Aus die Maus: Technisat Kinderradio „Technifant“ nun ohne Radio

Das Technisat „Mausradio“ war nicht wirklich kindertauglich. Da sollte noch etwas Bessseres kommen. Was wegen Corona dauerte. Die Maus gebar nun nach einem Jahr einen Elefanten. Der kann tröten, aber nun gar kein Radio empfangen. Warum?

Technifant (Bild: ©Technisat)
Technifant (Bild: ©Technisat)

 

e1e933260be14623a527a4ad35a592f2Vor genau einem Jahr schrieb ich über das mit großem Trara gestartete Technisat Mausradio, das Radio zurück ins Kinderzimmer bringen sollte, doch abgesehen vom lustigen (und sicher ziemlich kostspieligen) Mausaufdruck ein normales Technisat Digitradio 1 war mit der Warnung, es Kindern zum Spielen zu überlassen.

Doch es sollte ja etwas Besseres folgen, so Technisat im Februar 2020:

Wie ein richtiges, kindgerechtes Radio aussehen sollte, darüber macht man sich bei Technisat dagegen ganz ohne den Westdeutschen Rundfunk und seine Maus schon länger Gedanken – der große Erfolg der Tonieboxen mit ihren noch über dem Preis von CDs liegenden Figuren zeigt hier den Weg. Es wird ein Radio sein, das auch Tonträger – welcher Art auch immer – abspielen kann und wirklich für die Benutzung durch Kinder entwickelt wurde.

In einigen Monaten soll das neue Gerät auf den Markt kommen – man darf gespannt sein. Und im Gegensatz zu Toniebox, Amazon-Kindertablet & Co. wird es Radio empfangen!

(„Ist da die Maus drin?“ – Radioszene vom 16.2.20)

Voraussagen sind jedoch schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. Corona kam, und die Welt hatte andere Probleme, Technisat fertigte andere Produkte. Aus den Monaten wurde nun ein ganzes Jahr, aus dem Mausradio ein Elefant.

Da ist ja gar keine Maus mehr drin!

Ja klar, die Maus des Kölner Senders tritt ja oft mit einem Elefanten auf. Der ist aber nicht zum Technifanten geworden – andernfalle wäre das Gerät vermutlich um einiges teurer: Der Westdeutsche Rundfunk als eigentlich nichtkommerzielle, öffentlich-rechtliche Rundfunkamstalt betreibt zum 50. Geburtstag der Sendung mit der Maus heftigstes Merchandising und wird sich mit Hilfe des Markenrechts vermutlich wieder ebenso wie vor 20 Jahren dem Zugriff auf jede Menge fremder Kreditkarten- und E-Mail-Konten verschaffen wollen. Der Technifant ist vielmehr eine eigene Kreation von Technisat.

Technifant (Bild: ©Technisat)
Technifant (Bild: ©Technisat)

Er ist nun tatsächlich ein Konkurrent zu den Tonieboxen, doch das Mausradio kann er nicht empfangen. Tatsächlich kann er gar kein Radio empfangen. Das angekündigte Ziel, an den Streamingdiensten von Amazon, Toggo und anderen vorbei wieder lineares Radio ins Kinderzimmer zu bringen, erreicht er nicht. Ist lineares Radio denn nichts mehr für Kinder?

Da ist ja auch gar kein Radio mehr drin?

Zugegeben, ein wirklich attraktives Kinder-Radioprogramm fehlt. Das Mausradio ist es nicht, weil es nur eine aufgeblasene Version eines Podcasts ist, Radio Teddy glänzte in der Vergangenheit nicht nur durch landesweite Ausstiege aus DAB+ zugunsten einer Lokal-UKW-Funkel – es ist auch ein unattraktives Dudelfunk- und Laber-Programm, das zudem eher auf Eltern als Kinder als Hörer setzt. Und Toggo Radio, die akustische Variante des Zeichentrick-Kanals von RTL, ist halt ein kommerzielles Programm mit dem Äquivalent der „Quengelware“ an der Kasse im Supermarkt im Werbeblock: Kinder, die das hören, sind wegen so getriggerter häufiger McD-Besuche vermutlich am Ende einige kg schwerer als ihre radiofreien Zeitgenossen.

Audio ist eher am Abend gefragt

Mögen Kinder vielleicht kein lineares Radio? Doch, so wie sie lineares Fernsehen durchaus mögen. Allerdings: „Video killed the radio star“ – gegenüber „Trickfilmzeit mit Adelheid“ oder einem Youtube-Video von Peppa Wutz können die ja auch am Tablet abrufbaren Kinderhörspiele heutzutage kaum mehr punkten. Auch die teuren Tonieboxen finden am Tag wenig Interesse. Erst zum Einschlafen hören Kinder darauf gene eine Gute-Nacht-Geschichte – doch dafür sind die Boxen dann trotz Gummibezug zu kantig und zu sperrig und die Tonies fallen im Dunkeln leicht herunter und verschwinden unterm Kopfkissen, was zu Geheule statt Einschlafen führt.

Technifant (Bild: ©Technisat)
Technifant (Bild: ©Technisat)

Toniebox: „Nicht ohne mein WLAN zuhause“

Auch auf Reisen sind die Tonieboxen keine Freude: Wer sie nicht zuhause vollständig und mit allen Tonies eingerichtet und registriert hat, bekommt statt Hörspielen ständig nur ein „Code Schildkröte: Ich habe keine Internetverbindung“ zu hören. Es ist nicht einmal mit einem geliehenen WLAN möglich, die störrischen Boxen zum Mitspielen zu bewegen, das geht nur am heimischen WLAN.

Minifant

Mit dem Technifanten hat Technisat deshalb nun versucht, die bessere Tonie-Box zu bauen. Das Grät ist klein, leicht und gut zu transportieren. Statt Tonies gibt es Hütchen, die Preise hierfür sind ziviler als bei den ziemlich teuren Tonies. Und es ist ein Nachtlicht eingebaut, was nicht nur bei einem heruntergefallenen Hütchen hilft, sondern auch beim Einschlafen – oder dem Gang zur Toilette. Zudem sind die Technifanten reisetauglich und bieten den Kindern ein Stück Zuhause, wenn sie einmal woanders übernachten. Wenn Corona nicht mehr unser Leben bestimmt, wird dies dann ja auch irgendwann wieder einmal der Fall sein.

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Dass das Radio dabei auf der Strecke geblieben ist, um das Gerät klein zu halten, ist schade. Andererseits hilft es vielleicht beim Einschlafen, wenn das Gerät nicht beliebige Inhalte abspielen kann, auch nicht kindgerechte Radiosendungen, sondern nur die vorgesehenen.

Das wirklich kindergerechte Radio, darauf warten wir allerdings weiter….


Wolf-Dieter RothÜber den Autor:
Wolf-Dieter Roth, Dipl.Ing. Nachrichtentechnik, ist Radiofan seit der Kindheit und war in den Datennetzen über Festnetz und (Amateur-) sowie Mobilfunk schon aktiv, als 1200 und 9600 Bit/s als „schnell“ galten und man gewohnt war, die eingehenden Daten live mitlesen zu können. Beruflich ist er in Elektronik, Internet- und Funktechnik, Fachjournalismus, PR und Marketing zu Hause.