Halfpap: „Wir brauchen Spannung, keine Sprechroboter“

kress-Interview mit Stephan Halfpap, 44, Ex-Programmchef Antenne Thüringen

Stephan%20Halfpapkress: Was machen Sie im Moment?

Stephan Halfpap: In wenigen Minuten treffe ich einen Moderator von Antenne Kärnten zum Air-Check. Ich bin seit 1996 freier Radioberater, u.a. für Formatverbesserungen oder strategische Programmplanung.

kress: Was hat Sie denn nach Österreich verschlagen?

Halfpap: Ursprünglich sollte ich hier Programmchef eines Privatradios werden, nur hat der Sender damals die Lizenz nicht erhalten und ich bin beim ORF gelandet. Es lebt sich sehr gut in Österreich. Am Wochenende zuhause in Wien, ansonsten unterwegs, auch für deutsche Kunden wie den SWR oder das Funkhaus Nürnberg.

kress: Sehen Sie Unterschiede zwischen dem österreichischen und deutschen Radio?

Halfpap: Absolut. In Österreich braucht man für alles ein paar Worte mehr als in Deutschland, Moderationen sind ein wenig länger. Deutsche würden das österreichische Radio sicher als etwas langsamer, vielleicht auch als langweiliger empfinden. Das ist aber einfach ein Unterschied in der Mentalität.

kress: Ist ein hoher Wortanteil nicht Gift für die Reichweite?

Halfpap: Längere Moderation heißt nicht zwingend hoher Wortanteil und öde Beiträge. Auch kurze Texte können langweilig wirken, wenn sie nur einen Song abmoderieren und einen Slogan enthalten. Moderatoren brauchen Freiraum, Persönlichkeit und Authentizität. Wir brauchen Spannung, keine Sprechroboter.

kress: Wo bleibt das Radio in Zukunft? Große Zuwächse werden nicht erwartet.

Halfpap: Sie meinen, was Werbung angeht? Ich bin kein Vermarkter, nie gewesen. Aber als Programm-Macher würde ich sagen: Radio muss sich wieder mehr als Event verstehen, unabhängig vom Übertragungsweg. Es darf nicht zur reinen Musikabspielstation verkommen, dafür sind MP3-Player besser geeignet. Der Hörer muss spüren: Was dort läuft, passiert jetzt gerade im Moment – und ich bin per Radio live dran. Und das kann sich mit dem Internet gut ergänzen: Früher bebilderten die Radio-Websites nur die Köpfe der Sprecher, heute sind beide Medien schon viel enger verzahnt.

kress: Wie schmeckt einem Radio-Veteranen das Internet? Sie sind bei Facebook gesichtet worden…

Halfpap: Ich muss ja mithalten können und begreifen, was dort läuft. Ich nutze das halb privat, halb beruflich – gelegentlich findet sich ja doch ein bekanntes Gesicht aus der Szene.

Interview: Nico Kunkel
Erschienen im kressreport 23/2008 vom 14. November 2008.

Gefunden im kressreport vom 3. August 1995: Inge Seibel, Programmleiterin bei Radio Charivari in München, wechselt in die gleiche Position zu Antenne Thüringen. Dort folgt sie auf Stephan Halfpap, 31, der den Sender verlassen hat.

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