Wasch mir den Pelz, aber mach ??? nicht nass

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Lokalfunk in Schleswig-Holstein und was  beim Entwurf der Landesregierung auffällt

Eigentlich wäre die überfällige Einführung des lokalen Hörfunks in Schleswig-Holstein rechtlich ziemlich einfach. Es würde ausreichen, aus dem Medienstaatsvertrag zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein im § 17, Absatz 1, Satz 2 den Passus „Versorgungsgebiet, das in Schleswig-Holstein im Rahmen der technischen Möglichkeiten mindestens landesweit sein soll“ zu streichen, um auch in Schleswig-Holstein wie seit Jahren bereits in Hamburg lokalen Hörfunk zuzulassen. Die Zulassung würde dann – ebenfalls wie in Hamburg – durch die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein erfolgen, die Zuweisung entsprechender UKW-Frequenzen durch die Bundesnetzagentur. Das stellt auch ein Rechtsgutachten des Direktors der Medienanstalt zum Thema „Lokaler Hörfunk in Schleswig-Holstein“ vom Juni 2013 eindeutig fest.

Dann könnte es schnell losgehen: In einem umfangreichen Gutachten hatte die Medienanstalt schon im vergangenen Jahr untersucht, ob, wie und wo lokaler Hörfunk in Schleswig-Holstein möglich und sinnvoll wäre. Das Ergebnis (wie auch ich in einer Studie für den lokalen Internet-Sender Radio RZ 1 und den holsteinischen Kreis Herzogtum Lauenburg herausgearbeitet habe: Nicht einfach, aber machbar. Nicht überall als kommerzielle Veranstaltung, aber dort, wo es heute als Wirtschaftsunternehmen nicht finanzierbar erscheint, zur Stärkung der lokalen Kommunikation als nichtkommerzielles Projekt ebenfalls sinnvoll. Zudem könnten die beiden für einen kommerziell finanzierten Sendebetrieb vorgesehenen Gebiete (die Insel Sylt und der Bereich Lauenburg) sehr gut als Pilotprojekte für die Tragfähigkeit weiterer kommerzieller lokaler Sender in Schleswig-Holstein betrachtet werden.

Aber warum einfach und transparent, wenn es auch kompliziert und nicht so recht durchschaubar geht? Der jetzt vorliegende Entwurf zur Änderung des Medienstaatsvertrags zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein wirft jedenfalls mehr Fragen auf, als dass er klare Antworten gibt.

Das beginnt damit, dass nicht etwa der oben zitierte Passus einfach gestrichen, sondern die generelle Vorschrift zur landesweiten Ausstrahlung lediglich durch einen weiteren Satz („§28 a bleibt unberührt“) teilweise eingeschränkt wird. Stattdessen wird eben dieser § 28 a unter der Überschrift „Lokaler Hörfunk in Schleswig-Holstein“ neu eingeführt. Dessen Regelungen sind – mit Ausnahmen – allerdings eigentlich nicht dazu angetan, die Entwicklung einer lebendigen Lokalfunk-Szene in Schleswig-Holstein zu ermöglichen.

Zwar wird der Medienanstalt die Möglichkeit eingeräumt, lokalen Hörfunk zuzulassen. Aber völlig unabhängig von künftigen Entwicklungen wird die Zahl der kommerziellen Lokalradio-Programme willkürlich auf 2 beschränkt und zudem die Zahl der möglichen Versorgungsgebiete auf 5, wobei kurioserweise die bevölkerungs- und damit wirtschaftsstärksten Gebiete gezielt ausgeklammert werden.

Das stellt auch der Medienrat, das Vertreter-Gremium der Medienanstalt, in einem Schreiben vom Juni 2014 an das Medienreferat der Kieler Staatskanzlei fest:

„Die Auswahl und der Zuschnitt der Versorgungsgebiete kann nicht nachvollzogen werden und erscheint willkürlich. Es wird nicht begründet, warum gerade diese Gebiete für lokalen UKW-Hörfunk zur Verfügung gestellt werden und geeignet sein sollen. Darüber hinaus ist auffällig, dass bevölkerungsstarke Gebiete in der Nähe zu Hamburg nicht vorgesehen sind, obwohl dort zuallererst Potential für lokalen Hörfunk bestünde. Ausserdem erschliesst sich nicht, warum gerade die bevölkerungsreichste Region in und um die Landeshauptstadt vom lokalen privaten Hörfunk ausgenommen werden soll“.

Nun bedarf es kaum besonderer detektivischer Anstrengungen, um zu erkennen, wem derartige Normierungen nützen könnten, schliesslich war Schleswig-Holstein ja schon bisher eher eine Art Naturschutzpark für angeblich gefährdete Medienunternehmen.

Das setzt sich bis in die Regelungen für den nicht-kommerziellen Hörfunk fort. Zwar wird in der Begründung des Staatsvertrags auf die Möglichkeit einer finanziellen Unterstützung der Verbreitungstechnik (im Klartext: eines Zuschusses für die Sender- und Leitungskosten) durch die Medienstiftung Hamburg/Schleswig-Holstein verwiesen. Aber zum einen handelt es sich hier um eine Kann-, nicht ein Muss-Bestimmung, zum anderen sind die in der Medienstiftung vorhandenen Gelder Ziel verschiedenster Begehrlichkeiten und zudem die Fördermöglichkeiten auf 3 Jahre begrenzt. Zudem wird den nicht-kommerziellen Programmen nicht nur konsequenterweise der Verkauf von Werbung untersagt, sondern auch das Sponsoring, das unter dem Rahmen des gleichen Staatsvertrags den nicht-kommerziellen Programmen in Hamburg erlaubt ist und sich dort offenkundig auch bewährt hat.

Fazit: Mit dem vorliegenden Entwurf für einen geänderten Medienstaatsvertrag zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein soll offenbar nicht wirklich die Tür für leistungsfähigen lokalen Hörfunk zwischen den Meeren eröffnet, sondern lediglich der in Teilen des Landes bestehende besonders starke Wunsch nach einem Radio vor Ort kanalisiert, möglichst befriedet und für die Zukunft ruhig gestellt werden. Getreu dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach ??? nicht nass!

 

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Ulrich Bunsmann, seit 25 Jahren Radio-Profi, schreibt regelmäßig für RADIOSZENE seine Gedanken zum Radio aus der deutschen Medienhauptstadt Hamburg.

E-Mail: bunsmann@radioszene.de