Abriss der Senderäume der ehemaligen Deutschen Welle Jülich droht

Wer im Glashaus sitzt, braucht Denkmalsschutz: Was im Wertachtal im Ostallgäu mit der Kurzwellensendestelle der Deutschen Welle vor einigen Jahren geschah (vgl. „Stille im Wertachtal”), hat Jülich bereits vor 12 Jahren erlebt: Alle Antennen wurden gesprengt, selbst eine Log-Per von Rohde & Schwarz, die Funkamateure sehr gerne samt dem Grund, auf dem sie stand, anmieten wollten. Heute grasen dort Schafe und freuen sich über den durch die weiterhin vergrabenen Radials sehr eisenhaltigen Boden. Nun ist das ehemalige Sendegebäude dran.

Sendehalle im "Glashaus" (Bild: ©Deutsche Welle)
Sendehalle im „Glashaus“ (Bild: ©Deutsche Welle)

537f8969bf5846e581e6d3093ce5a684Jülich kann auf eine beeindruckende historische Vergangenheit zurückblicken und ist zugleich ein herausragender Wissenschafts-und Technikstandort. Aus diesem Umstand ist der Stadtslogan „Historische Festungsstadt – Moderne Forschungsstadt“ abgeleitet. Während die „Historische Festungsstadt“ mit den Baudenkmälern Zitadelle, Reste der ehemaligen Stadtbefestigung, Grundriss der „Pasqualinischen Altstadt“ und Brückenkopf im Stadtbild äußerst präsent ist, gilt dies für den Wissenschaftsstandort weniger.

Lange Zeit bildete die Sendeanlage der Deutschen Welle auf der Merscher Höhe eine beeindruckende Landmarke, die deutlich werden ließ, dass Jülich auch in Wissenschaft und Technik eine führende Rolle über die Region hinaus spielte. Doch legt die Deutsche Welle schon lange keinen Wert mehr auf terrestrische Ausstrahlung ihres Programms, dafür auf möglichst zahlreiche Internet-Präsenzen. Internet ist „besser“, weil es in armen Regionen, Krisengebieten und totalitären Staaten abgeschaltet werden kann oder gar nicht erst zur Verfügung steht. Das erspart diplomatische Komplikationen.

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Mit der Abschaltung der Sendeanlage 2009 und dem Abriss der Antennentürme 2010 endete die Geschichte der Deutschen Welle in Jülich. Das Areal wird in den kommenden Jahren zum interkommunalen Gewerbegebiet Brainergy Park weiterentwickelt, der einen wichtigen Baustein im durch das Ende der Braunkohleverstromung notwendigen Strukturwandel der Region bildet (vgl. Stadt Jülich kauft 23 Hektar der alten Sendeanlage).

Von den ehemaligen Gebäulichkeiten der Sendeanlage sind noch wenige Reste vorhanden, die aber dennoch einen Einblick darin geben können, mit welchem technischen Aufwand und innovativen Know How hier über 50 Jahre ein Kurzwellensender betrieben wurde. Durch eine museale Aufbereitung könnte dieses wichtige technikgeschichtliche Erbe im Bewusstsein gehalten werden und zugleich ein Ankerpunkt geschaffen werden, mit dem Besucherinnen und Besucher über den Wissenschafts-und Technikstandort Jülich erstinformiert werden.

"Glashaus" der DW von außen (Bild: ©Jülicher Geschichtsverein 1923 e.V.)
„Glashaus“ der DW von außen (Bild: ©Jülicher Geschichtsverein 1923 e.V.)

Interessierte Bürgerinnen und Bürger, die teilweise eine berufliche Vergangenheit mit der Sendeanlage verbindet, haben sich in einem Arbeitskreis innerhalb des Jülicher Geschichtsvereins 1923 e.V. zusammengeschlossen. Sie setzen sich für eine zeitgemäße, interaktive Musealisierung der Geschichte der Sendeanlage vor Ort ein.

Dieser Tage wurde nun entgegen früheren Zusagen entschieden, dass zwar der Sender erhaltenswert sei, das Sendegebäude, das sogenannte „Glashaus,“ aber nicht. Abgesehen davon, dass auch dieses außergewöhnlich ist, gäbe es ohne das Gebäude jedoch auch keine Möglichkeit, den Sender zu erhalten und auszustellen.

Ansprechpartner:
Jülicher Geschichtsverein 1923 e.V.
Postfach 1708
52407 Jülich
Guido von Büren (Vorsitzender) 0152-28748515 vbueren at juelich.de
Martin Marquardt (Arbeitskreiskontakt) 02461-55294 g.m.marquardt at web.de