Von Inge Seibel
Ein Konferenzprogramm zu basteln, das Radioleute aus aller Welt zufrieden stellt, dürfte eine große Herausforderung sein. Mittlerweile kommen 1300 Teilnehmer aus über 55 Ländern. Die Gründe für die wachsende Begeisterung glauben die Organisatoren erkannt zu haben: Nirgendwo werden so freimütig erfolgreiche internationale Programmkonzepte ausgetauscht und so offen und intensiv über die Zukunft des Radios diskutiert wie bei den Radiodays Europe.
Bereits im Oktober 2013 trafen sich Vertreter der Partnerinstitutionen aus 16 Ländern in Brüssel, um Themenwünsche anzumelden. Was dann tatsächlich an den beiden Hauptkonferenztagen auf der Bühne der Radiodays Europe passiert, darüber entscheidet ein verhältnismäßig kleiner Programmbeirat, angeführt von Anders Held aus Schweden und Rolf Brandrud vom Norwegischen Rundfunk. Beide sind Mitbegründer und Projektmanager der Veranstaltung.
Frauenpower auf den #RDE14
Eine Frau ist für Deutschland im Programmbeirat: Susanne Baldauf, Kommunikationschefin der Radiozentrale. Die Gattungsinitiative Radiozentrale, eine gemeinsame Plattform der öffentlich-rechtlichen und privaten Sender, ist Hauptpartner für Deutschland und unterstützte die Radiodays Europe von Beginn an. Nicht zuletzt deshalb gelang es, die europäische Konferenz 2013 nach Berlin zu holen und noch ein attraktives i-Tüpfelchen draufzusetzen: „Als Gastgeber der Radiodays Europe in Berlin hatten wir uns ein Vorprogramm für den Vortag der Konferenz überlegt“, erklärt Susanne Baldauf, „Motto: Radioleute zeigen Radioleuten ihre Stadt. Ich freue mich sehr, dass diese Idee nun fester Programmbestandteil der europäischen Konferenz ist. Die Iren haben das Angebot noch einmal deutlich ausgebaut. Eine tolle Chance, um im Vorfeld der Konferenz neue Kontakte zu knüpfen oder beim gemeinsamen Erkunden der Gastgeberstadt bestehende zu vertiefen.“
Quer durch Europa für das beste Kongressprogramm
Die Mitarbeit im Programmbeirat empfindet sie als großes Privileg, hier sei man ganz nah dran am Puls des Radios, an den Innovationen und der Begeisterungsfähigkeit für das schnellste Medium der Welt. In der heißen Entscheidungsphase für die Konferenz in Dublin hat sich der Programmbeirat mehrmals innerhalb weniger Wochen in London, Berlin und Kopenhagen getroffen. Alle Vorschläge mussten gesichtet und bewertet werden. „Innovatives mit Potential auch für andere Sender und mehrfach Genanntes hatten natürlich Vorrang“, sagt Susanne Baldauf. Das Verhältnis von Referenten bzw. Speakern aus öffentlich-rechtlichen und privaten Stationen sollte ausgewogen sein und auch die Vielfalt der Länder muss sich auf den Podien wiederfinden.
Germany first! Wenn, Print, Radio und TV gemeinsam investigieren
„Der Fall Snowden war in aller Munde. Ganz klar, dass sich damit auch das Thema „investigativer Journalismus im Radio“ im Programmbeirat aufdrängte“, sagt Baldauf. Für Deutschland kam somit die Rechercheredaktion des NDR ins Spiel. Länger als ein Jahr arbeiteten die Reporter an der Aufdeckung geheimer US-Strukturen mitten in Deutschland. Das Rechercheprojekt „Geheimer Krieg“ hat der NDR gemeinsam mit der „Süddeutsche Zeitung“ realisiert. Mehr als 20 Journalisten von Fernsehen, Radio, Print und Online sind beteiligt. Auf der Website geheimerkrieg.de findet man die Ergebnisse auf einer interaktiven Karte, die zeigt, in welchen Regionen Deutschlands ausländische Agenten und Soldaten besonders aktiv sind.
„Eine solche Kooperationsform zwischen Radio, TV und Print war bislang in keinem der vertretenen Ländern bekannt“, sagt Baldauf, „also wollten alle davon hören. Jetzt sitzt Adrian Feuerbacher von NDR Info gemeinsam mit Paul Johnson vom Guardian bei den Radiodays Europe auf dem Panel Investigative Journalism: The Edward Snowden case and ‚The secret war‘ in Germany.
„Junge Wilde“ und „alte Hasen“
In diesem Jahr hat der Programmbeirat besonders darauf geachtet, auch jungen Nachwuchstalenten eine Bühne zu bieten. „Ihre Sicht auf die Zukunft, ihre frischen Ideen interessieren uns“, so Susanne Baldauf. Für Deutschland sind die Radiopreis-Träger 2013 Kristina Hartmann und Andreas Christl, „Die jungen Wilden“ von Antenne Bayern dabei. Gepaart mit der Kompetenz von großen Radiolegenden wie Tony Blackburn (BBC Radio 2, UK), der in diesem Jahr sein 50. Berufsjahr im Radio feiert, erwartet die Kommunikationschefin der Radiozentrale einen pulsierenden Konferenzmix.
Prominenz ehrt
Premierminister Enda Kenny wird am Nachmittag des ersten Konferenztages die Radiogäste aus aller Welt begrüßen. Auf ihn folgt gleich Kim Wilde, die im Radio viel gespielte Popikone aus den 80ern.
Persönlich ist Susanne Baldauf sehr gespannt auf die Macher von The Moth, das Storytelling Radio aus den USA. Catherine Burns und Sarah Austen Jenness erzählen, was gutes Storytelling im Radio ausmacht. Nicht versäumen, so ihr Rat, sollte man auch das Speed-Dating der guten Ideen in 45 Minuten – mittlerweile schon eine feste Rubrik der Radiodays.
Twitterpower
Wem das Programm trotz allem nicht gefallen sollte, der kann’s ja mal mit Twitter versuchen. Im letzten Jahr in Berlin kritisierte ein deutscher Teilnehmer in seinem Tweet bei der Eröffnungsrunde der europäischen Radiomanager sinngemäß: „Wenn nur ‚ältere Männer‘ die Radio-Zukunft bestimmen…“. Zufall oder nicht: In diesem Jahr werden ausschließlich Radio-Managerinnen die Eröffnungs-Keynote zum Motto der Radiodays: „Radio´s Connected Future“ halten.
„Der Tweet war nicht der Grund“, versichert lachend Susanne Baldauf, „aber ich mag diese Frauen-Power auf der Bühne und bin sehr gespannt – besonders auf das Debut der neuen BBC-Chefin Helen Boaden.“
Das ausführliche Programm der Radiodays Europe finden Sie hier.