ansprechen möchte. Fest angestellt sind derzeit 21 Mitarbeiter, davon 8 Moderatoren und Redakteure, wobei es vorkommt, dass eine Person beides macht. Ein Redakteur befindet sich am neuen Standort Stuttgart. Zum erweiterten Kreis gehören die Discjockeys (DJ) mit ihren Spezialsendungen, wie z.B. DJ Sepalot und das DJ-Duo Lexy & K. Paul.

Urban und musikinteressiert

Für den Fall, dass geeignete Frequenzen frei werden, schließt man bei egoFM eine Erweiterung der UKW-Frequenzliste nicht aus. Ein Programmsplitting ist jedoch lizenztechnisch ausgeschlossen. „Unsere Senderphilosophie ist urban. Wir wollen nicht so sehr mit lokalen Sendeinhalten punkten, sondern eine Gesamtheit urbaner Menschen ansprechen. Natürlich haben wir mitunter Themen z.B. aus München, Regensburg oder Stuttgart im Programm, aber eben nur dann, wenn es eine Relevanz für die Hörer insgesamt hat.“, gibt Linda Becker, Chefin vom Dienst, einen Einblick in das Konzept des Senders.

egoFM-Chefin vom Dienst Linda Becker (Bild: Hendrik Leuker)
egoFM-Chefin vom Dienst Linda Becker (Bild: Hendrik Leuker)

Auch in den Claims, ohne die es auch bei egoFM nicht geht,kommt das Urbane zum Ausdruck: Dieser heißt einmal seit Sendestart Endlich unter uns! , derzeit ergänzt um den Subclaim Radio für Musikentdecker. „Unser Claim kommt von den Anfängen des Senders und bedeutet in etwa: endlich unter denen sein, die Radio anders wollen, die eine Meinung wollen und vor allem neue Musik entdecken wollen, die sich nicht am Mainstream orientiert. Wir haben keine geschlossene Zielgruppe. Es sind meist urbane Menschen, die uns hören, die aufgeschlossen, neugierig und erlebnisorientiert sind. Und ganz wichtig, die sich überproportional für Musik interessieren.“, erläutert Becker. Man sei keinesfalls eine elitäre Community, sondern wolle eine Alternative zu lauten Morgenshows, engen Rotationen bei der Musikauswahl und auswendig gelernten Phrasen anderer Sender bieten. Nach Angaben des Senders ist die urbane Zielgruppe meistens zwischen 19 und 39 Jahre alt. 38 000 Hörer schalten in der Durchschnittsstunde (6–18 Uhr) ein.

Blick in das Studio von egoFM (Bild: Hendrik Leuker)
Blick in das Studio von egoFM (Bild: Hendrik Leuker)

Lolas Morgenröte, Nachwuchsbands und Online-Themen

Morgens ist im Radio Prime-Time. Da sind vor dem Gerät die meisten Hörer anzutreffen, die unter anderem auch die teuersten Werbespots hören. So ist es auch bei egoFM, wobei die Werbung angenehm dosiert ist. In „Lolas Morgenröte“ benannt nach Moderatorin Lola Aichner (6–10 Uhr) sind eindeutig Neuerscheinungen aus Pop, Elektro und Soul der Star; Nachrichten aus aller Welt und das Wetter in den 6 egoFM-Städten kommen morgens sowohl um viertel nach wie auch sonst und zusätzlich um viertel vor. Den unterschiedlichen Aufsteh- und Arbeitszeiten der Hörer wird dabei Rechnung getragen. „Allerdings muss man sagen, dass sich im Laufe des Tages kein starker Knick ergibt. Die Zahlen bleiben recht stark über den Tag verteilt. Unser Programm scheint für diejenigen, die es hören, tagesbegleitend zu sein.“, betont Becker. So schließt sich an die Morgensendung mit dem „Kickstart“ (10–12 Uhr) zwei Stunden voller Musikpower an. Um das richtige Programm zu machen, muss ein Sender eine Vorstellung von seinen Hörern haben: Mehrheitlich sind diese bei egoFM online-affin, urban und interessiert an neuer Musik und auch an neuen Bands. Dieses spiegelt sich auch im Programm wider.

In „egoFM-Netz“ (12–16 Uhr) geht es daher vorwiegend um Online-Themen. Montags wird es von Anna Häberle moderiert, an den restlichen Werktagen von Elise Hoffmann. Auch auf der Website liegt der Schwerpunkt auf Online-Themen, die oft mit Musik verzahnt werden. „Um 15.35 Uhr eines jeden Tages stellen wir immer den Free-Download des Tages vor. Dann erzählen die Moderatoren etwas über den jeweiligen Künstler, danach wird dessen Song gespielt und der Hörer hat die Möglichkeit ihn sich kostenlos im jeweiligen Artikel auf der Website von egoFM herunterzuladen.“, macht Becker auf eine kleine Zugabe im Programm aufmerksam. Um 16–20 Uhr übernimmt Max Klement für „egoFM Metropol“ und zeigt, das Bunte aus den egoFM-Städten auf inklusive Besuch von Bands im Studio; das Ganze unterlegt mit viel Musik für den Feierabend und der Hörer-Playlist (um 17.45 Uhr).

