Wie wichtig ist der Name einer lokalen Radiostation?

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Die größte kommerzielle Radio-Gruppe in Australien, Southern Cross Austereo, hat sich für Dezember etwas Mutiges vorgenommen: Sie will die Namen von 59 Radiostationen wechseln. Australiens Stationsnamen sind, dank der Briten, eine seltsame Mischung aus historischen Rufzeichen. Seit 1931 sendet ein „2GZ“ in New South Wales, seit 1935 wird „3BO“ in Victoria ausgestrahlt. Aber ab Mitte Dezember werden sie „TripleM“ genannt, wie weitere 29 Stationen ‚rauf und ‚runter in Australien.

Diesen TripleM-Stationen, die ein Rock- und Sport-Format senden, werden auch 41 „Hit“-Stationen mit Top-40-Format angeschlossen. „Hit 105“ verdrängte Brisbane „B105“ vor ein paar Jahren; nun wird’s Zeit, dass 34 Stationen ebenfalls die Marke „Hit“ verpasst bekommen. Es ist in erster Linie eine Namensänderung; Stationen behalten ihre lokalen Morgen-Shows und andere lokale Sendungen. Viele von ihnen haben sowieso Network-Programme übernommen, obwohl es für einige eine Änderung der Musikfarbe bedeuten kann.

Auf TripleM eingestelltes Digitalradio (Bild: ©James Cridland)
Auf TripleM eingestelltes Digitalradio (Bild © James Cridland)

In Großbritannien haben ebenfalls viele Radiostationen ihre historischen Namen verloren. Einst stolze Namen wie GWR FM, Mercia FM und Radio Trent sind verschwunden, um von regionalen oder nationalen Marken ersetzt zu werden. So können wir jetzt in ganz Großbritannien „Capital“ hören, auch aus Radio Trents altem Firmensitz in Nottingham. „Heart“ wird, vergleichbar, über 21 Radiostationen verbreitet – viele davon mit ihren eigenen morgendlichen und nachmittäglichen Drivetime Shows.

Diese Marken-Konsolidierung ermöglicht es Radiogesellschaften, nationale Werbung über all ihre Radiosender kohärent zu verkaufen. Es erleichtert Programmübernahmen von Networks und vereinfacht das Marketing.  Social Media-Kanäle respektieren selten individuelle Radio-Empfangsgebiete – und es ist schwierig, zwischen unterschiedlichen Namen und Logos zu jonglieren. Ein vereinheitlichter Internetauftritt ist ebenfalls von Vorteil.

Die britische Erfahrung ist, dass es dem Publikum nicht geschadet hat, obwohl die britischen Hörerzahlen-Ratings sogar abhängig von der Stationsnamen-Wiedererkennbarkeit sind. Die britische Radio-Industrie ist in gutem Wachstum; kommerzielles Radio beginnt die BBC-Dominanz zu drücken und sogar der Verkauf von Radiogeräten ist auf dem Vormarsch.

Es ist interessant, dass die Musikradio-Markenkonsolidierung in den USA größtenteils keinen Einzug gehalten hat: WPLJ, KIIS oder Z100 bleiben große lokale Marken, aber ohne nationalen Fußabdruck. Kanada könnte, wie in vielen Dingen, den USA hier den Weg weisen. Lokale historische Stationsnamen machten vor dreißig oder vierzig Jahren Sinn; aber wir sind inzwischen eine zunehmend mobile Gesellschaft – unwahrscheinlich, dass wir unser ganzes Leben lang in der gleichen Gegend vor Ort bleiben.

Markengebung ist nun national oder sogar international: Wieviele „komischen“ Facebook-Clips von Radiostationen haben Sie auf halbem Weg rund um den Globus gesehen? Während SCA Austereos Markenwechsel also Traditionalisten enttäuschen könnte, ist es wahrscheinlich das Richtige fürs Radio. Es sollte stärkere nationale Marken liefern und gleichermaßen helfen, bei Werbeeinnahmen besser gegenüber anderen Medien konkurrieren zu können. Und alles, was fürs Radio ist gut, klingt für mich gut.

 

james-cridlandDer „Radio-Futurologe“ James Cridland beschäftigt sich mit neuen Plattformen und Technologien und ihre Wirkung auf die weltweite Radiobranche. Er spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosender immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.cridland.net.