Moderator Max Klement im Studio von egoFM (Bild: Hendrik Leuker)
Moderator Max Klement im Studio von egoFM (Bild: Hendrik Leuker)

Ein weiteres Augenmerk des jungen Senders liegt auf der Förderung von Nachwuchsbands. Am Sonntag von 15–16 Uhr hat Moderatorin Maria Meinert in ihrer Sendung „Lokalhelden“ Nachwuchsbands aus Bayern und Baden-Württemberg zu Gast. „Es bewerben sich unwahrscheinlich viele Bands, die gerne mal vorbeikommen möchten. Und wenn es musikalisch passt, dann dürfen sie das auch. Wir hatten schon die Kytes da, und auch Claire und Cosby warten schon ganz zu Anfang bei uns und starten jetzt durch. So soll es sein!“, schildert Becker die gelegentliche Funktion von egoFM als Sprungbrett für eine musikalische Karriere.

Nachrichten kommen in den Stunden von 6 Uhr- 5 Uhr am nächsten Morgen immer zuverlässig um viertel nach, zwischen 6 und 9 Uhr morgens zusätzlich um viertel vor. Nicht von einer eigenen Nachrichtenredaktion, sondern als Zulieferung von den REGIOCAST Radioservices aus Kiel. Nachrichten um viertel nach auszustrahlen hat den Vorteil, dass man dann Musik spielt, während bei der Konkurrenz Nachrichten gesendet werden oder aber diejenigen Hörer anlockt, die vergaßen, die Nachrichten zur vollen Stunde zu hören. „Neben den Weltnachrichten gibt es aber keine Lokalnachrichten; lokale Nachrichten passen nicht in unser urbanes Programm.“, ist sich Becker sicher und schränkt ein: „Wenn natürlich etwas wirklich Extremes in einer der egoFM-Städte passiert, dann hört man es bei uns trotzdem, auf dafür situationsabhängig eingeplanten Sendeplätzen.“

Neue Musik-das Wasser, auf dem man fährt

Im Programm von egoFM hört man eine große Bandbreite verschiedener Musikstilrichtungen von Indie Pop, Indie Rock über Soul, Elektro, Hip Hop bis hin zur deutschsprachigen Musik. „Es handelt sich dabei jeweils um neue und alternative Musik.“, fasst Musikredakteur Julian Zeh (25) zusammen. Vorzugsweise sollten die Titel ganz neu sein; sind sie älter, sei es eine Abwägungssache diese (noch) zu spielen. „Ein fast sicheres Ausschlusskriterium ist ein Airplay bei anderen Sendern.“, bekräftigt Zeh. In der Musikredaktion komme es bei der Auswahl der Titel viel auf das Bauchgefühl an. Bevorzugt seien Titel mit einem gewissen Etwas, eine markante Stimme, ein markanter Aufbau oder Tempo- und Taktwechsel in einem Song, der ihn vom Mainstream abhebt.

egoFM-Musikredakteur Julian Zeh (Bild: Hendrik Leuker)
egoFM-Musikredakteur Julian Zeh (Bild: Hendrik Leuker)

Die Titel dürften keine sog. Pausnummern (lediglich abgekupfert) sein; vor allem bei deutschen Titeln müsse zudem der Text passen; er darf z.B. witzig, aber nicht lächerlich sein. Tocotronic-Texte z.B. sollten möglichst nicht zu intellektuell daher kommen. Insgesamt werden Titel mit Texten gesucht, die nicht zu langweilig seien, einen Touch hätten und dabei melodiös und groovig rüberkommen. Kurz sie müssten radiotauglich sein und den speziellen egoFM-Instinkt ansprechen. egoFM verfügt über eine weite Rotation von 2500 Titeln; 20 000 Titel befinden sich derzeit im Archiv. Typische Interpreten, die auf der egoFM-Playlist stehen und im Programm Musik-Lieblinge genannt werden, sind z.B. Arcade Fire, Radiohead, Alt-J, Metronomy und Sharon Jones.

egoFM-Autogrammkarten an der Wand (Bild: Hendrik Leuker)
egoFM-Autogrammkarten an der Wand (Bild: Hendrik Leuker)

Verbreitungswege und Ausblick

90% der Radionutzung erfolgt derzeit über UKW. Für egoFM heißt das, dass die derzeit sechs UKW-Frequenzen von enormer Wichtigkeit sind. „Ich persönlich mag den Charme des herkömmlichen Radios, das (gelegentliche) Knistern über UKW. Vielleicht habe ich in ein paar Jahren meine Perspektive darauf geändert, weil man natürlich reagieren muss, je nachdem wie sich die Nachfrage entwickelt. Aber das müssen wir abwarten.“, nimmt Becker hierzu Stellung. egoFM ist beim Digitalradio DAB+, das etwa 10% der deutschen Haushalte nutzen, bereits heute mit von der Partie; in den regionalen Bouquets in München, Augsburg, Ingolstadt und Nürnberg sowie landesweit in Baden-Württemberg ist egoFM vertreten.

Produktionsstudio von egoFM (Bild: Hendrik Leuker)
Produktionsstudio von egoFM (Bild: Hendrik Leuker)

Für das überwiegend jugendliche Hörerpublikum aus der Generation Smartphone hält egoFM ein breites Streaming-Angebot im Internet bereit: „Neben unserem regulären egoFM-Stream haben wir außerdem egoPURE (das ist das laufende Programm ohne Moderation) und seit September 2015 egoRIFF (Rock), egoFLASH (Elektro), egoSOUL (Soul) und YOURego (Playlist und Musikentdeckungen von Hörern und Künstlern, die im Programm vorkommen). Die Zugriffszahlen auf die Streams steigen konstant. Das bedeutet natürlich, dass Streaming ein Thema ist. Gerade für einen Sender wie egoFM, der eine urbane Hörerschaft anspricht, ist Streaming wichtig, denn natürlich ist es schön, zu sehen, dass wir auch Hörer in Frankfurt am Main, Hamburg, Wien, Stockholm oder sonst wo haben.“, nimmt Becker zu den Verbreitungswegen des Senders Stellung.

Mit einem UKW-Abschaltszenario mag man sich bei egoFM derzeit noch nicht anfreunden. Meistens reichen die UKW-Stützfrequenzen, die egoFM von Beginn an zugesprochen wurden, nur knapp über den Radius der jeweiligen egoFM-Städte. In München z.B. kommt die UKW-Frequenz 100,8 MHz vom Funkturm in der Nähe der Blutenburg. egoFM ist bis zu den Stadtgrenzen Münchens und oft etwas darüber hinaus zu hören, was auch von der Bebauung und dem Wetter abhängt.

Blick in den egoFM-Redaktionsraum (Bild: Hendrik Leuker)
Blick in den egoFM-Redaktionsraum (Bild: Hendrik Leuker)

Mein persönliches Fazit

Bei meinem Besuch bei egoFM in München sah ich ein engagiertes, junges Team bei der Erstellung eines Radioprogramms abseits der eingetretenen Mainstreampfade. Schön, dass auf der Radioskala auch heute noch Platz für Nischen, Ecken und Kanten ist. Andererseits hat der Hörer beim Einschalten die Erwartung, per Knopfdruck würde ihm gleich neue Musik vorgestellt. Man könnte fast schon wieder von einem Format sprechen, von der Erwartungsperspektive des Hörers her gesehen.

Kontakt & Frequenzen

egoFM
Leopoldstr.254
80807 MÜNCHEN
Tel: 089/ 360 550 0
Fax: 089/ 360 550–350
Mail: info@egoFM.de

UKW:

  • München/Blutenburgstraße 100,8 MHz (0,3 kW)
  • Augsburg/Hotelturm 94,8 MHz (0,1 kW)
  • Regensburg/Ziegetsberg 107,5 MHz (0,3 kW)
  • Nürnberg/Karolinenstraße 103,6 MHz (0,3 kW)
  • Würzburg/Frankenwarte 95,8 MHz (0,3 kW)
  • Stuttgart/Münster 97,2 MHz (0,3 kW)
  • Fürth/ nahe Sparkassen- Hauptgebäude 91,0 MHz (0,5 kW) (-30.09.16).

DAB+

  • München Kanal 11 C
  • Nürnberg Kanal 10 C
  • Ingolstadt Kanal 11 A
  • Augsburg Kanal 9 C
  • Baden- Württemberg Kanal 11 b (landesweit)

Satellit

  • Astra 1 H 19, 2 Grad Ost- FEC ¾- Downlinkfrequenz:12.460,50 MHz

Internet

  • www.egofm.de (Livestream/ Zusätzliche Streams: egoPURE- ohne Punkt und Komma: egoRIFF-Rock; egoFLASH-Elektro; egoSOUL; YOURego-Playlist/Musikentdeckungen).

Hendrik Leuker ist Redakteur der Rundfunkfachzeitschrift RADIO KURIER. Sein Bericht erscheint dort im Laufe des Jahres.

Weiterführende Informationen
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